Lohn der Angst
möglich zu bremsen!
»Verdammt noch mal ... da haben wir die Scheiße!«
Der Motor ist weggeblieben, die Räder sind blockiert, der Wagen rutscht weiter, schwankt wie ein hilfloses Wrack von einer Seite zur anderen.
Einen verzweifelten Druck auf den Starter. Auskuppeln! Gas geben! Der Motor stieß ein lautes Heulen aus, kam wieder und übte seine Zugkraft auf den Truck gerade in dem Augenblick wieder aus, als dieser zum Stehen kommen wollte. Das Steuerrad beschrieb in Gérards Händen zwei überstürzte Halbkreise. Die Vorderräder schnitten in die fette Erde. Alles war wieder im Lot.
Vor dem Wagen patschte Johnny in dem öligen Dreck herum, ein aufgeregter Kasper im grellen Rampenlicht, rief das Fahrzeug zu sich heran und zog es mit weiten Armbewegungen ins Leere. Gérard, immer im untersetzten Gang, gab Vollgas.
Johnny weicht vor den Scheinwerfern zurück. In diesem Angsttraum von Schlamm tritt er auf der Stelle, stolpert er; wie in einem Traum stolpert er und fällt hintenüber.
Aber das ist kein Traum, denn als er schreit, erwacht er nicht. Den Kopf oberhalb des Schlamms, der seinen kraftlosen Körper bedeckt, schreit er, schreit er noch. Der Wagen setzt seinen unerbittlichen Weg gegen ihn fort.
Gérard hat alles gesehen, er hebt den Fuß nicht vom Gas; er muß hier durch.
Der Vorderreifen erreicht das Bein des Rumänen, drückt darauf, preßt es in den Schlamm, der sich unter dem enormen Druck festigt. Johnny schlägt um sich, er schreit, er fühlt, wie sein Bein zerquetscht wird, er brüllt in Todesangst; Stürmer, die Augen auf den oberen Rand des Abhangs gerichtet, den er im nächsten Augenblick angehen wird, achtet nicht auf dieses verrenkte Gerippe, das er im Begriff ist zu überrollen, das er zerquetscht oder ertränkt, wer kann das wissen; was ist da zu machen, er muß hier durch. Er muß hier durch!
Ein letzter Ruck, irgend etwas kracht, Johnny wälzt sich zur Seite. Er steht. Sein Bein blutet, aber es ist nicht gebrochen. Einen Augenblick lang schwinden ihm die Sinne.
Der Anlauf, den der Truck auf dem flachen Grund des Trichters genommen hatte, führte die Vorderräder bis auf Wagenlänge an den oberen Rand des Abhangs. Aber im Augenblick, wo sie festen Boden fassen wollten, machten die Hinterräder drei leere Umdrehungen in dem Petroleumschlamm; der Truck blieb stehen.
Gegenüber den schwarzen Wirbeln der Feuersbrunst, die einen breiten Sektor des Horizonts verdunkelten, ging die Sonne auf.
Verschmiert, verstört, mit hohlen Augen und brennenden Lippen sprang Stürmer aus dem Wagen. Unten im Trichter stand Johnny, bis an die Waden in dem stinkenden Schlamm. Mühsam stieg er den Abhang hoch, auf das trockene Gelände. Die schwarze Brühe tropfte an ihm herab, die Erde saugte sie auf. Das Petroleum hatte sein krauses Haar an den Kopf geklebt; er sah aus wie kahl. Hinkend kam er heran.
»Ich konnte doch nicht halten«, brummte Stürmer, der vor Wut über diese Schlappe zitterte. Und er setzte hinzu:
»Was sollen wir jetzt machen?«
Mihalescu schien sich dafür nicht zu interessieren. Er riß sich die Kleider vom Leib, das Hemd, die Leinenhose. Seine Schuhe ... seine Schuhe waren im Schlamm steckengeblieben. Nackt stand er da und stierte auf sein verletztes Bein. Es war geschwollen, blutig, es schmerzte. Stellenweise schien es aufgeplatzt. Aber es war schwer, das genau zu beurteilen: das ganze Bein war mit einer Petroleumschicht überzogen, an der hier und dort Erde klebte. Er humpelte auf das Führerhaus zu.
»In einer Stunde helfe ich dir das Bein saubermachen und verbinden. Jetzt müssen wir hier erst raus. Das Petroleum steigt; und, ganz abgesehen von der Sonne..., in einer Stunde kannst du mir nicht mehr helfen. Ich brauch dich aber.«
Der Blick, den Johnny seinem Gefährten als Antwort zuwarf, sprach Bände. Stürmer ließ sich dadurch nicht beirren. Er begriff, daß Johnny für ihn verloren war; der Rumäne war durch den Unfall zu sehr mitgenommen. Und wenn man hier erst diskutieren wollte, kam man nicht weiter. Hier hieß es: Raus aus dem Loch.
»Ja«, fuhr Stürmer fort, »du bist übel zugerichtet. In einer Stunde wirst du zu fiebern anfangen. Wir dürfen aber keine Zeit verlieren.«
Unter der öligen Oberfläche, die jetzt beinahe schon bis an die Hinterwand reichte, lag der Wagen mit dem Chassis auf. Gérard mußte, um davon ein genaues Bild zu erhalten, seinerseits in den Dreck hinunter. Er legte sich auf den Bauch, die Brühe ging ihm bis an den Hals, aber auch so
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