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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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Typ. So gut, dass er sich für einen Moment vorgestellt hatte, wie er seine Hände auf den Hintern des Typen legt und dann so fest zupackt, dass die Finger sich ins weiße Fleisch graben.
    Hanns starrt auf die Glastür, durch die Daniel verschwunden ist, und denkt an das feste Fleisch dieses schwulen Kerls, den er damals fast. Auf keinen Fall hätte ich mit dem gevögelt, holt er sich zurück. Auf keinen Fall hätte ich mich von dem anfassen lassen. Bin ich eine Fickmaschine, eine Vögelkarosse? Hanns lässt die Wut langsam kommen. Wenn Daniel jetzt neben ihm säße, bekäme der das ganze fette blaue Wunder zu spüren. Dieser Angstarsch, Bubi, Jammerlappen, Steifschechter. So ein Weichling, Knösel, Waschlappen, Schrumpfgermane. Gott, was liebt er diese Wörter, mit denen sich noch jeder fertigmachen lässt. Es hat sich wirklich gelohnt, diesen ganzen Scheiß zu sammeln und aufzuschreiben. Dass er abrufbar ist für die Wut, wenn sie ihn übermannt und nicht loslassen will.
    Hanns atmet schneller. Seine Hände trommeln den Takt zu all den Worten, die ihm jetzt für Daniel einfallen und für den Typen, der ihm damals in der Schwuchtelbar das Angebot gemacht hatte. So ein Paradeschwanz war |91| das, ein Saftarsch, dem das Herz in der Latte gelacht hatte nur beim Gedanken.
    Hanns starrt auf die Tür und sieht, wie Daniel rauskommt, immer noch die Hüften schwingend, wie er findet. Daniel lächelt und winkt mit der linken Hand. In der rechten trägt er irgendetwas. Das kann Hanns jetzt nicht erkennen, aber offensichtlich war der Bursche im Multiplex shoppen. Die blaue Wut verblasst, je näher Daniel kommt, und als er sich zum Auto runterbeugt und Hanns ein Eis durchs Fenster reicht, ist sie fast verflogen.
    Bist du da nur rein, um ein Eis zu kaufen, will der wissen. Daniel schüttelt den Kopf. Ich musste telefonieren, aber mein Akku ist alle. Hanns schaut auf das Eis und dann auf Daniel und sucht nach dem Sinn.
    Ich habe das Ladegerät mit, erklärt Daniel, und bin drin an eine Steckdose.
    Das wäre hier im Auto auch gegangen, sagt Hanns und sieht, wie dieser Satz Daniel eine kleine Verlegenheitsröte ins Gesicht malt. Hat er Geheimnisse, denkt er, will er irgendwas verheimlichen? Aber diese Vorstellung kommt ihm so absurd vor, dass er von ihr lässt und das Eis auspackt. Schon beim ersten Biss macht sich die Schokoladenhülle selbständig, und zwei Stückchen fallen auf sein rechtes Hosenbein. Daniel grinst und nimmt die Plättchen mit spitzen Fingern auf. Steckt sie sich in den Mund und sieht aus, als wollte er Hanns dafür küssen, dass er ihm die Schokolade vom Oberschenkel grapschen darf. Für eine kurze Sekunde flackert die Wut wieder auf, bevor sie endgültig verblasst. Erst hellblau wird und dann ins Weiß verschwindet.
    Geht’s auf, auf geht’s, sagt Hanns, und Daniel nickt. Sie fahren los und sind nur sieben Minuten später mitten in der Stadt. Sie stellen das Auto in der Nähe des Marktplatzes ab, der genauso aussieht, wie Hanns ihn sich vorgestellt hat. |92| Hübsch eben und belebt an diesem sonnigen Mittag. Ein paar Verkaufsstände suggerieren Betriebsamkeit. Hanns und Daniel laufen eine Runde und dann noch eine. Lassen sich einlullen von der kleinen Betriebsamkeit, die durch die Sonne noch eine Niedlichkeit hinzugewinnt, als sei alles nur für die beiden Männer aus der Hauptstadt inszeniert. Hanns weiß genau, wie es hier an einem verregneten Sonntag aussieht. Aber daran will er jetzt nicht denken. An den Verkaufsständen kann man sehen, wie die Leute hier sind, denkt er. Daran, was sie verkaufen. Wurst und Käse, gegrillte Hähnchen, Kräuter für Balkon und Garten, Keramik der scheußlichen Art, Schmuck aus Silber und Halbedelsteinen, Filztaschen und Seidentücher. Für eine kleine Stadt wie Frankenburg gar nicht so schlecht. Das Übliche und ein paar Nettigkeiten. An einem Stand kauft Hanns eine Körperlotion für Veronika. Sheabutter und Stutenmilch. Riecht gut, und die Flasche sieht hübsch aus. Ob er noch Honig möchte oder Sanddorngelee, will die Verkäuferin wissen. Deren Brüste sind so groß, dass er den Blick nicht abwenden kann. So große Titten hat er schon lange nicht mehr aus der Nähe gesehen. Unter dem fliederfarbenen Wallekleid der Verkäuferin verbergen sich zwei riesige Halbkugeln, die sich bei jedem Wort heben und senken, als führten sie ein Eigenleben. Hanns kann ein Stück von dem tiefen Spalt sehen, der beide Halbkugeln teilt. Als die Frau sich vorbeugt, um ihm das Wechselgeld zu

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