Lohse, Eckart
etwas anderes, was ich wissen
müsste«. Das sei verneint worden.
Schneiderhan verliest bei dem
Zusammentreffen eine Stellungnahme, die er wenig später in einer
Pressekonferenz vortragen wird. Die Einladung der Journalisten dazu erfolgt
kurzfristig, nur mit zwei Stunden Vorlauf, was auf eine gewisse Brisanz des
Themas hinweist. Gegen Viertel nach zwölf tritt Schneiderhan im Ministerium vor
die Mikrophone. Der Mann mit den vier goldenen Sternen auf der Schulter ist
geübt im öffentlichen Auftritt und findet Gefallen daran. Oft genug hatten die
Journalisten es in langen, zähen Hintergrundgesprächen mit Minister Jung als
befreiend empfunden, wenn endlich der bis ins Detail sachkundige und dazu
eloquente Schneiderhan das Wort übernahm.
Gemessen daran wirkt der
Generalinspekteur am Mittag des 29. Oktober 2009 nicht
entspannt. Noch Wochen später ist er unglücklich über seinen hölzernen
Auftritt, dessen einziges Ziel es doch ist, sich schützend vor Klein zu
stellen. Schneiderhan verliest jenen später viel zitierten Satz, mit dem er
hofft, das Kapitel Klein endgültig schließen zu können: »Bei Kenntnis des jetzt
vorliegenden Untersuchungsergebnisses habe ich keinen Grund, daran zu
zweifeln, dass die deutschen Soldaten auf der Grundlage des Mandats der Vereinten
Nationen angesichts der schwierigen Lage in operativer Hinsicht militärisch
angemessen gehandelt haben.«
Gerade einen Tag am neuen
Schreibtisch, tritt Guttenberg am 30. Oktober einen Kurzurlaub an. Der soll ihm
jenseits vom Tagesbetrieb die Gelegenheit zum Studium wichtiger Unterlagen
geben, unter anderem dem des Comisaf-Berichts. Nach der Lektüre des mit
Abkürzungen und Fachbegriffen gespickten Konvoluts kommt Guttenberg zu der
Erkenntnis, dass er »als Nichtfachmann« eine umfassende Bewertung benötige, um
zu einem eigenen abschließenden Urteil kommen zu können. Wenige Tage später, am
3. November, bekommt er die bereits im Gespräch mit Wiehert und Schneiderhan
eingeforderte Auswertung. Sie ist acht Seiten stark. Inhaltlich wird die
bisherige Einschätzung bestätigt, dass Klein trotz einiger Verfahrensfehler
»militärisch angemessen« gehandelt habe.
Der neue Minister will nicht
hinter dem obersten Soldaten zurückstehen, er will der Truppe zeigen, dass er
zu ihr steht, eben ein echter Soldatenminister ist. Das wirkungsvollste Signal
dafür scheint ihm ein krachendes Bekenntnis zu Oberst Klein, das für den 6. November
geplant ist. Nichts deutet auf eine Distanzierung von Schneiderhan hin. Im
Gegenteil. Wie seine Vorgänger das in ähnlichen Fällen auch oft gemacht haben,
wünscht der neue Minister, den Generalinspekteur bei diesem Auftritt an seiner
Seite zu haben. Da der auf einer Auslandsreise ist, muss es bei einem Telefonat
am Vorabend bleiben. An der Stelle von Schneiderhan wird am nächsten Tag dessen
Stellvertreter, General Johann-Georg Dora, bei der Pressekonferenz des
Ministers dabei sein.
Die geheimen
Chefs: Schneiderhan und Wiehert
Nicht erst mit dem Amtsantritt des
neuen Ministers gibt es im Verteidigungsministerium genügend Stimmen, die
hinter vorgehaltener Hand sagen, es sei Zeit für eine Ablösung des höchst
selbstbewussten Generalinspekteurs. Es gehört bei Ministerwechseln dazu, dass
Berufene und Unberufene durch die Gänge des Ministeriums huschen und raunen,
der oder der gehöre nun endlich mal aufs Altenteil oder sonst wie entsorgt.
Doch beim Amtsantritt Guttenbergs scheint die Zahl dieser Einflüsterer
besonders groß gewesen zu sein. Guttenberg hatte von Anfang an keinen Mangel
an übler Nachrede, die sich gegen Schneiderhan, allerdings auch gegen den
vielen längst zu einflussreichen Staatssekretär Wiehert richtete.
Schneiderhan gilt vielen als
SPD-Mann. Nicht im Sinne parteipolitischer Aktivitäten, wohl aber im Sinne
einer gewissen Nähe. Er geht nach dem Abitur 1966 zur
Bundeswehr und steigt nach Verwendungen bei der Truppe und im Verteidigungsministerium
weit auf. Unter dem sozialdemokratischen Minister Rudolf Scharping wird er im
Jahr 2002 Generalinspekteur. Schon bald
wird die Stellung des Gl, wie das Amt in der Truppe und im Ministerium genannt
wird, durch den »Berliner Erlass« aufgewertet. Der Generalinspekteur ist seither
nicht mehr bloß oberster militärischer Berater der Bundesregierung, sondern
koordiniert zudem die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Bis zu seiner Entlassung
im Jahr 2009 gilt die ganze Energie des in
einer Armee zur Verteidigung des Vaterlands groß gewordenen
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