Lösegeld Für Einen Toten
Ställen blickte, »werdet Ihr ihn wiedersehen. Sagt ihm, daß ich jetzt eine erwachsene Frau bin oder es bald sein werde und mich dem versprechen kann, den ich will. Und ich werde mich niemand außer ihm geben.«
»Das will ich ihm sagen«, versprach Cadfael.
Auf dem Hof sammelten sich Männer und Pferde. Das Morgenlicht erhob sich klar und bleich über den Holzgebäuden, und das Grün des Waldes im Tal war mit den blassen Punkten frischer Blattknospen durchsetzt, die wie zartgrüne Schleier zwischen den dunklen Stämmen leuchteten. Ein leichter Wind wehte, gerade stark genug, um zu erfrischen, ohne zu stören.
Ein guter Tag für einen Ritt.
»Welches Pferd ist das Eure?« fragte sie.
Cadfael führte das Pferd heraus, damit sie es sah, und gab es an einen Burschen ab, der sofort herbeikam, um es aufzusatteln.
»Und wem gehört dieses große, grobknochige graue Vieh? Das habe ich noch nie hier gesehen. Der sollte schnell sein, selbst unter einem Gepanzerten.«
»Das ist Hugh Beringars Lieblingspferd«, sagte Cadfael, als er den Apfelschimmel freudig erkannte. »Und für alle anderen Reiter ist er ein schlechtgelauntes Biest. Hugh hat ihn wohl in Oswestry ausruhen lassen, sonst würde er ihn jetzt nicht reiten.«
»Wie ich sehe, wird auch für Einon ab Ithel gesattelt«, sagte sie. »Ich glaube, er will nach Chirk zurückreiten, um Beringars Nordgrenze zu bewachen, während dieser woanders zu tun hat.«
Ein Bursche war an ihnen vorbeigegangen; er trug Geschirr auf dem einen und eine Satteldecke auf dem anderen Arm und legte sie über ein Geländer, um dann zurückzugehen und das Pferd zu bringen, das beides tragen sollte. Es war ein sehr schönes Tier, ein großer Brauner, den Cadfael schon einmal im Klosterhof in Shrewsbury gesehen hatte. Er beobachtete erfreut seine lebhaften Bewegungen, als der Bursche die Satteldecke aufhob und über den breiten, glänzenden Rücken warf; ja, er war so von dem Pferd eingenommen, daß er kaum auf das Rüstzeug achtete. Am weichen Lederzügel hingen Fransen, das Stirnband war mit kleinen Goldknöpfen besetzt. In Einons Land gab es Gold, erinnerte er sich. Und die Satteldecke...
Er starrte und starrte sie reglos an und hielt einen Augenblick den Atem an. Ein dickes, weiches Tuch aus gefärbter Wolle, aus schwerem Garn zu einem komplizierten Blütenmuster gewebt, hellrote Rosen, deren Farbe schon etwas verblaßt war, und tiefblaue Iris. Durch die Blumen und rundherum liefen dicke Goldfäden. Das Tuch war nicht neu, es war schon häufig benutzt worden, und die Wolle war hier und dort zu dichten Knoten aufgerauht; einige Fäden waren ausgefranst, so daß kurze, feine Fädchen in der Luft zitterten.
Es war nicht einmal nötig, zum Vergleich die kleine Schachtel herauszuziehen, in welcher er die an dem Toten gefundenen Fäden aufbewahrte. Nun, da er diese Farben endlich sah, erkannte er sie ohne jeden Zweifel. Er betrachtete genau das Ding, das er suchte, und das hier viel zu gut bekannt, viel zu oft gesehen und zu wenig beachtet worden war, um irgend jemandes Erinnerung zu wecken.
Er erkannte außerdem augenblicklich und ohne Irrtum die Bedeutung dessen, was er sah.
Cristina hatte er von dem, was er nun wußte, kein Wort verraten, als sie zusammen zurückgingen. Warum auch?
Besser, er behielt alles für sich, bis er eine klare Richtung erkannte und wußte, was zu tun war. Zu niemand ein Wort, außer zu Owain Gwynedd, mit dem er gleich darauf sprach.
»Mein Herr«, sagte er zu ihm, »ich habe gehört, Ihr hättet gesagt, die einzige Sühne für den ermordeten Mann, für Gilbert Prestcote, sei das Leben des Mörders. Wurde mir dies wahrheitsgetreu berichtet? Muß es denn einen weiteren Toten geben? Das walisische Gesetz erlaubt es, einen Blutpreis zu bezahlen, um ausgedehntes Blutvergießen bei einer Blutfehde zu vermeiden. Ich glaube nicht, daß Ihr das normannische mit dem walischen Recht verwechselt.«
»Gilbert Prestcote lebte nicht nach dem walisischen Gesetz«, sagte Owain, der ihn scharf musterte. »Und ich kann ihn nicht mehr bitten, nach diesem Gesetz zu sterben. Von welchem Wert wäre auch eine Bezahlung in Form von Gütern oder Vieh für seine Witwe und die Kinder?«
»Und doch glaube ich, die galanas kann auch in anderer Münze gezahlt werden«, sagte Cadfael. »Mit Buße, Kummer und Schande, was so hoch ist wie der höchste Preis, den ein Richter je festsetzen könnte. Was ist damit?«
»Ich bin kein Priester«, sagte Owain, »und niemandes Beichtvater. Buße
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