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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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blökten, die Beine der Tiere flogen in allen Richtungen durcheinander, der Sand stäubte aus ihrem Fell auf, wo die Stockhiebe sie trafen. Der Boden flog unter ihnen dahin, die steilen Wände des Flusstales rasten schwankend links und rechts vorbei. Ediths Reittier holte weiter auf und war jetzt mit Johnny gleichauf.
    »Yalla, yalla!« , schrie Johnny wieder und lachte zu Edith herüber.
    Das Tuch, das sich Edith um den Kopf gewickelt hatte, löste sich halb und flatterte hinter ihr her, zusammen mit ihrem langen Haar. Sie warf den Kopf in den Nacken. Die Galoppstöße ließen ihre Zähne aufeinanderschlagen, ihr Magen schlug Purzelbäume. Und dennoch war sie in diesem Moment seit Langem wieder einmal von Herzen glücklich. Sie hörte Robert von hinten aufholen und lachte laut.
    »Yalla!« , rief sie und trieb ihr Kamel an. »Yalla!«
    »Lasst mich vorbei!«, brüllte Robert.
    »Yalla!« , brüllte Johnny zurück.
    Johnnys Kamel gewann leichten Vorsprung. Edith lehnte sich nach vorn. Ihr eigenes Tier beschleunigte. Seite an Seite flogen die beiden Kamele nun dahin. Johnny grinste so breit, dass seine Zähne in der Sonne blitzten. Der Wind pfiff Edith um die Ohren.
    »Yalla!«
    »Lasst mich durch!«
    »Yalla, yalla!«
    Die Knechte vorne drehten sich zu ihnen um, dann lehnten sie sich über die Hälse ihrer Tiere. Die Stöckchen wirbelten. Und die Kamele preschten los, als hätte ihnen jemand in den Hintern getreten. Ihr Vorsprung vergrößerte sich augenblicklich.
    »Was soll das!«, keuchte Robert. »Die könnten uns doch wirklich gewinnen lassen, verdammt! Wir sind schließlich hier die Gäste!«
    Edith spürte schon jeden Knochen im Leib und ihr Atem ging stoßweise. Sie überlegte fieberhaft, wie sie den jungen Männern das Ende des Rennens signalisieren könnte. Sie drehte sich zu Robert um, der noch immer hinter ihr und Johnny war.
    Schlagartig wurde Edith klar, warum es die beiden Knechte plötzlich so eilig hatten. Und sie wusste, dass die Männer nicht anhalten würden, ganz egal auf welches Signal hin. In der sengenden Hitze wurde ihr eiskalt. Robert hatte Unrecht gehabt: Sie wurden verfolgt.
    Ein Dutzend Wüstenbewohner in langen Gewändern galoppierte hinter ihnen her und sie holten mit erschreckender Geschwindigkeit auf.

5
    P lötzlich tat ihr der Staub in den Augen weh, der Sand nahm ihr den Atem. Ihr Herz trommelte. Nun jagten sie nebeneinanderher, sie, Robert und Johnny. Die Knechte Joels waren uneinholbar voraus. Die Männer hatten sogar Ballast abgeworfen; Kleiderballen und zwei Truhen lagen auf dem Weg. Edith keuchte. Roberts und Johnnys Gesichter waren hochrot, ihre Lippen verbissen zusammengepresst. Feucht gewordener Sand klebte an ihren Wangen. Aus dem Wettrennen war mit einem Mal eine aussichtslose Flucht geworden.
    »Was sind das für Kerle?«, schrie Robert.
    »Sarazenen!«, brüllte Johnny zurück.
    Edith versuchte zu schlucken und hatte sofort Sand im Mund. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Hier in der Fremde war die Angst um ein Tausendfaches größer als in England. Hier wusste keine Menschenseele, dass es sie gab oder wer sie waren. Diese Landschaft, die fünftausend Jahre seit der Erschaffung der Welt spurlos verschluckt hatte, würde auch sie spurlos schlucken. Und wenn irgendwann einmal ein Reisender an ihren gebleichten Knochen vorüberkam, würde er schulterzuckend darum herum reiten und sich höchstens denken, dass hier wieder ein paar Narren die Gefahren dieser Welt unterschätzt hatten.
    Dann stolperte Johnnys Kamel über eines der abgeworfenen Gepäckstücke. Im einen Moment war er noch links von Edith, dann war er weg. Sie wandte sich im Sattel um und sah eine Staubwolke und darin die ausschlagenden Beine des Kamels. Dann kam das Tier stolpernd wieder zum Vorschein und rannte in eine andere Richtung davon. Bis die entsetzte Edith und Robert ihre Tiere zum Stehen gebracht hatten, hatte sich die Staubwolke schon gesetzt und enthüllte einen schwankenden Johnny, der sich am ganzen Körper abklopfte und es offenbar nicht fassen konnte, dass er unverletzt war. Die Sarazenen waren vielleicht noch zweihundert Schritt von ihm entfernt.
    »Lauf, Johnny!«, schrie Edith mit sich überschlagender Stimme.
    Doch Johnny hörte nichts. Das Trommeln der Pferdehufe dröhnte in der Luft. Er ließ die Arme sinken und starrte den Verfolgern entgegen.
    »Verdammt!«, stöhnte Robert und fummelte an seinem Gepäck herum. »Oh, verdammt!« Er bekam sein Schwert zu fassen und zerrte es

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