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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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erkunden, wie das Wetter würde. Die Luft war beinahe mild, und kein Lüftchen regte sich. Der Himmel war klar und voller Sterne, doch sie hatten nicht den Glanz und die Pracht, die große Kälte verkündet. Es war ein wundervoller Abend, und obwohl er seinen Mantel nicht umgelegt hatte, sah er sich versucht, bis zum Rande des Anwesens zu laufen, wo ein Hain aus Büschen und Bäumen das Tor schützte. Er atmete tief die kühle Luft ein, die nach Holz duftete und nach der Nacht und der geheimnisvollen Süße von Erdreich und Blättern, die schlafen, ohne tot zu sein.
    Gerade wollte er sich umwenden und seinen Geist für die Nachtgebete sammeln, als die von Fackeln erhellte Dunkelheit dichter wurde und zwei Menschen aus den schattigen Ställen leise und geschwind zur Halle hinübergingen, wobei sie jedoch mehrmals abrupt innehielten. Sie redeten beim Gehen gerade etwas lauter als das verräterische Zischen eines Flüsterns, und ihr Gespräch verriet eine Schärfe und Dringlichkeit, die Cadfael wie angewurzelt stehenbleiben ließ, vom massigen Schatten der Bäume gedeckt. Inzwischen war ihm klar, daß sie zwischen ihm und seiner Nachtruhe standen, und als sie nahe genug heran waren, konnte er nicht anders als lauschen. Aber da der Mensch nun einmal ist, wie er ist, kann nicht beschworen werden, daß Cadfael nicht auch dann gelauscht hätte, wenn er hätte ausweichen können.
    »... mir nicht leid«, hauchte der eine verbittert und leise.
    »Und tust du mir nicht auch weh, indem du mir mit jedem Atemzug raubst, was mir von Rechts wegen zusteht? Und jetzt wirst du zu ihm reisen, sobald der englische Edelmann auf den Beinen ist...«
    »Habe ich denn eine Wahl«, protestierte der andere, »wenn der Prinz mich schickt? Und kannst du etwas daran ändern, daß er mein Ziehbruder ist? Warum läßt du ihn nicht in Ruhe?«
    »Weil es nicht gut ist, weil es sehr, sehr falsch ist! Vom Prinzen geschickt!« zischte das Mädchen böse. »Ha! Und dabei weißt du genau, daß du jeden umbringen würdest, der dir den Auftrag abnehmen wollte. Und ich muß hier herumsitzen!
    Während ihr wieder beisammen seid und du ihm den Arm um die Schultern legst und niemand an mich denkt!«
    Die beiden Schatten hoben sich vor dem gedämpften Schein des ersterbenden Feuers in der Halle schwarz im Türrahmen ab. Eliuds Stimme wurde verräterisch laut: »Um Gottes Liebe willen, Frau, schweig still und laß mich!«
    Er befreite sich grob von ihr und verschwand im vielfältigen Gemurmel und Getriebe der Halle. Cristina zupfte wütend ihre Röcke zurecht und folgte ihm langsam, um sich für die Nachtruhe zurückzuziehen.
    Und dies tat auch Cadfael, sobald er sicher war, daß er niemand mehr in Verlegenheit brachte. Bei diesem hintergründigen Geplänkel hatte es zwei Verlierer gegeben.
    Und wenn es einen Gewinner gab, dann schlief er in kindlicher Selbstvergessenheit, wie es seine Gewohnheit zu sein schien, in einer steinernen Zelle, die kein Gefängnis war, in der Burg von Shrewsbury. Er würde immer auf die Füße fallen. Und es gab zwei, die wahrscheinlich immer wieder über ihre Füße stolperten, weil sie zu gespannt nach vorn blickten und zu wenig darauf achteten, wo sie auftraten.
    Dennoch betete er an diesem Abend nicht für sie.
    Vielmehr lag er lange wach und grübelte, wie ein so komplizierter Knoten entwirrt werden konnte.
    Am frühen Morgen stiegen er und der Rest seiner Begleitung auf die Pferde und ritten davon. Es überraschte ihn nicht, daß der ergebene Vetter und Ziehbruder ihn verabschiedete und ihm alle möglichen Botschaften an seinen gefangenen Freund auftrug, um ihn bis zu seiner Entlassung aufzuheitern. Es war nur recht, daß der Ältere und Klügere zur Rettung des Jüngeren und Dümmeren bereitstand. Aber läßt sich Dummheit auf diese Weise messen?
    »Ich war nicht sehr klug«, räumte Eliud reumütig ein, als er Cadfael zum Aufsteigen das Zaumzeug hielt und sich an die warme Flanke des Pferdes lehnte, als Cadfael im Sattel saß.
    »Ich habe zu sehr darauf gedrungen, daß er nicht mit Cadwaladr gehen solle. Ich fürchte, ich trieb ihn gerade dadurch zu ihm. Aber ich weiß, daß es verrückt war!«
    »Ihr solltet ihm seine Launen gewähren«, sagte Cadfael tröstend. »Nun muß er's ertragen und weiß genausogut wie Ihr, was für eine Dummheit es war. Er wird in Zukunft nicht mehr so heißblütig sein. Und außerdem«, fuhr er fort, während er das ernste, ovale Gesicht aufmerksam betrachtete, »bin ich sicher, daß er, sobald er

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