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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
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höchst gegensätzliche Darstellungen. Monatelang
beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Bundestages damit, Licht in den
Nachmittag des 25. November zu bringen. So viel
zumindest ist schon am Tage selbst klar: Für den Generalinspekteur und den
Staatssekretär wird es der wichtigste und zugleich unerfreulichste Nachmittag
ihrer langen beruflichen Laufbahnen, die an jenem Tag ihr unfreiwilliges Ende
finden. Auch für Guttenberg kommt es gleich zu Beginn seiner Zeit als
Verteidigungsminister zu einer extrem heiklen Situation. Überhaupt hat die
bundesdeutsche Ministerialbürokratie so viele Gespräche dieser Art noch nicht
erlebt. Ein halbes Jahr nach der »Opel-Nacht« mit Rücktrittsdrohung liefert
Karl-Theodor zu Guttenberg den nächsten Beleg dafür, dass er der Mann für die
ganz großen Überschriften ist.

Das Kuriose der Angelegenheit wird
schon daran deutlich, dass es unterschiedliche Angaben dazu gibt, wer an dem Gespräch
im Ministerbüro überhaupt teilnimmt. Nicht etwa, dass die Zahl zwischen 39 und 40 schwankt,
was nachvollziehbar wäre. Nein, es geht um die Frage: vier oder fünf? Der Minister
stellt es von Anfang an so dar, dass außer ihm, Schneiderhan und Wiehert noch
seine Büroleiterin, Sabine Bastek, und sein Adjutant, Peter Braunstein, im Raum
gewesen seien. Guttenberg wird auch vor dem Untersuchungsausschuss bei dieser
Darstellung bleiben. Er schildert exakt, wer wo an dem ovalen Tisch im
Ministerbüro gesessen hat, wirkt während dieser Schilderung völlig entspannt
und bietet sogar an, eine Skizze anzufertigen.
    Schneiderhan und Wiehert indessen
behaupten, außer dem Minister und ihnen sei nur noch Büroleiterin Bastek im
Raum gewesen. Ohne dass bislang offiziell Einigkeit über diesen Punkt
hergestellt wäre, spricht inzwischen manches dafür, dass man tatsächlich an
jenem Nachmittag zu fünft im Ministerbüro saß. Nachdem am Anfang kuriose, halb
ernst-, halb scherzhafte Mutmaßungen durch das politische Berlin wandern,
vielleicht habe Braunstein ja hinter dem Vorhang gestanden oder im
angrenzenden Ruheraum mitgehört, bestätigt dieser erst in der »Bild«-Zeitung,
später vor dem Untersuchungsausschuss seine Teilnahme. In der Ausschusssitzung
vom 9. Juni 2010 berichtet
er detailliert über den Gesprächsverlauf.
    Wiehert, der besonders hartnäckig
darauf besteht, man sei nur zu viert im Raum gewesen, wird das vor dem Untersuchungsausschuss
wiederholen: »An dem Tisch war nach meiner Erinnerung keine fünfte Person. So
ist mein Erinnerungsbild.« Auf die Frage des CDU-Abgeordneten Michael Brand,
ob er die Anwesenheit einer fünften Person ausschließen könne, antwortet er
zunächst: »Ausschließen ist zu weit gegriffen; aber so ist meine recht präzise
Erinnerung.« Auf die Wiederholung der Frage antwortet er scherzend: »Ich kann
nicht mal ausschließen, Herr Abgeordneter, dass hier ein nordkoreanischer
Spion im Raum sitzt.«
    Noch schwieriger als die Frage der
Teilnehmerzahl ist die nach dem Gesprächsverlauf zu klären. Er ist deswegen von
Belang, weil er Guttenberg als Grund dient, Schneiderhan und Wiehert wenige
Stunden später das Vertrauen zu entziehen. Die Annahme, von einem so wichtigen
Gespräch, an dem offenbar sogar zwei enge Mitarbeiter des Ministers teilnahmen,
gebe es ein exaktes Protokoll, das man nur einsehen müsse, ist falsch. Zwar
behauptet Guttenberg frühzeitig, es hätten ja zwei der Anwesenden
mitgeschrieben. Das zielt auf Bastek und Braunstein. Doch ist der Werdegang von
deren Notizen höchst eigenartig. Während der monatelangen Tätigkeit des
Untersuchungsausschusses taucht nie eine Zeile von Braunstein auf. Im Juni
liefert dieser eine ebenso banale wie verblüffende Antwort auf die Frage, wo
seine Notizen geblieben seien: »Die sind in den Reißwolf gegangen.« Auch wenn
die Aufzeichnungen des Adjutanten noch so flüchtig und kurz gewesen sein
sollten, erstaunt das. Denn spätestens am Abend des 25. November
musste er wissen, dass am Nachmittag ein außerordentlich wichtiges Gespräch
stattgefunden hatte. Da pflegt man Notizen aufzubewahren, zumal als Adjutant
des Ministers. Eine nachvollziehbare Erklärung, warum er das nicht tat, hat
Braunstein bis heute nicht gegeben.
    Nicht minder originell ist die
Geschichte der Aufzeichnungen von Büroleiterin Bastek, die ja angeblich die
Version Guttenbergs vom Ablauf des Gesprächs stützen sollen. Obwohl sogenannte
Vollständigkeitserklärungen von den Befragten unterschrieben werden, die
belegen, dass dem

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