Löwe gut - alles gut
sahen aus, als ob schwarze Schattenfarbe an ihnen herabränne. Manchmal, wenn die Wellen das Schiff bewegten, schwankte auch die Lampe. Dann knarrte wohl auch ein Balken, sonst aber war alles totenstill.
In dieser Stille konnte man die beiden auf der Bank ruhig atmen hören. Wer sie so friedlich dort liegen sah, mit geröteten Wangen, das Gesicht hinter einem Netz wirr herabhängender Haare, der hätte ihnen nie und nimmer etwas Böses zugetraut.
Jetzt gerade hatte der Grüne Wache. Er hockte oben auf einem großen Lederkoffer, die mächtige Flinte über den Knien, die Arme aufgestützt, den Kopf mit dem viel zu großen schwarzen Schlapphut vornüberhängend — und schnarchte! Püh! — Püh!
Er hörte es zuerst! Schon stand er auf den Beinen und stürzte an die Reling. Die Luft erbebte. Ein Schiff? Ein fremdes Boot? Ein Schlachtkreuzer? Sie mußten auf alles gefaßt sein, zu jeder Minute. Blitzschnell lud der Grüne durch und feuerte einen Schuß in die Finsternis.
Danach brauchte er nicht mehr »Alarm! Alarm!!« zu rufen, denn Rot und Gelb polterten bereits die Treppe hinauf.
»Feind in Sicht!« brüllte der Grüne — ganz unsinnig, es war ja nichts in Sicht, und auch die Geräusche kamen nicht näher, sie entfernten sich im Gegenteil.
Wer war das? Wer wagte sich in ihre Nähe? Wer hatte sie aufgestöbert? Ja, hatte er — wer immer es auch war—, hatte er sie überhaupt entdeckt? Bei rechter Überlegung war das unwahrscheinlich. Denn dann hätte er sich doch bestimmt bemüht, kein Geräusch zu machen.
»Jedenfalls, Opa Sultan war es nicht!« bemerkte der Rote und spuckte zum Zeichen seiner Gleichgültigkeit über die Reling. »Soviel ich mich erinnere, fliegt er auf einem staubigen Fußabtreter geräuschlos herum.« Zur Bekräftigung spuckte er gleich noch einmal über Bord, und die anderen taten wie er.
»Immerhin, wenn wir auch mit jedem fertig werden...«, meinte der Gelbe.
»Was heißt, fertig werden? Wenn wir auch jeden aufs Kreuz legen, einen Kopf kürzer machen, in kleine Stücke zersäbeln!« fiel ihm der Grüne ins Wort.
»Schön und gut — eine Störung unserer Pläne bedeutet ein Fremder trotzdem!«
»Was schlägst du vor, Roter?«
»Wir sollten uns hier nicht zu lange aufhalten. Wir sind ja nicht zur Erholung da. Deshalb meine ich, daß wir hier abhauen, natürlich nicht, ohne zuvor einen fetten Fisch gefangen zu haben. Auf! In den Leuchtturm. Dort liegt ein Schiffsfahrplan. Wir wollen ihn studieren: Den nächstbesten großen Dampfer berauben wir!«
Sie donnerten über die Schiffsplanken, die Leiter hinab und voller Tatendrang zum Leuchtturm.
Die Gefangenen
Tief unten im Bauch des Schiffes, tief unten in der »Hölle« also, wo sie am finstersten war, stand Zie, mit einem Sack über dem Kopf und einer Schlinge um die Schnauze.
Mit Mühe gelang es ihr allmählich, die Schnur ein wenig zu lockern.
Als es nun über ihrem Kopf dumpf polterte und gleich darauf wieder still war, meckerte sie leise und bekümmert.
Neben ihr rührte sich etwas.
»Hol’s der... der... Deubel — huck«, schnaufte Vater Schluckauf, der langsam aus der Ohnmacht erwachte. »Hol‘s der — huck — Deubel! Was hast du dir da für einen Scherz ausgedacht, Guckaus, und warum — huck! — hast du das Licht ausgemacht? Hol’s der Deubel!«
Zie meckerte wieder und sagte gequetscht: »Der Teufel hat uns bereits geholt! Mähähähä! Kein Scherz von Guckaus, kein Licht aus! Der Teufel! Oh, immer habe ich gewußt, daß diese einsame kleine Insel unser Unheil sein wird!«
Auch der Nebel um Onkel Guckaus’ Stirn lichtete sich. Er wollte auf stehen, da spürte er die Fesseln. Er fluchte: »Donnerkiel! Träume ich? Sind wir gefangen? Wo sind wir?«
»Na, wenn uns der Teufel geholt hat, wie Zie sagt, dann sind wir wohl in einer Art von Hölle oder auf dem Weg dorthin — huck«, meinte Schluckauf.
Zie wußte es besser. »Nein, nein! Wir sind im Hafen, auf einem Schiff! Und bestimmt werden wir irgendwohin gebracht, wo wir — oh...«
»Soso!« brummte Guckaus. »Jedenfalls ist es zappenduster! Und jedenfalls kann ich mir keinen Vers darauf machen, warum man uns gefangen hat. Donner und Doria! Reichtümer sind doch bei uns nicht zu holen...«
»Stimmt! — Huck!«
»...und zuleide getan hab ich mein ganzes Leben lang noch nie irgend jemandem etwas. Aber wenn dies denn wirklich unsere letzte Stunde sein sollte, dann will ich dir mal sagen, Schluckauf, daß du immer mein bester Freund gewesen bist!«
»Oh —
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