Lohse, Eckart
bezüglich einer der Formulierungen.«
Am nächsten Tag, einem Freitag,
lässt Guttenberg die Journalisten für den frühen Nachmittag zur
Pressekonferenz ins Ministerium rufen. Vor seinem Auftritt hat er allerdings
noch eine Besprechung mit Wiehert, bei der es um den Comisaf-Bericht geht.
Wiehert hebt bei diesem Gespräch zwei sehr wichtige Details des Nato-Berichts
ausdrücklich hervor. Erstens werde dort eindeutig festgestellt, Oberst Klein
habe bei der Anordnung der Bombardierung »die Menschen treffen wollen«. Dieser
Aspekt ist zumindest in der öffentlichen Diskussion bis dahin völlig
unterdrückt worden. Zweitens betont Wiehert dem Minister gegenüber, die Nato
komme zu dem Ergebnis, dass es bei Kleins Verhalten »zu Verfahrensfehlern«
gekommen sei. Unmittelbar vor seinem Auftritt hat Guttenberg die Schwachpunkte
im Verhalten Kleins also noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt bekommen.
Doch der Minister bleibt bei
seiner Linie und stellt sich wie angekündigt ausdrücklich vor seinen
Generalinspekteur, was dessen Bewertung von Kleins Handeln angeht. Eine simple
Wiederholung der Formulierung ist ihm allerdings zu wenig, er will eine eigene
Botschaft übermitteln: »Selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte,
hätte es zum Luftschlag kommen müssen.« Das sitzt. Die Journalisten sind
erstaunt. Wieso spitzt Guttenberg ohne Not das Thema Kundus noch einmal so
provozierend zu? Jedenfalls hat er die Schlagzeilen des Freitags und des
Samstags für sich. Später wird Guttenberg sagen, seine Festlegung gehe einzig
und allein auf ihn selbst zurück. Es habe sich um eine Formulierung gehandelt,
»die mir nicht vorgeschlagen wurde, sondern von mir persönlich stammt«. Kurz
vor Guttenbergs Pressekonferenz fragt nur General Dora einmal nach, ob es
dieser zusätzlichen Formulierung bedürfe. Des Ministers Gegenfrage, ob der
General etwa eine andere militärische Einschätzung habe als er, der Minister,
lässt den Versuch des Militärs, die Causa Klein etwas niedrigerzuhängen als
von Guttenberg geplant, schnell in sich zusammenbrechen.
Mit Guttenbergs Auftritt ist der
Versuch Schneiderhans beendet, die Verteidigung Kleins möglichst still
vonstatten gehen zu lassen. In einem vordergründigen Sinne lässt der Minister
seinen Generalinspekteur tatsächlich nicht im Regen stehen. Mittelbar beschert
er ihm mit seinem Auftritt jedoch ein tobendes Unwetter. Doch zunächst legt
sich wieder Ruhe über den Gegenstand.
Ein
folgenreiches Gespräch
Alles ändert sich schlagartig am 25. November.
An dessen Morgen teilt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Steffen
Moritz, dem Minister mit, dass die Redaktion der »Bild«-Zeitung einen Bericht
aus deutscher Quelle über die Nacht vom 3. auf den 4. September
habe, der von den Feldjägern erstellt sei. Das Tagesgeschäft hindert
Guttenberg zunächst daran, der Sache nachzugehen. Als er am frühen Nachmittag
aus dem Verteidigungsausschuss ins Ministerium zurückkehrt, spricht er den
Leiter des Planungsstabes, Ulrich Schlie, auf die Sache an. Der weiß nichts von
dem Bericht, teilt dem Minister aber mit, dass er bereits am Vorabend von der
Leiterin des Ministerbüros, Sabine Bastek, danach gefragt worden sei.
Guttenberg erfährt von Schlie,
dass sein Vorgänger Jung angeordnet habe, keine nationalen Berichte zur
Bombardierung bei Kundus anfertigen zu lassen. Das sei auf ausdrückliche
Empfehlung Wicherts und Schneiderhans geschehen. Der Planungsstab habe eine
andere Position vertreten. Das ist der Moment, da der junge Minister zum ersten
Mal ahnt, dass nach dem 4. September
keineswegs alles von der Spitze des Ministeriums getan wurde, um das Verhalten
Oberst Kleins vollständig aufzuklären. Guttenberg kann bei aller nach außen
getragenen Freundlichkeit, bei fast jungenhafter Offenheit und großem Charme,
zugleich zutiefst misstrauisch sein.
Dieses Misstrauen ist nun geweckt.
Guttenberg dürfte genug über die große Macht Schneiderhans und Wicherts zu
Ohren gekommen sein, um plötzlich zu fürchten, diese könnten auch ihm etwas
verheimlichen. Daher lässt er die beiden umgehend ins Ministerbüro holen, ohne
ihnen zu sagen, was der Gegenstand des Gesprächs sein werde. Das ist für die
Einbestellten höchst ungewöhnlich. So müssen sie nicht nur aus zeitlichen
Gründen unvorbereitet erscheinen. Schneiderhan und Wiehert betreten um 14.20 Uhr
Guttenbergs Büro mehr oder minder ahnungslos.
Über den Verlauf der folgenden
etwa zehn Minuten gibt es
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