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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Der Geldtransporter von der Landesbank sieht anders aus. Oder wollen
Sie das Fahrgeld sparen — und deshalb die Schau?“
    „Halt den Mund, du Kröte!“ fuhr er sie
an.
    Jetzt musterte er Alice, und das
dauerte zwei, drei Sekunden länger als bei den andern.
    Der Bus hielt.
    Gaby sah hinaus und bemerkte, daß sie
hinter der großen Scheune waren — an der sie seit Jahr und Tag ziemlich achtlos
vorbeifuhr auf ihrem Hin- und Rückweg zur Schule.
    Ein riesiger Möbelwagen parkte wenige
Meter entfernt und weiter hinten ein kleineres Fahrzeug.
    Zur Straße hin schloß sich der Nebel.
Plötzlich griff die Angst an Gabys Herz, und der Mut wurde klein. Was ging hier
vor? Wozu? Welchen Sinn machte es, einen Bus mit Schülern zu überfallen? Von
einer Sekunde zur andern drängte Schluchzen in Gabys Kehle. Eben noch forsch,
hätte sie jetzt nicht wiederholen können, was sie zu dem Maskierten gesagt
hatte.
    Der wandte sich nach vorn.
    „Fahrer! Nur die hintere Tür öffnen.
Klar? Nur die hintere! Hier steigen wir aus.“
    Daß es so und nicht anders lief, dafür
sorgte der Komplice. Mit seiner Pistole stand er immer noch neben Weidrich.
    Der Busfahrer drückte einen Knopf.
    Fauchend schob die Hydraulik die
hintere Falttür zusammen.
    Der Maskierte sprang hinaus.
    Gaby registrierte, daß er größer war
als sein Komplice.
    „Warum machen die das?“ Alice’ Stimme
klang schwach.
    „Ich versteh’s auch nicht“, flüsterte
Gaby zurück. „Unser Taschengeld kann der Grund nicht sein — und die Pausenbrote
auch nicht. Einfach irre! Vielleicht sind die beiden plemplem.“
    Der Größere machte zwei Schritte und
stand an der Hecktür des Möbelwagens.
    Nur eine Hand hantierte, dann öffneten
sich die Türflügel.
    Gaby konnte in den kahlen Laderaum
sehen. Stabile Wände offenbar, keine Fenster und nur eine kleine Luke zum
Führerhaus vorn.
    Der Maskierte klappte ein Metallbrett
herunter, es bildete eine Art Stufe.
    Er kam zur Bustür zurück.
    „Aussteigen! Aber immer nur einer! Und
langsam! Ihr steigt in den Möbelwagen. Klar? Wenn ihr gehorcht, passiert euch
nichts. Wer Zicken macht, hat sich die Folgen selbst zuzuschreiben. Also los!
Du!“
    Die Pistole wies auf Heidelinde.
    Die Zehnjährige preßte ihre Schultasche
an sich und stolperte hinaus.
    Der Maskierte paßte auf. Aber die
Kleine hätte gar nicht den Mut gehabt zu einem Fluchtversuch.
    Sie kletterte in den Möbelwagen,
drückte sich an die Wand.
    „Du!“
    Das galt Gaby. Es war sinnlos, sich zu
widersetzen.
    Sie stand auf. Ein seltsam buttriges
Gefühl beherrschte die Knie. Sie sah Alice an, die jetzt noch angstvoller
wirkte, und stieg die Stufen hinunter.
    „So langsam nun auch wieder nicht!“
sagte der Gangster. „Hopp, hopp!“
    „Ich bin doch kein Hase.“
    „Das würde ich nicht sagen. Bist sogar
ein niedlicher Hase.“
    „Wie charmant!“ Gaby funkelte die
Sehschlitze an. „Verbrecher!“
    „Rein mit dir, los!“
    Gaby erklomm die Metallstufe und
stellte sich neben Heidelinde.
    „Hab keine Angst! In spätestens einer
Stunde weiß mein Vater, was hier vorfällt — und holt uns raus.“
    Als nächste kam Alice. Dann ging es
Schlag auf Schlag. Der Möbelwagen füllte sich. Starre Gestalten, fassungslose
Gesichter. Niemand redete. Und der Maskierte mit seiner Pistole überwachte das
Umsteigen.
    Als letzter wurde Weidrich
herübergescheucht, angetrieben von dem zweiten Maskierten, denn der Bus war
jetzt leer.
    Doch kaum daß der Fahrer hier
einsteigen wollte, hielt der Große ihn zurück.
    „Du nicht, Freundchen. Dich brauchen
wir, damit du unsere Nachricht überbringst. Hoffentlich bist du nicht zu blöde.“
Dröhnend fielen die Türflügel zu, der Riegel wurde vorgelegt, es klirrte das
Schloß.
    Die Dunkelheit war vollkommen. Gaby
spürte Alice neben sich und faßte sie am Arm.
    „Alles in Ordnung? Ich meine: Es tut
mir ja leid, daß dein erster Schultag bei uns so anfängt. Andererseits ist es
aufregend, nicht wahr?“
    Einer der älteren Jungen lachte. „Das
war Gaby Glockner, wie? Heh, Gaby, dein Tim wartet jetzt vergebens. Aber
sicherlich ist er gleich hier und macht diese Finstermänner zur Schnecke.“
    „Jetzt hast du eine Lippe drauf,
Hans-Helmut“, erwiderte Gaby. „Im Bus habe ich das vermißt.“
    „Ich bin eben nicht wie dein Tim. Aber
vor zwei Pistolen hätte auch der sich nicht gemuckst.“
    Gaby horchte. Vorn am Führerhaus wurde
eine Tür geöffnet, Metall schepperte. Dann wurde die Luke daumenbreit geöffnet:
ein Streifen

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