Löwe gut - alles gut
wenn ich an den Opa-Sultan und seinen Tierpark denke, hoho! Kommen da auf’m fliegenden Teppich angesegelt und raten uns, doch lieber >brav< zu sein! Flahahaha! Die Teufel der Weltmeere und brav!«
Der Rote stimmte in sein Gelächter ein. Er zog ein langes Messer aus der Lederscheide und begann es an der Tischkante zu wetzen.
»Den Jahrmarktskünstler nehmen wir uns als nächsten vor! Soviel Frechheit muß bestraft werden! Was meinst du, Gelber?«
»Ganz deiner Meinung, Roter! Nehmen wir uns als nächsten vor, so ist es! Die sollen uns noch kennenlernen, alle! Höchste Zeit, daß mal gründlich aufgeräumt wird mit der Bande!«
Welche Bande er meinte, blieb ungesagt. Der Rote schien es zu wissen, denn er hieb mit dem Messer durch die Luft.
Begegnung auf Deck
Kaum hatte Ka den Sultanspalast verlassen, kaum spürte er die frische Luft unter seinen Flügeln, verging seine Sorge. Rasch schoß er über die viereckigen Häuser und die weißen Kuppeln der Stadt dahin, überquerte den Hafen und steuerte aufs offene Meer hinaus, nach Westen, in die Richtung, in die der Dampfer mit Lord Pampelmouse gefahren sein mußte.
Er flog mehrere Stunden über die zunächst graue Wasserfläche, die allmählich stahlblau wurde. Und je höher die Sonne stieg, desto blauer wurde das Meer. Das Wetter war gut, dennoch zeigten sich weiße Schaumkronen, und die Schiffe neigten sich langsam nach rechts und wieder nach links. Es waren zahlreiche Schiffe unterwegs, in jede Richtung, und es würde nicht leicht für ihn sein, den richtigen Ozeandampfer zu finden. Andererseits waren die Schiffe auch ein Glück für ihn, denn in ihren Aufbauten, auf ihren Fahnenstangen oder Geländern konnte er sich von Zeit zu Zeit ausruhen und Atem holen. Manchmal entdeckte ihn ein Matrose, und jedesmal ärgerte sich Ka, wenn gerufen wurde: »He, seht mal, ein Papagei! Ja, wie kommt denn der hierher?«
Dann schrie Ka wohl: »Ich bin ein Kakadu!« und machte, daß er weiterkam. Wußte er denn, ob der Schiffskoch nicht gerade »Papagei in Sahnesauce« auf die Speisekarte gesetzt hatte?
Es mochte um die Mittagsstunde sein, da sichtete er einen schneeweißen, schlanken Dampfer. Der sieht nach feinen Leuten aus! dachte er und steuerte das Oberdeck an. Ka hatte an diesem Tage offenbar Glück, denn es lag ein Herr im Liegestuhl, der eine Sonnenbrille trug und eine englische Zeitung las.
Ka ließ sich sogleich in vorsichtiger Entfernung auf der Rückenlehne eines unbenutzten Liegestuhles nieder, und nachdem er sich etwas erholt hatte, krächzte er: »Guten Tag!«
»Good morning!« antwortete der Herr im Liegestuhl, schaute aber nicht von seiner Zeitung auf.
»Ja — hm«, machte Ka, um die Unterhaltung zu beginnen: »Schönes Wetter heute! Nur etwas windig!«
Der Herr murmelte: »Ja, gewiß, nur etwas windig!«, senkte aber nun doch die Zeitung, um zu sehen, wer ihn da so hartnäckig in ein Gespräch verwickeln wollte.
»Ich bin ein Kakadu und heiße Ka!« plärrte Ka, um jede Möglichkeit, mit einem Papagei verwechselt zu werden, von vorneherein auszuschließen.
»Tatsächlich? Sehr erfreut!« murmelte der vornehme Herr. »Ich hätte schwören mögen, du seist ein Papagei! Und ich hätte es nie für möglich gehalten, von einem Papagei oder Kakadu angesprochen zu werden. Sehr erfreut, in der Tat! Mein Name ist Lord Pampelmouse!« Er sagte natürlich richtig Pämpelmaus. »Gehörst du dem Kapitän oder dem Schiffskoch?«
Als er das Wort »Schiffskoch« hörte, zuckte Ka heftig zusammen. Er blickte sich scheu um. Glücklicherweise war aber nirgends eine hohe weiße Mütze zu sehen. »O nein!« rief er empört. »Ich bin der Freund des Sultans von Sultanien, und der Polizeipräsident Löwe ist auch mein Freund, und... und... und...«
»Vor allem scheinst du mir ein Spaßvogel zu sein!« meinte Lord Pampelmouse. »Nun, es ist ja eine Eigenschaft aller kleinen Geschöpfe, mit ihren großen Freunden anzugeben. Als ich ein Schulbub war, drohte ich denen, die mich ärgerten, mit meinem großen Bruder. Haha, ich hatte gar keinen!«
Zu viele Märchen
Aus dem Schornstein stieg ein grauer Schleier auf, der sich lang über die See legte. Die Sonne strahlte. Und der Wind fuhr Ka unter das Gefieder und wirbelte es auf. Er war sehr ärgerlich, weil der Lord ihn nicht ernst nahm. Wie sollte er da seine Aufgabe erfolgreich durchführen? Er tappelte mit seinen Krallenfüßen auf dem Liegestuhl hin und her. Er krähte: »Es stimmt aber! Ich komme direkt aus dem Palast,
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