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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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heraus.
    Johnny drehte sich schwerfällig um und machte ein paar Schritte auf Edith und Robert zu.
    Edith schrie.
    Die Reiter hatten Johnny erreicht. Er verschwand zwischen den Pferdeleibern, als hätte es ihn nie gegeben.
    Edith schrie erneut. Robert hatte die Augen weit aufgerissenen, das Schwert halb erhoben.
    Dann schwenkten die Reiter in zwei gegenläufigen Kreisbewegungen ab, die einander überschnitten. Sie brachten ihre Pferde in einem Manöver zum Stehen, das auf einem Turnierplatz frenetisch beklatscht worden wäre. In ihrer Mitte stand Johnny, den Kopf zwischen den Armen. Blinzelnd blickte er aus der Deckung hervor, ein zweites Mal unerwartet dem Tod entronnen. Die Sarazenen, die ihn umringt hatten, starrten von ihm zu Robert und Edith herüber. Dann trieb einer sein Pferd an und zog gleichzeitig ein Schwert mit einer gekrümmten Klinge. Er trabte auf Johnny zu.
    Edith schrie ein drittes Mal und hob ihr Stöckchen, um das Kamel anzutreiben, aber diesmal war Robert schneller. Sein Kamel stürmte auf die Soldaten los, er fuchtelte mit seinem Schwert herum und brüllte. Der sarazenische Soldat fuhr herum.
    »Ich schlag euch alle windelweich!«, brüllte Robert völlig unpassend. Das Schwert beschrieb blitzende Kreise über seinem Kopf. »Beim heiligen Andreas!«
    Die Pferde der Sarazenen bäumten sich auf. Der Soldat mit dem gezogenen Schwert klatschte es seinem Gaul auf die Hinterhand, dann steckte er die Waffe zurück in die am Sattel befestigte Scheide. Und noch während das Tier angaloppierte, beugte er sich vor, packte Johnny und warf ihn quer vor sich über den Pferderücken. Johnny zappelte wie ein Fisch. Dann galoppierten die Sarazenen nach allen Seiten davon, um sich vor Roberts torkelndem Kamel in Sicherheit zu bringen.
    »Lasst ihn los!«, brüllte Robert. »Ihr Feiglinge! Bleibt stehen und kämpft!«
    Die Sarazenen schienen mit ihren Pferden verwachsen zu sein. Sie jagten davon, im einen Moment noch bewegungslos, im nächsten schon im gestreckten Galopp über den steinigen Boden fliegend. Das Dröhnen der Pferdehufe vibrierte in Ediths Leib. Es kam nicht nur von vorne. Sie wandte sich um.
    Es war ein Anblick, den sie nie vergessen würde: Über den Rand des Wadis strömte eine Kavalkade aus Reitern, schimmerndem Eisen und leuchtenden Farben. Der Sand spritzte nach allen Seiten, als ritten die Männer durch Wasser, Helme und Panzerhemden funkelten in der Sonne. Die Pferde stemmten die Hufe ein, sprangen, rannten, schlitterten den steilen Hang herunter, wieherten, stampften und schüttelten sich. Es war wenigstens ein halbes Hundert. Eine Lawine aus Sand begleitete sie. Edith sah Waffenröcke mit aufgenähten Wappen: rot und silber, blau und gold. Die Reiter trugen schwere Kübelhelme mit Augenschlitzen, die sie in gesichtslose Ungeheuer verwandelten. Die Schabracken der Pferde flatterten, als hätten sie bunte Flügel in den Wappenfarben ihrer Herren. Edith sah, wie die christlichen Ritter auf die Sarazenen losgingen, um sie, Robert und Johnny zu retten. Natürlich hatten die Sarazenen vor den fremden Rittern Reißaus genommen, nicht vor Roberts Zorn.
    Die Ritter stürmten auf Edith zu. Der Anprall von Sand und der Schweißgeruch machten sie schwindelig. Der Boden schwankte. Robert hatte sein Kamel angehalten und gaffte mit offenem Mund. Die Ritter donnerten an Edith vorbei, keine zehn Kamellängen entfernt, und ließen im Nu auch Robert hinter sich. Die Ersten trieben ihre Pferde bereits den jenseitigen Abhang hoch. Die Pferde rutschten immer wieder im Sand aus, aber ihre Herren trieben sie unbarmherzig an. Kein Befehl, kein Jubelschrei war zu hören. Sie erreichten den Kamm des anderen Flussufers, kämpften sich hinauf und waren plötzlich, einem Spuk gleich, verschwunden. In der Flanke des letzten Pferdes steckte ein Pfeil, der wie wild wippte.
    Edith blinzelte. Sie war umgeben von einer Wolke aus Staub und Gestank und musste husten.
    Robert näherte sich, über und über mit Staub bedeckt, das nutzlose Schwert in der Hand. »Was war denn das?«, japste er.
    Edith fehlte die Kraft, mit den Schultern zu zucken. Sie deutete in die Richtung, in die die Sarazenen mit Johnny davongeprescht waren. »Oh Gott!«, sagte sie tonlos. »Wir haben Johnny verloren …«
    Robert ließ den Kopf hängen. Er schaute sein Schwert an, als wüsste er nicht, wie es in seine Hand gekommen war. Er schien selbst kaum glauben zu können, dass er gerade auf ein Dutzend feindlicher Soldaten losgegangen war, um Johnny

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