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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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gesättigt wegen der Menge des Essens, und es würde nicht komisch aussehen, wenn sie immer einen Apfel oder eine Banane mitnahm. Vielleicht würde sie mit dem hartgekochten Ei ein wenig vorsichtiger sein müssen. Außer bei einem Picknick war es nicht leicht, in der Öffentlichkeit würdevoll ein hartgekochtes Ei zu schälen und zu essen.
    Letzte Woche, gerade als sie mit der Apfel-Bananen-Ei-Diät anfangen wollte, hatte der Lead-Gitarrist der Troggs für alle Fish and Chips bestellt, und Lola hatte mitessen müssen. Sie waren in einem kleinen Fish-and-Chips-Imbiss irgendwo in Nordengland gewesen, und Lola war es zu peinlich, die Banane, den Apfel und das Ei auszupacken, die sie tief unten in ihrer Tasche verstaut hatte. Lola war sechs Tage mit den Troggs auf Tournee gewesen. Sie konnte »Wild Thing« und
»I Can't Control Myself« nicht mehr hören. Lola mochte keine laute Musik. Sie bekam Kopfschmerzen davon.
    In ihrem Artikel über die Troggs hatte sie über deren explosiven Sound geschrieben und darüber, wie Reg Presley, der Lead-Sänger, mit seinen sinnlichen Auftritten und koketten Texten das Publikum umgarnte. Außerdem schrieb sie, dass die Troggs trotz ihrer vielen Hits unkompliziert und bescheiden seien. Von ihren Kopfschmerzen erwähnte sie nichts.
    Der Gedanke, zu versuchen, so dünn zu werden wie Twiggy, schüchterte Lola ein. Sie musste an Caramello-Riegel denken. Caramello-Riegel waren aus Milchschokolade und hatten eine dicke, beinahe flüssige Karamellfüllung. Lola vermutete, dass nur wenige der Menschen, die Twiggy umringten, in diesem Moment an Caramello-Schokolade dachten.
    Twiggys blaue Augen waren von den dichtesten schwarzen Wimpern umrahmt, die Lola je gesehen hatte. In den zwei Minuten, die sie mit Twiggy allein war, fragte Lola sie, woher sie diese Wimpern hatte. »Es sind ganz normale falsche Wimpern. Ich klebe drei Paar übereinander«, sagte Twiggy. Lola glaubte nicht, dass sie das ausprobieren würde. Sie glaubte nicht, dass sie geschickt genug wäre, drei Lagen Wimpern festzukleben.
    »Du bist so hübsch«, sagte sie zu Twiggy.
    »Ich kann mein Aussehen nicht ausstehen«, sagte Twiggy. »Ich finde, die Leute sind doch alle total verrückt geworden.«
     
    Mick Jagger machte die Tür auf. Er wirkte schmächtiger als auf der Bühne. Vielleicht ließ ihn die Tatsache, dass er beim Singen ständig in Bewegung war, größer wirken. Mick Jagger bewegte sich auf der Bühne pausenlos. Er schüttelte den Kopf, er wedelte mit den Armen. Er sprang über die Bühne und
hüpfte und tanzte. Strahlte Energie aus. Neben Mick Jagger wirkten die anderen Mitglieder der Rolling Stones beinahe statisch.
    »Hi«, sagte er. »Komm rein, ich bin ein bisschen müde. Ich war bis fünf Uhr morgens im Aufnahmestudio.«
    Lola war entzückt, dass Mick Jagger ein bisschen müde war. Auf der Bühne wirkte er wie jemand, der niemals müde wurde.
    Mick Jagger war dreieinviertel Jahre älter als Lola. Er war dreiundzwanzig. Und bei den Eltern von Teenagern auf der ganzen Welt verschrien. Lola verstand nicht ganz, warum. Weil er Schmachtlippen hatte und mit den Hüften wackelte, wenn er »Let's spend the night together« sang? In Amerika hatten die Rolling Stones den Text von »Let's spend the night together« zu »Let's spend some time together« ändern müssen, als sie im Fernsehen in der Ed Sullivan Show auftraten. Lola fand, dass die Forderung dumm war. Worüber machten sich die Produzenten der Ed Sullivan Show Sorgen? Glaubten sie tatsächlich, Hunderttausende Teenager würden losrennen und die Nacht miteinander verbringen? Lola glaubte das nicht. Sie dachte, dass es wahrscheinlich Mick Jaggers Hüften und sein herausforderndes Herumstolzieren waren, die ältere Männer auf die Palme brachten. Ältere Frauen möglicherweise auch.
    An diesem Morgen sprang Mick Jagger nicht herum und stolzierte auch nicht. Seine Bewegungen waren gelassen und entspannt. Die Wohnung kam Lola sehr groß vor. Sie wirkte ungefähr einen halben Häuserblock lang. Das Wohnzimmer war mit einem Teppich in einem neutralen dunklen Beige ausgelegt. Eine Wand war blau gestrichen. Neben einem langen Refektoriumstisch stand ein riesiger Plattenspieler mit Hunderten LP s.
    Mick Jagger deutete auf ein langes Sofa, einen Fünfsitzer. »Möchtest du dich nicht dorthin setzen?«, fragte er. Das Sofa kam Lola sehr niedrig vor. Sie mochte keine niedrigen Sessel und Sofas. Man konnte unmöglich darauf sitzen, ohne dass einem der Rock oder das Kleid

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