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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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zu behalten. Und überhaupt überzeugte sie ein Blick auf Melicents gerötetes und empörtes Gesicht, daß zumindest dieses Mädchen nicht gehen würde, selbst wenn man es ihr befahl.
    »Ich habe keine Angst«, sagte Melicent verächtlich.
    »Um so dümmer«, erwiderte Schwester Magdalena einfach. »Es sei denn natürlich, Ihr lügt. Und wer von uns täte das nicht, wenn ihm seine Angst vorgehalten wird! Aber nachdem sich Generationen mit gutem Grund fürchteten, haben wir begonnen, über Verteidigungsanlagen nachzudenken.«
    Sie hatte bereits alle Vorkehrungen getroffen und stieg jetzt die Holztreppe in den kleinen Glockenturm hinauf. Von dort blickte sie über das offene Stück des Bachs zum steil ansteigenden Ufer dahinter, das dicht mit Büschen bewachsen war und weiter zu einem Abhang anstieg, auf dem einmal ein gepflegter junger Wald gestanden hatte, der jetzt aber verwildert war. Landbewohner, die die Tagesstunden gut ausnützen müssen, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, können nicht außerdem auch noch Tag und Nacht Wache halten. Sollten sie lieber heute kommen, wenn sie überhaupt kommen wollen, dachte Schwester Magdalena, denn nun sind wir aufs äußerste entschlossen und bereit und können nichts weiter tun; wenn wir zu lange warten müssen, werden wir nur achtlos.
    Ihr Blick wanderte vom gegenüberliegenden Ufer zum Bach selbst, zum tiefeingeschnittenen und felsigen Bachbett, das unter den Mauern breiter wurde und in der Furt ruhiger strömte. Und dort watete gerade John Miller vorsichtig ans Ufer.
    Hinter ihm wirbelte das Wasser auf, als ein anderer Mann, ein junger Bursche mit einer dichten Mähne schwarzer Locken, sich über den letzten Pfahl beugte und ihn mit kräftigen Armen und Schultern in den Grund hieb, tief unter das Ufer, wo er von Gräsern bedeckt war. Als er sich mit gerötetem Gesicht aufrichtete, erkannte sie ihn.
    Sie ging nachdenklich zur Kapelle hinunter. Melicent war gerade damit beschäftigt, die wenigen wertvollen Schmuckgegenstände des Altars und des Hauses in einem Kasten zu verstauen, der mit starken Klammern und Bändern an der Wand verankert war. Es sollte den Angreifern wenigstens so schwer wie möglich gemacht werden, diese bescheidene Kirche zu plündern.
    »Habt Ihr nicht hinausgesehen, um die Männer beim Arbeiten zu beobachten?« fragte Schwester Magdalena freundlich. »Wie es scheint, haben wir einen neuen Verbündeten gefunden. Der junge Waliser, den wir beide kennengelernt haben, arbeitet dort draußen mit John Miller. Er hat die Seiten gewechselt, und wie es aussieht, ist er lieber auf unserer als auf der Seite der Männer, mit denen er beim erstenmal kam.«
    Melicent fuhr herum und starrte sie mit weiten, traurigen Augen an. »Er?« fragte sie mit spröder, leiser Stimme. »Er war Gefangener im Schloß. Wie kann er hier sein?«
    »Anscheinend hat er den Kopf aus der Schlinge gezogen.
    Und wie seine Stiefel und Hosen aussehen, ist er auf dem Weg hierher durch einige Schlammlöcher gewatet«, entgegnete Schwester Magdalena sanftmütig. »Nach seinem schmutzigen Gesicht zu schließen, ist er auch mindestens in eines hineingefallen.«
    »Aber warum ist er hergekommen? Wenn er geflohen ist... was tut er hier?« fragte Melicent gespannt.
    »Wie es aussieht, bereitet er sich darauf vor, gegen seine eigenen Landsleute zu kämpfen. Und da ich bezweifle, daß er sich an mich mit genug Wärme erinnert, um aus dem Gefängnis auszubrechen und für mich zu kämpfen«, erwiderte Schwester Magdalena mit einem kleinen, wehmütigen Lächeln, »gehe ich davon aus, daß es ihm um Eure Sicherheit geht. Aber Ihr könnt ihn selbst fragen, wenn Ihr Euch über den Zaun lehnt.«
    »Nein!« rief Melicent, wich abrupt zurück und ließ den Deckel der Kiste mit einem Knall zufallen. »Ich habe ihm nichts zu sagen.« Und sie verschränkte die Arme und umklammerte sich selbst, als wäre es kalt und als könnte ein verräterischer Teil von ihr ausbrechen und sich eilig in den Garten stehlen.
    »Nun, wenn Ihr mir die Erlaubnis geben wollt«, sagte Schwester Magdalena heiter, »ich habe ihm etwas zu sagen.«
    Sie ging hinaus, zwischen frisch umgegrabenen Beeten und der ersten Salataussaat im umfriedeten Garten hindurch, um auf den Steinblock zu klettern, auf dem sie hoch genug stand, um über den Zaun zu blicken. Und plötzlich hatte sie Elis ap Cynan fast Nase an Nase vor sich, der sich begierig reckte, um hereinzublicken. Verschmutzt und erschöpft und verzweifelt ernst wie er war, kam

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