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Löwe gut - alles gut

Löwe gut - alles gut

Titel: Löwe gut - alles gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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allerhöchste Zeit, Guckaus, daß du dir einen Fahrstuhl einbauen läßt!«
    »Wär ja noch schöner!« antwortete Onkel Guckaus. »Nein, Schluckauf, Treppensteigen hält dich jung und gesund!«
    »Lieber gemütlich als — huck! — jung!« meinte Schluckauf. Und dann trank er einen herzhaften Schluck aus Onkel Guckaus’ großer Flasche, und Onkel Guckaus trank selbst einen gehörigen Schluck.
    Draußen verdichtete sich die Dunkelheit. Onkel Guckaus kletterte auf die oberste Plattform des Turmes, wo sich die Glashaube mit dem Scheinwerfer befand. Er stellte ihn an, der Scheinwerfer drehte sich, und sein Strahl kreiste über das Meer, um die Schiffe davor zu bewahren, auf eine der vorgelagerten Sandbänke aufzulaufen.
    Ein ganz bestimmtes Segelschiff hätte eigentlich ruhig scheitern dürfen. Aber gerade dessen Besatzung war so höllisch geschickt! Und außerdem brannten ja alle Scheinwerfer, wenn es sich einem Leuchtturm näherte.
    Onkel Guckaus und Vater Schluckauf in der Leuchtturmstube fühlten sich so sicher, daß sie nicht einmal die Tür abschlossen. Und Zies Stall natürlich auch nicht.
    Onkel Guckaus schmauchte seine Pfeife. Von Zeit zu Zeit tranken sie einen Schluck. Und von Zeit zu Zeit, mit sehr langen Pausen, sagte einer von ihnen auch etwas. Zum Beispiel: »Es ist wirklich nicht viel los auf unserer Insel!« Oder: »Ein bißchen mehr könnte ruhig passieren!« — »Es könnte wieder mal Besuch kommen!« — »Weißt du noch, wie die Kinder Kim und Pips hier waren...« — »Und wie wir das Lampionfest gefeiert haben...« — »Und wie am nächsten Morgen Doks Flugzeug in die Luft ging...« — »Explodierte!« — »Sag ich ja! Dunnerkiel — huck! Das waren noch Zeiten!« — »Das waren aufregende Zeiten.« — »Aber jetzt geht ein Tag wie der andere vorbei...«
    Hätten sie gewußt, welches Unheil sich gerade der Leuchtturminsel näherte, wer just in diesem Augenblick die feuerroten Segel einholte — sie hätten sich wohl jetzt schon die ruhigen Zeiten zurückgewünscht, die eben zu Ende gingen.
    Aber sie wußten ja nichts!
    Und die »Hölle« verringerte ihre Fahrt. Lautlos ging sie in der Nähe der Insel vor Anker. Der Leuchtturm erhellte in regelmäßigen Abständen die Mastspitzen.
    Der Rote, der Grüne und der Gelbe lehnten an der Reling. Ihre Einaugen funkelten!
    Vater Schluckauf und Onkel Guckaus gerieten immer mehr ins Schwärmen. Der Zauber der Erinnerung rötete ihre Wangen. Und der steife Korn aus der unerschöpflichen Flasche tat es nicht minder. Sie waren beide nicht mehr ganz fest auf den Beinen. Wozu auch, sie saßen jagut
    Und man kann so schön die Arme auf den Tisch lehnen und den Oberkörper darauf stützen. Die dicken Ärmel der Wollpullover sind fast wie Kissen.
    Aber dann geriet Schluckauf vor lauter Begeisterung ein Tropfen in die falsche Kehle. Er hustete und spuckte. O Himmel! Er war in Gefahr zu ersticken. Onkel Guckaus wuchtete sich empor, riß ihm die Arme über den Kopf und klopfte ihm mit kräftiger Pranke den Rücken, genau zwischen die Schulterblätter.
    So hörten sie nichts.
    Und so schauten sie auch alle beide nicht zur Tür.
    Ja, sie spürten nicht einmal etwas, so schnell ging alles!
    Plötzlich machte es bums!, so, wie wenn die Zimmerdecke herunterkommt. Es machte bums! auf Onkel Guckaus’ eisernen Schädel und krach! auf Vater Schluckaufs nicht weniger soliden Hinterkopf — ja, und schon lagen beide auf dem Fußboden wie zwei umgeschubste Mehlsäcke.
    Lange blieben sie im Zustand der Ohnmacht. Selbst wenn der Leuchtturm eingestürzt, die Insel untergegangen wäre — sie hätten nichts davon gemerkt.
    Auch später vermochten sie sich an nichts zu erinnern, nicht einmal, wie sie die Wendeltreppe hinuntergeschleift wurden, ganz ohne Fahrstuhl.
    Nur Zie wußte etwas mehr. Sie hatte nämlich während ihres gewöhnlichen Abendgemeckers leise Schritte gehört, die ihr fremd vorkamen.
    Aber kaum drehte sie den Ziegenbart zur aufknarrenden Tür, zog sich auch schon eine Schlinge über ihrem Maul zusammen. Da konnte sie nicht einmal mehr kauen, geschweige denn »Mäh!« sagen. Sie bemerkte noch riesengroße Stiefel, schwarze Schlapphüte — und dann war es auch schon pottschwarz um sie herum, denn über ihr gehörntes Haupt wurde blitzschnell ein Sack gezogen.
    Später zerrte man sie aus dem Stall. Sie stolperte, wehrte sich nach Kräften. Sie hörte schlurfende Schritte, spürte, wie aus dem Rasen des Hügels der Kies des Hafens wurde, dann ein Holzbrett, das

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