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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Neuankömmling wandte sich an den Schiffsmeister, und dieser übersetzte. Der Neuankömmling nickte. »Gutt. Ihr seid die Risstigen.«
    »Raffiniertes Vorgehen«, murmelte Johnny.
    »Damit erwischt er jeden, der Böses im Schilde führt«, sagte Robert.
    Der Neuankömmling warf den Jungen misstrauische Blicke zu. Beide lächelten ihn breit an und machten demonstrativ freundliche Gesten, aber dem Mann musste die Ironie entgangen sein. Robert unterdrückte ein Lachen.
    Bis zur Morgendämmerung folgten sie dem Fischerboot. Schließlich segelten sie in den Hafen eines kleinen Dorfes, das auf den ersten Blick so wirkte, als würden die Bewohner alle noch schlafen. Auf den zweiten Blick und im ersten Dämmerlicht konnten sie erkennen, dass die Siedlung halb zerstört und verlassen war. Der Krieg musste hier vorbeigekommen sein und hatte wie üblich nichts zurückgelassen, das den Überlebenden ermöglicht hätte, in ihrer Heimat zu bleiben.
    Eine einsame Dreiergruppe stand am Strand und schwenkte eine Fackel. Der Schiffsmeister ließ Robert, Edith und Johnny mit dem Beiboot an Land rudern.
    Zwei der drei Wartenden waren junge Männer mit weiten Gewändern und Tüchern um den Kopf, der dritte war ein ältlicher, nervöser kleiner Kerl, dessen Kleidung viel zu kostbar für einen nächtlichen Ausflug in ein verlassenes Dorf war.
    »Shalom«, sagte der kleine Mann hastig. »Iss bin David.«
    »Nein, seid Ihr nicht«, seufzte Edith. »Ihr seid Joel.«
    Der kleine Mann nickte erleichtert, während Robert und Johnny verstohlen die Augen verdrehten. »Gutt, gutt«, sagte er. »Iss musste gehen sisser, Ihr versteht?«
    »Vollkommen. Wir hätten es genauso gemacht«, sagte Edith und errang Roberts Bewunderung dafür, dass sie dabei nicht einmal mit der Wimper zuckte.
    Joel war der Geschäftspartner des sizilianischen Juden, der sich auf Ediths Handel eingelassen hatte. Es brauchte eine Weile und eine Menge Händefuchteln, bis der Schiffsmeister ausgezahlt war. Der Mann verabschiedete sich mit einem knappen Nicken von den dreien und ließ sich sofort wieder zu seinem Schiff rudern.
    Joel führte sie hinter eine der verlassenen Hütten, wo sechs Kamele warteten und sie wiederkäuend anstarrten. Auf Zypern hatten sie diese Tiere zum ersten Mal gesehen. Mit ihren riesigen Nüstern und den Höckern kamen sie den Freunden ganz und gar lächerlich vor. Allein ihr Gestank hätte gereicht, um jeden Reiter das Weite suchen zu lassen. Johnny hatte schon beim ersten Anblick der Kreaturen geschworen, dass er niemals freiwillig auf eine von ihnen steigen würde. Robert, der ihm damals insgeheim beigepflichtet hatte, sah sich vergeblich nach Pferden um. Johnny würde also wohl oder übel seinem Vorsatz untreu werden müssen.
    »Für Euch«, gestikulierte Joel. »Kamele. Nichts geht über Kamele.«
    »Wo? Auf dem Bratspieß?«, fragte Johnny bissig.
    Joel verstand seine Anspielung nicht und lächelte stattdessen nervös.
    Fünf der Kamele waren behängt mit Vorratstaschen. Joel deutete auf die beiden jungen Männer. »Sie werden Euch begleiten«, erklärte er. »Besser viele als wenige, wenn man reist.«
    »Wir sind Euch sehr dankbar«, sagte Edith.
    »Ist weit bis Burg Kerak«, radebrechte Joel. »Ist seeehr weit. Und Gefahr. Seeehr Gefahr.«
    Die drei warfen einander besorgte Blicke zu. Robert musterte die zwei Knechte, die Joel als Reisebegleitung ausgesucht hatte. Die Mienen der jungen Männer blieben derart ausdruckslos, dass ihr Missfallen über den Auftrag ihres Herrn nur zu offensichtlich wurde.
    Johnny öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Er räusperte sich.
    »Hör mal, Johnny«, sagte Edith. »Es geht um unseren Vater, nicht um deinen. Niemand ist dir böse, wenn du bei Joel bleibst, bis wir zurückkommen.«
    Johnny sah verärgert aus. »Wie kommst du darauf, dass ich euch im Stich lassen will? Ich wollte nur sagen: Da seht ihr, dass ich Recht habe mit meinen Ansichten über die Muselmanen.«
    »Ist seeehr Gefahr«, sagte Joel, »wegen die christlichen Ritter, die plündern und alles verbrennen, damit Sultan Saladin keine Beute kann machen.«
    »Oh«, sagte Johnny und räusperte sich noch ausgiebiger.
    Das war ihre Ankunft im Heiligen Land. Sie kamen verstohlen wie Diebe und in dem Wissen, dass der gefährlichste Teil ihrer Mission noch vor ihnen lag.

4
    E s war eine völlig andere Welt als jene, die sie kannten. Auch als sie schon mehrere Tage unterwegs waren, sah Edith sich noch jeden Morgen um, als erblickte sie ein Wunder. Und

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