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Löwe gut - alles gut

Löwe gut - alles gut

Titel: Löwe gut - alles gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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kindergroße Kaulquappe und grinste von einem Ohr zum anderen.
    »Nun — fürchtet ihr euch gräßlich?« piepste es.
    »Nein!« sagten der Sultan, Löwe und Ka wie aus einem Munde.
    »Nein?« kreischte das Gespenst.
    »Nein!« bestätigte der Sultan. »Ich wundere mich selbst! Vorhin, als der Spuk hier begann, glaubte ich, mich zu fürchten. Aber als du erschienst, war es aus, aus und vorbei! — Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen!«
    »U — u — u — hu — hu — hu!« greinte das Gespenst. Und es stampfte wie ein trotziges Kind mit dem auf, was wahrscheinlich sein Fuß war. »Verdammt! Verdammt! Verdammt! Das ist doch wirklich gemein, niemand fürchtet sich vor mir. Hat euch denn meine Mama nicht gebeten, daß ihr euch bitte vor mir fürchten sollt?«
    »Ach doch!« brummte der Sultan verlegen. »Du bist das also — aber das haben wir leider nicht gewußt—, und die freundliche Dame im Wasser war also deine Frau Mutter? Das tut mir nun wirklich leid, ich hätte dir so gern den kleinen Gefallen getan! Wer bist du denn?«
    Das winzige Nebelwesen reckte sich, so gut es konnte.
    »Seht ihr nicht, daß auf meinem Haupt eine Krone prunkt?« Ja, da saß wirklich die Krone, die sie vorhin als rostigen Reif weggeworfen hatten.
    »Ich bin König Owigern, oder sagen wir lieber richtiger, ich war es. Ich war ein schlechter König. Ich wollte es immer allen recht machen — und konnte keinem etwas zuleide tun. Jedem erfüllte ich jeden Wunsch, nur weil ich nicht nein sagen konnte, selbst gegen meine Überzeugung — oje, oje!—, meine Mama war halt auch immer so lieb zu mir! Immer bekam ich Kuchen und Bonbons. Davon wurde ich ganz weich und schwabbelig, so wie ihr mich jetzt vor euch seht!«
    »Ah — bah!« machte Löwe unwillkürlich.
    »Ja — ja — ah — bah! Du hast ganz recht!« greinte König Owigern. »Ihr könnt euch vielleicht denken, daß dies nicht die richtige Art war, ein Königreich zu regieren. Schwuppdiwupp hatte ich es verloren, und deshalb kann ich nun in Ewigkeit keine Ruhe finden.«
    »Ist das denn schlimm?« fragte Ka.
    »Ob das schlimm ist? Wie fühlst du dich wohl, kleiner Vogel, wenn du müde bist und schlafen möchtest, aber nicht kannst! Für Gespenster gibt es keine Schlaftabletten!«
    »Scheußlich!«
    »Kann man dir denn nicht helfen?« fragte der Sultan. Es tat ihm mächtig leid, daß er vergessen hatte, sich zu fürchten.

    »Kommt mit in mein Schloß, ich werde es euch erklären!« Der Wabbelkönig schwebte voraus, den Felsen hinauf, zur Burgruine. Und es war nun ganz seltsam, zwar war es eine Ruine und doch wieder nicht, es mußte wohl an der Geisterstunde liegen, daß sie glaubten, ein festgefügtes Gebäude zu betreten, obwohl sie niemals vergaßen, in einem verfallenen Gemäuer zu sein. Vielleicht läßt es sich so erklären, wie wenn auf eine abgebröckelte Mauer eine Farbaufnahme des früheren glanzvollen Zustandes projiziert wird.
    So betrachtet, handelte es sich um eine prächtige Burg, mit feinen Tapeten an den Wänden, mit Gold- und Silberschmuck, mit reichgeschnitzten Möbeln, Ölgemälden, Kronleuchtern, Vorhängen aus wundervollen Stoffen — und was man sich sonst noch Kostbares vorstellen kann.
    Auf die gleiche Weise wurden die Gespensterchen, die aus den Felsspalten aufgestiegen waren, zu wirklichen Wesen, das heißt, ihre früheren bunten Gewänder und ihre Gesichter erschienen auf ihnen farbig und durchscheinend zugleich.
    »Nehmt Platz!« König Owigern deutete auf Holzsessel und Bänke, die aber genausogut Felsbrocken sein konnten.
    Der Sultan und Löwe ließen sich nieder. Ka behielt seinen Lieblingsplatz auf des Sultans Schulter bei. »Kann man Majestät also gar nicht helfen?« fragte der Sultan noch einmal, diesmal vermied er es aber aus Höflichkeit, »du« zu sagen. Der kleine Geisterkönig bemerkte es und lächelte. »Es ist schon schön, euch kennengelernt zu haben. Und vielleicht könnt ihr mir auch helfen. Vielleicht nicht direkt, aber auf einem Umweg. Es dürfte nämlich sehr schwer sein, jemanden zu finden, der sich ganz normal so vor mir fürchtet, wie man sich eben vor einem Ungetüm fürchtet.«
    »Vielleicht das Kamel?« überlegte Ka.
    »Das wäre zwar herrlich«, seufzte König Owigern, »aber wenn ich an die vielen schlechten Erfahrungen denke, die ich in den vergangenen Jahrhunderten schon gemacht habe, glaube ich, daß ich mir keine Hoffnung auf das Kamel machen sollte. Nein, mir kann nur etwas ganz Ungewöhnliches helfen: Ich muß

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