Lohse, Eckart
bin«, wird er zitiert. Er verspricht aber, er
werde die angestrebte Lösung als Fachminister mittragen.
Die Kanzlerin verkündet, nun habe
man sich ja geeinigt. Den Wunsch einiger CDU-Größen, Guttenberg möge anschließend,
draußen vor den Mikrophonen, wenigstens den Mund halten, wird er nicht
erfüllen. Im Gegenteil: Er nutzt die Bühne für die Heldenpose des
Widerständlers. Nachdem Finanzminister Steinbrück und der Hesse Koch den Durchbruch
gegen 2 Uhr 10 verkündet
haben, kommt Guttenberg an die Mikrophone und sagt: »Es ist eine schwierige
Risikoabwägung gewesen, und eine, die mich zu einem anderen Schluss gebracht
hat.« Es klingt wie die Einleitung zu einem Rücktritt. Doch Guttenberg fährt
rasch fort: »In der Gesamtschau können wir es gemeinsam tragen.« Das ist die
Kompromissformel, auf die man sich zuvor geeinigt hatte.
Am nächsten Tag wird die Kanzlerin
gefragt, was sie von der abweichenden Haltung ihres Wirtschaftsministers halte.
»Ich kam zu einem differenziert anderen Ergebnis der Risikobewertung«, sagt
sie auf ihre unnachahmliche Art. Die Risiken einer Alternative, gemeint ist
Guttenbergs Vorschlag einer Insolvenz, seien für sie »absolut nicht
verantwortbar« gewesen. Merkel findet zwar auch milde Worte für ihren
Wirtschaftsminister, dessen Aufgabe es sei, in ordnungspolitischen Kategorien
zu denken. Doch letztlich wirft sie ihm vor, dass seine Haltung
unverantwortlich gewesen sei.
Es wird auch nicht lange dauern,
bis durchsickert, dass Guttenberg mit Rücktrittsgedanken gespielt hat. In der
Union ist man überzeugt, dass sich sein Auftritt für CDU und CSU im Wahlkampf
bitter rächen wird. Wie soll man den Leuten bitte schön erklären, dass der
Wirtschaftsminister aus der CSU für falsch hält, was die Regierung mit der
CDU-Kanzlerin an der Spitze beschlossen hat? Als zerstrittener Haufen werde die
Union dastehen, während die SPD, deren Kanzlerkandidat Steinmeier von Anfang an
auf staatliche Opel-Hilfen gesetzt hatte, aus Guttenbergs Haltung Profit
schlagen werde. Auch die Sozialdemokraten hoffen das.
Der gefeierte
Verlierer
Ginge es nach allen herkömmlichen
Regeln der politischen Kunst, dann hätte Guttenberg nach dieser Nacht
eigentlich seine Karrierepläne begraben müssen. Ein CDU-Ministerpräsident hat
den CSU-Mann gedemütigt, seine Chefin hat ihn öffentlich deutlich kritisiert.
Der Minister habe in der Opel-Nacht seine erste große Schlacht verloren, »seine
größte politische Niederlage erlebt«, schreibt eine Wochenzeitung.Aber
es kommt ganz anders. Guttenbergs offensichtliche Niederlage wird zu seinem
Triumph. Die Mehrheit der Deutschen findet es gut, dass einer sich gegen den
vermuteten Trend stellt, dass immer nur den Großen geholfen wird. Allein der
Versuch, gegen die Mehrheit aufzubegehren und hinterher auch dazu zu stehen,
wird als mutig bewertet. Dass ein Politiker nein sagt, auch wenn es ihm selbst
nichts zu bringen scheint, dass er nicht den Weg des geringsten Widerstands
geht, wird mit Begeisterung aufgenommen. Guttenberg wird in Folge der
Opel-Entscheidung zum beliebtesten Politiker Deutschlands und damit neben der
Kanzlerin zum wichtigsten Wahlkämpfer der Union. Die Versuche der SPD, ihn als
neoliberale kalte Seele zu attackieren, schlagen krachend fehl. »Graf isser ja
nun nich, dieser Baron da aus Bayern«, hatte der ehemalige Bundeskanzler
Gerhard Schröder eine Offensive zu starten versucht, die an sein Wort vom
»Professor aus Heidelberg« aus dem Wahlkampf 2005 erinnert.
Guttenberg soll als Wiedergänger des unglücklich agierenden damaligen
Schattenfinanzministers Professor Paul Kirchhof dargestellt werden, und als
kalter Kapitalist, der Opel am liebsten in die Pleite gehen ließe. Der
SPD-Vorsitzende Franz Müntefering probiert es mit dem wenig originellen Spruch:
»Lieber frei und links als Freiherr und rechts.« Doch der SPD-Vorstoß gegen den
»Baron aus Bayern« wird zum Rohrkrepierer. Gegen den neuen Wirtschaftsminister
scheint kein sozialdemokratisches Kraut gewachsen.
Selbst als Guttenberg seine
Haltung ändert, ist die SPD kaum in der Lage, ihn wirkungsvoll anzugreifen. Im
Falle des Versandhauses Quelle stimmt Guttenberg nämlich plötzlich einem
staatlichen Massenkredit zu. Gab es im Fall Opel keinen Standort in Bayern,
der es dem Minister von der CSU aus landespolitischer Sicht schwergemacht
hätte, den unbeugsamen Ordnungspolitiker zu geben, so sieht es bei Quelle anders
aus. Der Versandhändler hat seinen Stammsitz im
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