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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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lieben.
    Hanns kauft sich ein Fischbrötchen und ein Bier. Egal, dass noch frühe Stunde ist, zu früh für ein Bier, wenn man’s genau nimmt. Aber ihm gefällt es so. Und als Daniel zurückkommt, den Autoschlüssel wie ein Handtäschchen hin und her schwenkend, geht es ihm bereits richtig gut.
    Willst du auch ein Fischbrötchen, fragt er, und Daniel schüttelt lachend den Kopf.
    Ich hasse Fisch, damit kannst du mich jagen, wirklich. Aber dahinten gibt es Langos, kennst du das noch? Balatonlangos. Fidjelem, fidjelem. Daniel imitiert die unverständlichen Ansagen, von denen man sich am Balaton berieseln ließ, ohne zu verstehen, worum es jetzt wieder geht. Nur das Wort Langos ließ einen aufhorchen, das süße Teiggebäck war einfach zu gut.
    Gehen wir und kaufen Langos, sagt Hanns und setzt sich in Bewegung. In dem Moment klingelt sein Handy. Veronika. Hanns schaut Daniel verwundert an, als hätte der eine Erklärung dafür.
    Ja, sagt Hanns ins Telefon. Es ist klein hier. Wir sind erst eine Stunde da, aber ich glaube, ich kenne jetzt die ganze Stadt.
    Dann hört er zu, was Veronika zu sagen hat. Das geht dann schon, Vroni, sagt er. Ich werde mich hier einrichten. Daniel findet die Stadt sogar niedlich. Hanns lacht und zwinkert Daniel zu, der auch lacht, als sei dieses Gespräch vorher abgesprochen und liefe nun zur Generalprobe einmal durch.
    |96| Willst du heute Abend bei uns essen, fragt Hanns, und Daniel sieht ihm an, wie verwundert er über diesen Satz ist, den er nur sagt, weil Veronika in ausgesprochen haben muss.
    Ich hab was vor. Daniel sieht, wie diese Absage aufgenommen wird. Erleichtert. Hanns sieht erleichtert aus. Daniel dreht sich um und geht in Richtung Langos. Lässt Hanns stehen und telefonieren. So ist es besser. Gut ist es so.

|97| 9. Kapitel
    In der Klinik sagen sie, dass es kein Problem sein wird. Der Arzt, mit dem Veronika redet, sieht aus wie Dr. Best. Nur ohne Zahnbürste. Alt, tiefliegende dunkle Augen, eingefallene Wangen, gerader Rücken, weiße, leicht gewellte Haare. Fast will sie ihn auch so anreden. Mit Dr. Best. Passierte dem bestimmt nicht zum ersten Mal, denkt Veronika, während sie auf das Blatt Papier starrt, das der Arzt ihr hinlegt und auf dem er herummalt. Er schraffiert die Umrisse einer Gebärmutter aus, um ihr zu zeigen, was die vielen gutartigen Gewächse bei ihr aus der Geburtshülle gemacht haben. Eine nutzlose unbrauchbare Höhle, so groß wie die Faust eines Schwergewichtsboxers, unregelmäßig geformt, leicht geknickt, was nichts einfacher macht, innen eine hügelige unregelmäßige Landschaft, überwuchert von blutgefülltem und wassergetränktem Gewebe. Was kann sie damit noch anfangen? Veronika spürt die Reste einer alten Trauer. Wie nutzlos das alles war, murmelt sie, und der Arzt schaut auf von seinem Gekritzel.
    Sie haben keine Kinder, stellt er fest. Es kann keine Frage sein, denn dies alles steht in den Unterlagen, die sie mitgebracht hat. Also antwortet sie auch nicht. Lässt den Satz einfach stehen, und Dr. Best hakt auch nicht nach. Stattdessen zeichnet er drei kleine Punkte und erklärt, wie sie sich mit den Geräten in ihren Bauch vorarbeiten werden, während sie im Tiefschlaf liegt. Erst werden sie mit einer Sonde nachschauen, dann kommt das schwere Gerät und zerstückelt, was mal ihre Gebärmutter war, bevor es |98| nutzloses Gewebe wurde, zieht Stück für Stück des nutzlosen Gewebes raus. Später wird irgendjemand in irgendeinem Labor überprüfen, ob die Zellen für gesund erklärt werden können. Trotz aller Entartung.
    Dann ziehen wir hier zusammen und vernähen, hört Veronika den Arzt sagen und versucht sich wieder zu konzentrieren. Nach drei Tagen können Sie die Klinik verlassen, wenn alles gut läuft. Wissen Sie, sagt der Mann und lehnt sich im Stuhl zurück. Schiebt vorher noch das bemalte und bekritzelte Stück Papier zu Veronika rüber, falls sie es mitnehmen und jemandem zeigen möchte. Oder noch einmal nachdenken will, wer weiß. Wissen Sie, ich habe hier jeden Tag Frauen sitzen, die sind verzweifelt. Deren Lebensqualität ist so eingeschränkt. Die planen nichts mehr, weil sie sich nicht trauen, etwas zu planen. Ihre Wochen und Tage sind nur davon bestimmt zu bluten. Sie sind müde und blass, leiden unter Eisenmangel, haben kein Sexualleben mehr, wollen einfach nur, dass es aufhört. Sie kommen hierher, wenn alles andere versagt hat. Haben vieles ausprobiert, Kräuter, Kügelchen, Hormone, Spirale. Sie haben sich besprechen lassen und

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