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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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seltsamer war der Augenblick absoluter Stille nach dem Schrei.
    Herbard hatte die Herausforderung nicht verstanden.
    Eliud aber desto besser. Denn es waren walisische Worte, und die Stimme gehörte Elis, der sich in einem von Verzweiflung geschärften Ton an seine Landsleute wandte: »Bleibt stehen und macht kehrt! Schande über Eure Väter, daß Ihr Euch die Zähne an frommen Frauen wetzen wollt! Geht zurück, dorthin, wo ihr hergekommen seid, und sucht Euch einen Gegner, der Euch zur Ehre gereicht!« Und noch überheblicher und anmaßender fuhr er fort: »Den ersten Mann, der den Fuß auf dieses Ufer setzt, werde ich mit dieser Pike aufspießen, denn ob Waliser oder nicht, er ist nicht mein Landsmann.«
    Und das rief er einer Kriegertruppe zu, die gut ausgerüstet war und nach Blut gierte!
    »Elis!« rief Eliud zornig und entsetzt und beugte sich über den Hals des Pferdes vor. Er gab ihm die Sporen und klatschte wild mit dem Zügel. Der Bogenschütze hinter ihm befahl ihm anzuhalten, er hörte und spürte das Vibrieren des Pfeilschaftes, der an seiner rechten Schulter vorbeifuhr und ein Stück Tuch wegriß, doch kümmerte er sich nicht darum, sondern stürmte wildentschlossen weiter, den steilen grünen Reitweg hinunter zum Bachufer hin.
    Sie waren durch die dichtere Deckung ein Stück stromab gekommen, um sich dem Hof und der Furt zu nähern, ohne entdeckt zu werden, und um den Verteidigern, die womöglich an der Mühle, wo Bogenschützen ein gutes Schußfeld hatten, aufgestellt worden waren, kein Ziel zu bieten. Die kleine Brücke war noch nicht repariert, aber da der Fluß nach dem Winterhochwasser so weit gefallen war, brauchten sie auch keine Brücke. Man konnte an zwei oder drei Stellen das Wasser von Stein zu Stein überspringen, aber die Angreifer bevorzugten die Furt, weil dort viele Männer gleichzeitig Schulter an Schulter den Fluß überqueren und einen Wald von Lanzen auf das andere Ufer bringen konnten. Die Bogenschützen der Waldleute lagen in Gräsern und Büschen am Ufer verteilt, aber eine solche Flut von Speeren mit genug Männern und Wucht dahinter konnte durchbrechen und binnen Sekunden an ihnen vorbei in den Hof stürmen.
    Sie täuschten sich, wenn sie glaubten, die Waldleute hätten ihren Aufmarsch nicht bemerkt, aber als die Angreifer sich leise einen Weg durch die Bäume suchten, um sich am Ufer für die Überquerung zu sammeln, war nichts von den Verteidigern zu sehen gewesen. Etwa zwanzig Bauern, Waldleute und Holzhacker von verschiedenen Anwesen aus dem Wald lagen gegen mehr als hundert Waliser in Deckung, und jeder der zwanzig spannte sich an und wußte nur allzu gut, welch großer Bedrohung er entgegensah. Sie wußten, wie man sich still verhielt, bis der richtige Augenblick gekommen war.
    Doch als die Angreifer in den Bäumen auf ein Signal hin sich plötzlich zusammenschlossen, um am Rande der Furt ins Freie zu stürzen, erhob sich auf der anderen Seite ein Mann aus dem Gebüsch und stellte sich auf die grasbewachsene Uferkante. Er schwenkte eine lange Pike mit zwei Spitzen, die an einer sechs Fuß langen Stange befestigt war, in Brusthöhe über die Furt.
    Das reichte aus, um sie vor schierer Überraschung einen Augenblick aufzuhalten, doch was sie mitten im Schritt wirklich innehalten und einen Schritt zurückweichen ließ, war die empörte Stimme, die sie auf Walisisch anbrüllte: »Bleibt stehen und macht kehrt! Schande über Eure Väter, daß Ihr Euch die Zähne an frommen Frauen wetzen wollt.«
    Und der Mann war noch nicht fertig, er verfügte über noch mehr Worte, die unablässig über seine beflügelte Zunge strömten - vielleicht hatte er nur Angst, eine Pause zu machen, oder sie kamen mit solcher Gewalt, daß er unfähig war, innezuhalten. »Feiglinge aus Powys, habt Ihr etwa Angst, nach Norden zu ziehen und Euch mit Männern anzulegen? Man wird in Gwynedd von diesem Eurem edlen Wagnis singen - wie Ihr über einen Bach gesprungen seid und Euch gegen Frauen als Helden erwiesen habt, die älter sind als Eure Mütter und unendlich viel ehrbarer. Selbst Eure Schlampen von Müttern werden Euch dafür enterben. Ihr und Eure Bastarde von Abkömmlingen sollt ewig geschmäht werden in den Liedern, die von Euren Schandtaten berichten werden...«
    Die Angreifer begannen erstaunt einander anzustoßen, sie runzelten finster die Stirn und grinsten verlegen. Immer noch hielten sich die in den Büschen versteckten Bogenschützen zurück und warteten aufmerksam, die Pfeile schon angelegt

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