Lohn des Todes
den Weg.
Überrascht stieg ich aus. Es war Robert.
»Conny?«
»Was machst du denn hier?«
»Ich suche dich.«
Er nahm mich in den Arm, herzlicher, als ich es erwartet hatte. Es war mir nicht unangenehm. Im Gegenteil, ich war froh, nun
doch nicht alleine zu sein.
Hinter uns hatte Huhn den Unimog angelassen, nun stellte |241| er den Motor wieder ab. Kappl sprang aus dem Führerhaus und trat zu uns.
»Ist etwas passiert, Conny?« Robert starrte auf das rote Kreuz am LKW.
»Mein Reifen ist geplatzt. Ich hatte Glück, und die Sanitätstruppe war gleich zur Stelle.«
»Bist du verletzt?«
»Kennen Sie sich?«, fragte Kappl. »Sie sollten dafür sorgen, dass Ihre Bekannte geröntgt wird. Oberfeldwebel Monika Kappl«,
stellte sie sich vor. »Frau van Aken hat auf jeden Fall eine Gehirnerschütterung.«
»Nur eine leichte«, beschwichtigte ich.
»Mein Gott, Conny. Ich fahre dich sofort ins Krankenhaus, damit ist nicht zu spaßen.« Robert sah mich besorgt an. »Und überhaupt,
was machst du hier?«
Ich verdrehte die Augen. »Bitte, Robert, übertreib nicht. Was machst du hier?«
»Das ist eine längere Geschichte.« Er zog die Stirn kraus.
»Nun ja, vielleicht können Sie beide das in Ruhe klären. Es wäre aber nett, wenn Sie uns eben vorbeifahren lassen würden.
Mein Chef wartet schon. Wir sind nicht zum Freizeitausgleich hier.« Kappl grinste. »Ich fahre nun doch etwas beruhigter, jetzt,
wo Sie nicht mehr alleine sind.« Sie berührte mich kurz an der Schulter, ging dann zurück zu dem Unimog.
»Ich wollte zu dem ehemaligen Kinderheim. Es muss da oben auf der anderen Seite des Hügels sein. Nur wenige hundert Meter
von hier. Sollen wir uns dort treffen?«
»Gut.« Robert seufzte. »Du fährst vor, und ich folge dir.«
Langsam fuhr ich den Berg hoch, achtete auf ungewöhnliche Geräusche oder ein anderes Fahrverhalten des Wagens, doch der Golf
schnurrte zuverlässig, fuhr einwandfrei. Ich bog in den kleinen Weg ein, der auf der Kuppe des Hügels zu dem Kinderheim führte.
Die Sicht über das Tal war atemberaubend. Links führte eine Straße zu einer kleinen Ansammlung von Häusern, ein Schild wies
auf die Burg Aremberg hin, deren Reste dort oben im Wald verborgen sein mussten.
|242| Ich parkte meinen Wagen auf einem Stück Wiese unter einigen Lärchen. Der Boden war bedeckt mit den Nadeln, als ich ausstieg,
federte der Untergrund unter meinen Füßen. Hier hatte schon lange kein Wagen mehr gestanden. Charlie sprang aus dem Wagen,
hob schnüffelnd den Kopf, fiepte wieder leise.
Na gut, dachte, geh du mal stöbern. Nach dieser Fahrt hast du dir einen toten Hasen verdient.
»Los!« Er sah mich kurz fragend an, so als wollte er sicher gehen, dass ich es ernst meinte. Lächelnd gab ich ihm das Zeichen,
und er stürmte davon. Robert hatte seinen Wagen neben meinem geparkt und war ausgestiegen. Er zog eine Schachtel Zigaretten
aus der Hosentasche, zündete sich eine an. Seine Stirn war immer noch sorgengefurcht. Irgendwo in der Ferne bellte Charlie
kurz. Der Weg führte links zu dem Kinderheim, das an den Hang gebaut worden war. Von hier aus konnte man nur Teile des Daches
sehen. Holunderbüsche begrenzten das Grundstück zum Hanggipfel hin. Geradeaus führte ein Trampelpfad zu einem weißen Gebäude.
Von hier aus wirkte es wie eine kleine Kapelle. Ich meinte, dort eine Bewegung zu erkennen, aber die Sonne blendete mich.
»Conny, warum bist du hierher gefahren?«
»Ach, ich musste mich irgendwie beschäftigen und habe einfach die Nummer des Kinderheims angerufen. Es gibt so eine Art Hausmeister
hier. Er war sehr freundlich.«
»Ein Hausmeister? Das ist ja seltsam. Wer beschäftigt ihn denn? Das Gebäude gehört der Stadt Bonn, auch wenn wir hier in Rheinland-Pfalz
sind. Ich habe keinen Hinweis darauf erhalten, dass es noch bewirtschaftet wird.«
»Es gab einen Wasserschaden, den er beseitigen soll. Er ist wohl weniger ein echter Hausmeister, klang für mich so, als müsste
hier jemand einen Ein-Euro-Job ableisten. Eine junge Stimme.«
»Das ist natürlich möglich.« Er holte tief Luft. »Ich habe mehrfach versucht, dich zu erreichen. Aber du hast nicht reagiert.
Nach deiner Nachricht bin ich auf gut Glück hierher gefahren. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
|243| »Hast du geahnt, dass mein Reifen platzen wird?« Ich versuchte, mir ein Grinsen zu verkneifen.
»Nein, das nicht. Aber wir arbeiten an Mordfällen, und der Täter ist immer noch auf freiem
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