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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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treuer Männer aus, um mit Saladin zu verhandeln – Bischöfe, Kaufleute, Schreiber … und eine Handvoll Ritter, um die Gesandten zu beschützen. Er durfte das nicht offen tun, denn Papst Gregor und die anderen Fürsten schrien so laut nach einem Kreuzzug, dass man Henris Bemühungen um einen Frieden mit den Sarazenen als Verrat ausgelegt hätte.«
    »Der Anführer der Sarazenen, ein anständiger Mann …?«, wunderte sich Robert.
    »Habt Ihr mir all die Monate überhaupt nicht zugehört?«, entgegnete Brion scharf. »Warum, glaubt Ihr, konnte ich so viel vom Heiligen Land erzählen? Anders als die kleine Giftschlange, die der Bischof von York als Priester in Eurer Kirche eingesetzt hat, kenne ich die Sarazenen aus eigener Anschauung.«
    »Und Papa …«, begann Edith.
    »Lord Wilfrid war der Anführer dieser geheimen Gesandten. Die meisten waren Tempel- und Johanniterritter, weil es aufgefallen wäre, wenn zu viele normannische und angelsächsische Herren plötzlich ins Heilige Land aufgebrochen wären.«
    »Dann ist unser Vater …«
    »… auf einer Friedensmission ums Leben gekommen«, sagte Brion sanft. »Soweit wir wissen, hat er nicht einmal die Küste des Heiligen Landes erreicht. Sein Schiff ist gesunken. Viele Herren würden mir widersprechen, aber ich sage: Ihr könnt stolz auf ihn sein. Lord Wilfrid ist aufgebrochen, um viele Tausend Leben zu retten.« Brion O’Heney seufzte und schlug das Kreuzzeichen. »Mögen seine Seele und die Seelen seiner Mitstreiter in Gott ruhen.«
    »Und welche Rolle spielt Ihr in diesem Plan?«, fragte Edith nach einer Weile des Nachdenkens.
    Brion zögerte kurz, dann schob er den Ärmel seines Mönchshabits zurück. Auf seinem Unterarm war in blassroter Farbe ein quadratisches Kreuz mit Verdickungen an den Balkenenden eintätowiert.
    »Ihr seid ein Tempelritter!«, staunte Robert.
    »Deshalb könnt Ihr auch lesen und schreiben«, sagte Edith. »Normalerweise sind diese Künste einem Ritter verschlossen.«
    »So, wie du das sagst, klingt das geradezu wie ein Nachteil!«, beschwerte sich Robert.
    »Sehr richtig«, erklärte Brion. »Die Templer stehen dem Mönchstum näher als der Ritterschaft, deshalb war die Verkleidung auch kein Problem für mich. Ich gehörte zu den Männern, die ursprünglich mit Lord Wilfrid ins Heilige Land hätten aufbrechen sollen. Die anderen waren alle Franzosen und Deutsche, und weil wir dieselbe Sprache sprechen, freundeten Euer Vater und ich uns an. Kurz vor unserer Abreise bat er mich um einen großen Gefallen …«
    »Euch als Mönch verkleidet und mit der Ausrede, Vater habe Euch als Lehrer angestellt, auf Kyme einzuschleichen und …«
    »… auf Euch und Lord Robert achtzugeben.« Brion nickte. »Es tut mir leid, dass ich Euch manchen Kummer nicht ersparen konnte. Ich hab mich oft gefragt, ob sich Lord Wilfrid nicht einen Versager als Schutzengel für seine Kinder geholt hat.«
    Edith beugte sich zu Brion hinüber und berührte ihn leicht an der Schulter. »Er hat sich den Besten geholt«, sagte sie.
    Brion räusperte sich.
    »Ich werde Euch bis London begleiten. Zurück nach Kyme kann ich nicht mehr. Sire Guy wird eine Botschaft an Eure Mutter und Victor senden, dass ein irischer Mönch ihn um den Triumph Eurer Gefangennahme gebracht habe, und meine Arbeit dort ist sowieso getan. Legt Euer Schicksal in Richards Hände, mehr kann ich Euch nicht raten.«
    »Was wird jetzt aus Euch?«
    »Ich gehe nach Irland zu meinem Bruder. Dort wird mein Orden mich erreichen, wenn es eine neue Aufgabe für mich gibt.«
    »Diese Mission wird der Krieg sein!«, stieß Edith hervor.
    »Gewiss. An einem Kreuzzug geht nun kein Weg mehr vorbei, da Lord Wilfrid sein Ziel nicht erreicht hat. In Frankreich und Deutschland sammeln sich bereits die Heere. König Richard bleibt nichts anderes übrig, als mit den Wölfen zu heulen. Und ich muss den Anweisungen meines Ordens gehorchen.«
    »Ich hasse alle Könige dieser Welt!«, rief Edith. »Der eine hat uns den Vater genommen, der andere führt unser Volk in einen Krieg!« Sie verstummte. Zum ersten Mal seit Tagen dachte sie wieder an Bridas Prophezeiung: dass sie eines Tages König Richard den Tod bringen würde.

18
    L ondon war eine Enttäuschung. Zugegeben, die Ansammlung strohgedeckter Holzhütten an einer Themseschleife war durchaus beachtlich. Da und dort ragten auch größere Stadthäuser in die Höhe, und die schon seit Jahrzehnten bestehende Baustelle der St. Paul’s Cathedral war so groß wie das

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