Lohse, Eckart
Verteidigungsministerium
das wichtigste Ressort für die CSU. Sie erhält daneben die Ministerien für
Landwirtschaft und für Verkehr. Und das wichtigste Haus bekommt der wichtigste
Mann, der Guttenberg seit einem Dreivierteljahr für seine Partei ist,
jedenfalls in Berlin.
Durch seine
jahrelange außenpolitische Erfahrung ist er gut vorbereitet auf Gespräche mit
den Ministern anderer Staaten, Nato-Konferenzen oder strategische Debatten in
englischer Sprache. Sofort macht er deutlich, dass er den Bogen weit spannen
will: »Das Amt des Verteidigungsministers hat eine große internationale
Dimension. Wir haben eine neue globale Sicherheitsstruktur und dementsprechend
neue Aufgaben für Politik und Streitkräfte.« Von einem traditionsreichen Amt
spricht er, das neben der Bundeswehr auch die internationale Sicherheitspolitik
zum Schwerpunkt habe. Das und die An kündigung,
dass er sich dem neuen Amt »mit aller Kraft« widmen werde, darf Guido
Westerwelle, der außenpolitisch weitgehend unerfahrene künftige Chef des
Auswärtigen Amtes, durchaus als Drohung werten. Seine Warnung, eine »Nebenaußenpolitik«
dürfe es nicht geben, ist zwar die Antwort auf eine Frage nach der Rolle des
künftigen Entwicklungsministers Dirk Niebel. Da der aber Westerwelles Partei
angehört und noch dazu lange dessen Generalsekretär war, geht von ihm keine
wirkliche Gefahr für den neuen Außenminister aus. Guttenberg als
Verteidigungsminister, das ahnt Westerwelle, könnte ihm schon eher gefährlich
werden. Wie schnell und wie sehr der CSU-Mann den FDP-Vorsitzenden auf dem Feld
der Außen- und Sicherheitspolitik als blasse Figur dastehen lassen wird, kann
dieser jedoch noch nicht voraussehen.
EIN BILD VON
EINEM MANN:
GUTTENBERG UND
DIE ÖFFENTLICHKEIT
Adel auf dem
Radi
Der Minister schwitzt. Es ist ein
Mittwochnachmittag Mitte Juli. In Berlin herrschen hochsommerliche
Temperaturen. Doch Karl-Theodor zu Guttenberg hat, vermutlich zum Verdruss
seiner Leibwächter, beschlossen, vom Ministerium in der Stauffenbergstraße zu einer
Buchvorstellung ins Café Einstein Unter den Linden mit dem Rad zu fahren. Das
ging, wie beim sportlichen Baron die Regel, ziemlich flott. Nun steht er vorne
im grauen Anzug und weißen Hemd in einem beinahe schlauchförmigen Nebengelass
des bei Politikern und Journalisten beliebten Treffpunkts und versucht sich in
Selbstironie, während ihm der Schweiß nur so übers Gesicht strömt und ihm das
Hemd von Minute zu Minute mehr am Körper klebt. Nachschwitzen nennen das die
Sportler. Guttenberg ist sich bewusst, dass er ein bisschen komisch ausschaut.
Man könnte auch sagen: Ausnahmsweise hat eine Inszenierung mal nicht geklappt.
Aber der Minister macht das Beste daraus. Es sei von begrenzter Klugheit
gewesen, mit dem Fahrrad hierherzukommen, gibt er zu. Und: »Es ist nicht nur
Achtung, dass ich hier vor Ihnen zerfließe.«
Die Inszenierung hat nicht
geklappt? Das kann man so und so sehen. Jedenfalls wird es später von der Szene
kaum Fotos oder Berichte geben, die auf die für Guttenberg doch etwas
unangenehme Situation hinweisen. Das ist nicht selbstverständlich. Rudolf
Scharping, auch er einst Verteidigungsminister, hatte es immer wieder mit
öffentlichem Radfahren versucht. Mal radelte er mit Genossen und Journalisten
im Wahlkampf über Land; das blieb bestenfalls unerwähnt. Mal versuchte er sich
als Rennfahrer, fiel vom Rad, und alle schüttelten den Kopf über den
Unglücksraben. Und das Schwitzen? Eines der seltenen Male, da Angela Merkel
sich in der Disziplin Glitter und Glamour versuchte, bei den Wagner-Festspielen
in Bayreuth, als sie im langen Abendkleid der Menge huldvoll zuwinkte, war
alles, was die Fotografen interessierte, ein Schweißfleck unter dem Arm der
Kanzlerin. Viel stärker hätte man einen solchen Auftritt nicht vermasseln
können. Andererseits ist es Joschka Fischer gelungen, seinen schweißnassen
Körper zum Kultobjekt zu machen. Als er Ende der neunziger Jahre auf dem
Fitnesstrip war, abnahm und zum obersten Dauerläufer der Republik wurde, ließ
er sich ungezählte Male beim Schwitzen filmen und fotografieren. Ein und
derselbe Vorgang, ein ähnliches Bild bleiben für den einen Politiker folgenlos,
dem anderen schaden sie, wieder einem anderen verhelfen sie zum Erfolg.
Guttenbergs
Bildergeschichte
Karl-Theodor zu Guttenberg, so
viel lässt sich jetzt schon sagen, hat die Beziehung zwischen den Politikern
und den Bildern in eine neue Dimension geführt. Er
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