Lösegeld Für Einen Toten
Haar streifte über seine Schulter, als sie aufgeregt erzählte, was sie wußte.
»Ich weiß wohl, daß der englische Herr gestorben ist, bevor Einon ab Ithel sich auf den Rückweg machte, und man sagt, er sei nicht einfach an seinen Verletzungen gestorben und alle, deren Unschuld nicht erwiesen ist, müßten als Gefangene und Mordverdächtige dort bleiben, bis die Schuld eines Mannes bewiesen ist - ob Engländer oder Waliser, Laie oder Bruder.
Und wir hier müssen ebenfalls warten. Aber was wird getan, um sie freizubekommen? Wie wollt Ihr den Schuldigen finden? Ist das alles wahr? Ich weiß, daß Einon herkam und mit Owain Gwynedd sprach, und ich bin sicher, der Prinz wird seine Männer nicht zurückbeordern, solange ihre Unschuld nicht erwiesen ist. Er sagt, er hätte einen Toten zurückgeschickt, und mit einem Toten kann man keinen Lebenden freikaufen. Und weiterhin, daß das Lösegeld für Euren Toten ein Leben sein muß - das Leben seines Mörders. Glaubt Ihr denn, daß einer unserer Männer diese Schuld trägt?«
»Ich würde nicht behaupten, daß es irgendeinen Mann gibt, der nicht töten würde, wenn er einen gewaltigen, zwingenden Antrieb dazu verspürte«, sagte Cadfael aufrichtig.
»Und keine Frau«, erwiderte sie mit einem schweren, hilflosen Seufzer. »Aber bisher habt Ihr noch keinen Hauptverdächtigen? Gibt es keinen Fingerzeig?«
Nein, sie wußte es natürlich nicht. Einon war aufgebrochen, bevor Melicent ihre Liebe und ihren Haß hinausgeschrien hatte und Elis anklagte. Weitere Nachrichten hatten diese Gegend bisher nicht erreicht. Selbst wenn Hugh mit dem Prinzen über diese Angelegenheit gesprochen hatte, waren die Neuigkeiten noch nicht nach Tregeiriog gedrungen.
Aber wenn Owain zurückkehrte, würde dies gewiß geschehen.
Und am Ende würde sie hören, daß sich ihr Verlobter Hals über Kopf in eine andere Frau verliebt hatte, die ihn des Mordes an ihrem Vater beschuldigte, eines Mordes aus Liebe, welcher der Liebe ein Ende setzte. Und wo blieb nun Cristina? Vergessen wie ein gesunkener Stern? Aber immer verbunden mit einem Bräutigam, der sie nicht wollte und die Braut nicht bekommen konnte, die er wirklich liebte! Welch verwirrter Knoten, in dem alle diese vier unglücklichen Kinder verstrickt waren!
»Fingerzeige gab es in mehr als eine Richtung«, sagte Cadfael, »aber Beweise gegen den einen oder anderen Mann gibt es nicht. Bisher läuft niemand Gefahr, sein Leben zu verlieren, und alle sind gesund und werden gut behandelt, selbst wenn sie eingesperrt bleiben müssen. Man kann nichts weiter tun als zu warten und an die Gerechtigkeit zu glauben.«
»An die Gerechtigkeit zu glauben, ist nicht immer leicht«, gab sie scharf zurück. »Ihr sagt, sie sind wohlauf? Und Elis und Eliud sind zusammen?«
»Das sind sie. Diese Gunst wurde ihnen gewährt. Und innerhalb der Burgmauern dürfen sie sich frei bewegen. Sie haben ihr Wort gegeben, keinen Fluchtversuch zu machen, und ihr Wort wurde akzeptiert. Sie sind wohlauf, das könnt Ihr mir glauben.«
»Aber Ihr könnt mir keine Hoffnung geben, Ihr könnt mir keine Zeit nennen, wann er nach Hause kommen wird?« Sie sah Cadfael mit großen, ruhigen Augen an, und die Hände in ihrem Schoß waren so fest verschränkt, daß die Knöchel weiß hervortraten wie nackte Knochen. »Wenn er nur heimkehrt, lebendig und entlastet«, sagte sie.
»Das kann ich ebensowenig wissen wie Ihr«, mußte Cadfael traurig zugeben. »Aber ich will tun, was ich kann, um die Zeit zu verkürzen. Ich weiß, wie schwer Euch das Warten fällt.« Aber wieviel schwerer wäre die Rückkehr, wenn Elis entlastet käme, nur um eine Suche nach Melicent Prestcote wieder aufzunehmen und sich aus seiner walisischen Verlobung zu lösen. Es wäre besser, wenn sie jetzt schon eine Warnung bekäme, bevor der Schlag sie traf. Cadfael grübelte, was er am besten für sie tun könne, während er nur mit halbem Ohr auf ihre Worte hörte.
»Wenigstens habe ich meine Seele geläutert«, sagte sie ebenso zu sich selbst wie zu ihm. »Ich habe immer gewußt, wie sehr er mich liebt, wenn er nur nicht seinen Vetter genauso oder noch mehr lieben würde. Ziehbrüder sind eben so - Ihr seid Waliser, Ihr wißt das. Aber da er sich nicht überwinden konnte, abzuändern, was so schlecht begann, habe ich es jetzt für ihn getan. Ich war des Schweigens müde. Warum sollten wir ohne einen Laut verbluten? Ich habe getan, was getan werden mußte, ich habe mit meinem und mit seinem Vater gesprochen.
Wißt
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