Lohse, Eckart

Politiker teilt mit seinen Fans
ein Geheimnis: In Wirklichkeit ist er gar kein Politiker. Jedenfalls tut er
so.
    Seit Jahrzehnten sieht der
durchschnittliche Lebenslauf eines deutschen Spitzenpolitikers so aus:
Engagement für die Gemeinschaft bei gleichzeitiger Profilierung der eigenen Person
in der Schülermitverwaltung. Eintritt in eine Partei und damit deren Jugendorganisation,
dort Aufstieg in eine erste Führungsposition. Kandidatur für ein Parlament, sei
es erst auf kommunaler oder Landesebene oder gleich für den Bundestag. Dabei
stets in der Heimatregion geblieben, die Kreise nicht zu weit gezogen, immer in
den Hinterzimmern der eigenen Parteibasis abgesichert. Nach Jahren des
politischen Dienens Parlamentarischer Staatssekretär, wenn es gut läuft, Minister.
    Diese Karrieren haben Politiker
erzeugt, die sich ständig absichern. Wer so mühsam aufsteigt, will nicht einen
Zentimeter Höhe dem Leichtsinn preisgeben. Lieber ein Kompromiss zu viel als
einer zu wenig mit dem Risiko eines Rückschlags. Nie alles auf eine Karte
setzen, weil die Gefahr zu groß ist, es könnte die letzte sein, die man spielt.
Daraus entsteht ein unendliches Hin und Her politischer Versprechen, die nicht
gehalten werden, von Ankündigungen, die am Widerstand der Opposition
scheitern, von halbherzigen Einigungen zwischen politischen Konkurrenten, die
ein jeder nur auf die Umfragen schielen und im Zweifelsfall von heute auf
morgen alles vergessen, was sie versprochen haben, nur weil es für eine
politische Minute opportun scheint.
    Was Wunder, dass das Volk sich da
abwendet. Ein kleiner Teil steckt seine politische Energie in Demonstrationen gegen
Bahnhöfe oder Atomtransporte. Viele zucken die Schultern und gehen nicht mehr
zur Wahl. Und der Rest wartet auf eine rettende Lösung. Das ist der Moment, da
ein gutaussehender junger Adliger aus Oberfranken mit einer jungen Frau vom
Schloss herabsteigt, dem Volk zuzwinkert und die Botschaft aussendet: Ich bin
der, auf den ihr gewartet habt. Das ist Karl-Theodor zu Guttenberg.