Lohse, Eckart
der viel gelobte
Guttenberg heftig kritisiert wird, mag von der Unabhängigkeit der Presse zeugen.
Doch manche Kritik an der Reise scheint wenig originell. Die Talkshow mit
Johannes B. Kerner lässt zwar mehr die Soldaten als den Minister zu Wort
kommen, die eingespielten Filmbeiträge beleuchten den Einsatz und seine Folgen
für viele Soldaten, wie die schweren posttraumatischen Störungen, durchaus
kritisch. Doch das spielt in der öffentlichen Wahrnehmung kaum noch eine
Rolle, auch weil die Einschaltquote der zur Nachtzeit ausgestrahlten Sendung
als »Flop« gilt.
Die Springer-Presse hält
Guttenberg freilich die Treue. Die »Anteilnahme der Ministergattin,
stellvertretend für Millionen von Bundesbürgern, hat eine Evidenz, die jede
Kritik am showähnlichen Zuschnitt des Coups überragt«, schreibt die »Welt«. Die
»Bild«-Zeitung aber verteidigt Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg
geradezu mit verbaler Brachialgewalt. Zu einem Foto der
Afghanistan-Besucherin, das die gesamte Titelseite ziert, heißt die
Schlagzeile: »Wir finden die GUTT! Nörgler, Neider, Niederschreiber. Einfach
mal die Klappe halten!«. Auf Seite zwei hat die Zeitung dann elf Soldaten und
Soldatinnen in Afghanistan aufgetan, die alle sagen, wie schön, beeindruckend
und richtig der Besuch des Ministers gerade in Begleitung seiner Frau gewesen
sei. Die mediale Leibgarde der Guttenbergs hat zurückgeschlagen, mit breitem
Säbel. Ihre Lieblings-Seite-Eins-Objekte will sich »Bild« nicht von den anderen
Medien kaputt machen lassen. Wieder haben es die Guttenbergs geschafft, dass
zwei, drei Tage lang alle von ihnen sprechen, senden und schreiben.
Letztlich ist also Guttenbergs
Rechnung wieder einmal aufgegangen. Sein gemeinsamer Besuch mit der
glamourösen Ehefrau bei der Truppe am Hindukusch ist der äußerste Ausdruck
seines Bemühens, das Thema Afghanistan, ja das Kriegsthema erfolgreich zu
vermarkten. Selbst nach dem Afghanistan-Trip mit seiner Gattin steigen seine
persönlichen Umfragewerte noch einmal an. Eines hat allerdings selbst
Guttenberg nicht schaffen können: den Bundeswehreinsatz in Afghanistan populär
zu machen. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt ihn laut aller Umfragen
ab und wünscht sich einen raschen Rückzug der Bundeswehr.
Ein Mann räumt
auf
Ernstfall am
Kundus-Fluss
Noch 24 Tage bis
zur Wahl des Deutschen Bundestages. Es ist die Nacht vom 3. auf den 4. September 2009. Sieben
Jahre ist es her, dass der Sozialdemokrat Gerhard Schröder vor der
Bundestagswahl 2002 seinen Widerstand gegen den
Irakkrieg der Amerikaner zum Wahlkampfthema machte und so viel Zustimmung
erhielt, dass er den für seine Partei negativen Trend wenden und sich knapp als
Kanzler behaupten konnte. Seither weiß Angela Merkel, die Sozialdemokraten
können mit der Ablehnung eines Krieges Wähler mobilisieren, besser und
glaubhafter als CDU und CSU.
Im September 2009 steht
Deutschland nicht vor der Frage, wie es sich zu einem Krieg verhält, an dem es
sich gar nicht beteiligen soll, wie damals, als der Irakkrieg bevorstand. Vielmehr
kämpft die Bundeswehr seit sieben Jahren in Afghanistan einen zunehmend
vergeblichen Kampf gegen die Taliban. Die Zustimmung in der deutschen Bevölkerung
sinkt, je zweifelhafter es wird, ob das Ziel des Krieges, eine Stabilisierung
des Landes am Hindukusch, je erreicht wird. Immer mehr Tote hat die Bundeswehr
zu beklagen. Längst ist ein Raunen knapp unter der Oberfläche der offiziellen
SPD-Verlautbarungen zu hören: Wie lange wird dieser Einsatz noch dauern? Wann
können wir raus aus Afghanistan? In der Union fürchten sie, dass die
Sozialdemokraten gegebenenfalls schnell eine Anti-Kriegs-Front im Wahlkampf
errichten könnten.
Der Ernstfall tritt in jener Nacht
vom 3. auf den 4. September
in der Nähe der afghanischen Stadt Kundus ein. Hier ist der Kampf der
Bundeswehr besonders hart, hier greifen die Taliban
Oberst Georg Klein, hier im August
2009 in Kundus, gab den Befehl zum Angriff am Kundus-Fluss
immer wieder an, verstricken die
deutschen Soldaten ein ums andere Mal in Gefechte. Die Sorge ist groß, dass die
Aufständischen mit Treibstoff gefüllte Fahrzeuge als riesige rollende
Molotow-Cocktails gegen die internationale Schutztruppe Isaf einsetzen. In
dieser angespannten Lage entführen die Taliban zwei Tanklaster. Sie fahren sie
allerdings in einem Flussbett fest. Als der deutsche Befehlshaber, Oberst Georg
Klein, darüber informiert wird, ist er alarmiert. Zugleich erfährt
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