Lösegeld Für Einen Toten
Schlimmerem kommen, wird Herbard einen Boten schicken. Aber wenn diese Grenze hält und Chester sich überall, wo er es versucht, eine blutige Nase holt, wird auch Madog ap Meredith zur Besinnung kommen.«
Die Grenzbefestigung von Oswestry und die Stadt gehörten dem König, doch das Anwesen von Maesbury war Hughs Geburtsort, und es gab hier keinen Mann, der nicht zu ihm hielt und ihm vertraute. Cadfael spürte die Kraft von Hughs Namen und einer doppelt loyalen Garnison um sich herum - man war gleichermaßen Stephen und Hugh verpflichtet. Es war ein gutes Gefühl, um so mehr, als Owain Gwynedd jetzt den Schatten einer wohlwollenden Hand über eine Grenze legte, die eigentlich zu Powys gehörte. Nach dem Besuch des Abendgebets in der Burgkapelle schlief Cadfael gut und tief. Er stand früh wieder auf, aß und trank etwas und überquerte dann den großen Wall nach Wales.
Er hatte beinahe zehn Meilen bis nach Tregeiriog vor sich, und der Weg wand sich die ganze Zeit durch näherrückende Hügel, mit bewaldeten Abhängen auf einer oder beiden Seiten und gelegentlichen freien Ausblicken über die kahlen, grasbewachsenen Gipfel. Über allem hing ein verhangener, stiller und milder Himmel. Es war kein Gebirgsland, nicht die stahlblauen Felsen des Nordwestens, sondern ein Hügelland, das nur begrenzte Ausblicke bot, mit abschüssigen Stücken Wald und engen Tälern, die sich erst im letzten Augenblick öffneten, nur um einen abermals versperrten Blick zu erlauben. Er erwartete, daß sich in der Nähe von Tregeiriog Wachtposten aus den niedrigen Büschen erheben würden, die ihn anrufen, ihn erkennen und passieren lassen würden. Seine walisische Muttersprache war dann der sicherste Geleitschutz, der ihm einen großen Vorteil verschaffte.
Die Farben hatten gewechselt, seit er das letztemal den steilen Hügel nach Tregeiriog hinuntergewandert war. Rings um das aus braunem, warmem Holz erbaute Anwesen und das Dorf am Fluß waren die schwarzen Skelette der Bäume jetzt mit zartgrünen, winzigen Knospen besetzt, und auf den hohen, runden Hügeln dahinter war der Schnee verschwunden. Das gebleichte alte Gras aus dem letzten Jahr zeigte denselben zarten Ton wie die Bäume. Im braunen, verfaulten Farn entrollten sich die ersten neuen Wedel. Hier war der Frühling schon gekommen.
Die Männer am Tor von Tudurs Anwesen erkannten ihn und kamen sofort herbei, um ihn hereinzuführen und sein Pferd zu versorgen. Es war nicht Tudur selbst, sondern sein Verwalter, der den Gast begrüßte und ihm die Ehre des Hauses erwies. Tudur war beim Prinzen, aber zu dieser Stunde zweifellos schon auf dem Rückweg von Chirk. Im kleinen Tal des Nebenflusses hinter dem Anwesen stiegen von den Lagerfeuern seiner Grenztruppen blaue Rauchwolken in die unbewegte Luft. Am Abend würde die Halle wieder Owains Hof sein, wo sich die wichtigsten Führer der Grenzpatrouillen an seiner Tafel versammelten.
Cadfael wurde in eine kleine Kammer im Haus geführt und erhielt die zeremonielle Wasserschale, um sich den Reisestaub von den Füßen zu waschen. Diesmal bediente ihn eine Magd, doch als er in den Hof trat, sah er Cristina in einem Wirbel von Röcken und mit hochfliegendem Haar aus der Küche zu ihm eilen.
»Bruder Cadfael... Ihr seid es! Man hat mir erzählt«, sagte sie, als sie atemlos und begierig vor ihm stehenblieb, »daß ein Bruder aus Shrewsbury gekommen sei, und ich hoffte, Ihr wärt es. Ihr wißt viel..., Ihr könnt mir die Wahrheit sagen... über Elis und Eliud...«
»Was hat man Euch bereits erzählt?« fragte Cadfael.
»Kommt herein, damit wir ungestört sind, und ich werde Euch berichten, was ich weiß, denn mir ist klar, daß Ihr in großer Sorge sein müßt.« Und trotzdem, dachte er wehmütig, als sie sich umdrehte und ihm in die Halle vorausging, würde es sie kaum trösten, wenn er sein Wort einlöste und ihr alles sagte, was er wußte. Ihr Verlobter war nicht nur von ihr getrennt, bis seine Unschuld an dem Mord bewiesen war, sondern auch unglücklich in ein Mädchen verliebt, wie er noch nie in sie verliebt gewesen war. Was konnte man zu einer so enttäuschten Dame sagen? Es wäre ebenso niederträchtig, Cristina anzulügen, wie es grausam wäre, ihr die ungeschminkte Wahrheit aufzutischen. Er mußte seinen Weg irgendwo dazwischen suchen.
Sie zog ihn in eine Ecke der Halle, wo es um diese Stunde, da die meisten Männer ihrer Arbeit nachgingen, still und düster war. Sie setzten sich unter die verrußten Wandbehänge, und ihr schwarzes
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