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Lokalderby

Titel: Lokalderby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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so was?«
    Der Ertappte schreckte zusammen, fing sich aber sofort wieder. »Warum denn nicht? Ich schaue öfters mal rein. Hier ist es ruhig und kühl, ein wohltuender Kontrast zur Hektik in der Redaktion. Außerdem kostet es nichts, sich hier aufzuhalten, im Gegensatz zum Wirtshaus oder dem Cafe.«
    »Geben Sie doch zu, dass selbst ein hartgesottener Bursche wie Sie ab und zu ein Gebet spricht«, versuchte Paul den wahren Grund für Blohfelds Ausflug herauszukitzeln. »Oder sind Sie Atheist?«
    Blohfeld blieb ungerührt, als er erklärte: »Atheist? Nein, das kann ich nicht von mir behaupten. Die Sache ist mir so egal, dass ich nicht einmal Gottes Existenz leugnen würde. Ich finde Kirchen als Zeugnisse der Architektur – und Kulturgeschichte interessant und schätze sie – wie gesagt – als Oasen der Ruhe. Aber beten? Ganz gewiss nicht.«
    Typisch Blohfeld, dachte Paul. Dieser Mann würde sich niemals auf irgendetwas festlegen, das man ihm als persönliche Schwäche auslegen könnte. Dazu war er allem und jedem gegenüber zu misstrauisch eingestellt.
    Doch Paul ließ es ihm durchgehen. Er brauchte jetzt jemanden, bei dem er sich ausquatschen konnte, selbst wenn dafür momentan niemand anderes als Blohfeld zur Verfügung stehen mochte. Während sie langsam zwischen den Säulen des Kirchenschiffs entlangschritten, berichtete Paul von den jüngsten Vorfällen. Der Reporter hörte zu, schwieg, nickte und lachte nur ein einziges Mal, nämlich als Paul auf die Polizeikontrolle zu sprechen kam.
    »Ist nicht Ihr Emst, oder?«, amüsierte sich Blohfeld. »Sie haben Katz und Maus mit einer Zivilstreife gespielt?«
    »Habe ja nicht geahnt, dass es Bullen waren, die mich verfolgten«, räumte Paul kleinlaut ein.
    »Zweimal Geschwindigkeitsüberschreitung, Missachtung einer roten Ampel und grobe Verkehrsgefährdung durch Überholen im Innenstadtbereich – oh, Mann, das kommt Sie teuer zu stehen.«
    »Ja, und Punkte gibt es obendrein«, meinte Paul zerknirscht.
    »Und das alles bloß, weil Sie vor der Bronski-Villa Fotos geschossen haben?«
    »Ja, das ist einfach blöd gelaufen. Die Zivilpolizisten fuhren Streife durch Erlenstegen und hielten Ausschau nach Verdächtigen, die dort Häuser ausspähen. Es gab in letzter Zeit wohl einige Einbrüche auf dem Millionärshügel.«
    »Und Sie als Mann mit Teleobjektiv passten ins Fahndungsprofil.«
    »Genau. Meine Zickzackfahrt durch die Stadt machte die Sache nicht besser.«
    »Sie hätten ja einfach anhalten und mit den beiden sprechen können«, meinte Blohfeld lapidar.
    »Das sagt sich so leicht. Aber ich musste ja damit rechnen, dass ich irgendwelche üblen Typen am Hals habe.«
    Blohfelds hohe Stirn war mit Dackelfalten überzogen. »Mit was für üblen Typen hatten Sie in letzter Zeit denn zu tun? Doch höchstens mit einigen rabiaten Fußballfans. Aber die veranstalten wohl kaum Spazierfahrten durch Erlenstegen.«
    Paul musste Blohfeld recht geben und sich eingestehen, dass er überreagiert hatte. Vielleicht sollte er es endlich einsehen und die Finger von der ganzen Geschichte lassen. Dieser Fußballfall brachte ihm schließlich nichts als Ärger.
    Blohfeld dämpfte seinen Frust, als er feststellte: »Ihre Beobachtung vor der Vorstandsvilla klingt allerdings recht vielversprechend.«
    »Meinen Sie?«, fragte Paul wenig euphorisch.
    »Na ja, dass sich Bronski mit dem nach wie vor besten Spieler seines Kaders quasi in aller Öffentlichkeit zankt, verrät einiges über die momentanen Zustände beim Club. Ganz zu schweigen von der konspirativen Übergabe dieses Aktenkoffers. Was dort wohl dringesteckt hat?«
    »Ich habe keinen blassen Schimmer.«
    »Vielleicht das Angebot der Fürther? Modzig gab seinem Noch-Boss womöglich die Gelegenheit, die Verträge zu prüfen und ein Gegenangebot zü machen, um ihn im Verein zu halten?«
    »Wäre möglich«, meinte Paul, dessen eigene Überlegungen eher in Richtung Sportwetten und belastende Papiere gingen. Dies behielt er jedoch tunlichst für sich.
    Blohfeld kicherte: »Ihr Erlebnis mit der Spielerbraut finde ich fast noch besser als die wüste Verfolgungsjagd. Es hat höchsten Unterhaltungswert, wie Sie der kleinen Russin auf den Leim gegangen sind.«
    »Ich fand es weniger lustig.«
    »Dass sie sich so sehr ins Zeug legt und das große Opfer erbracht hat, Sie zu küssen, ist wirklich bemerkenswert.«
    »Haha, sehr witzig.«
    »Fragt sich nur, warum sie das macht.«
    »Weil sie ihren Dirk heiraten will und alles dafür tut, um dieses

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