Lola Bensky
sympathisch.
»Ich habe damit angefangen, Lockenwickler zu benutzen, weil ich fand, es sei ein toller Stil«, sagte Jimi Hendrix. »Jetzt läuft jeder mit diesen Locken herum. Die meisten mit einer Dauerwelle. Ich habe nichts gegen Dauerwellen. Früher habe ich mein Haar glätten lassen, das wird mit der gleichen Lösung gemacht, die man auch für Dauerwellen benutzt.«
»Ich weiß«, sagte Lola. »Ich habe mein Haar früher auch damit glätten lassen. Aber dann konnte ich den Geruch der Dauerwellenlösung nicht mehr ausstehen.«
»Ich mochte den Geruch auch nicht«, sagte Jimi Hendrix.
Es war sehr befriedigend, sich mit Jimi Hendrix zu unterhalten, dachte Lola. »Wickeln Sie Ihre Haare in Reihen auf?«, fragte Lola.
»Nein«, sagte er. »Aber ich weiß genau, wo ich die Lockenwickler anbringen muss.«
Wo Lockenwickler angebracht wurden und ob in Reihen oder nicht, war nicht die Art von Unterhaltung, die Lola mit Jimi Hendrix zu führen erwartet hatte. Lola war sich ganz und gar nicht sicher, ob solche Themen das waren, worauf ihre Zeitschrift aus war.
»Wenn Sie wollen, können Sie heute Abend kommen, dann sehen Sie mich mit Lockenwicklern«, sagte Jimi Hendrix. Lola hatte über Jimi Hendrix' sexuellen Appetit schon viel gehört. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass man auf Sex Appetit haben konnte. Sie hatte gedacht, Appetit beziehe sich immer aufs Essen. Lola hatte gehört, dass Jimi häufig an einem einzigen Abend Sex mit mehreren Frauen hatte, manchmal waren auch alle gleichzeitig da, womöglich im selben Bett. Sie hatte außerdem gehört, dass er überall Sex hatte. Egal wo. Auf Fluren, in Garderoben, Badezimmern und oft in Anwesenheit anderer Leute, die in diesem Moment zufällig gerade da waren.
Lola glaubte nicht, dass ein spätabendlicher Besuch bei Jimi Hendrix eine gute Idee wäre.
»Vielleicht«, sagte sie.
»Sie sehen nicht so aus, als würden Sie das auch so meinen«, sagte Jimi Hendrix und grinste.
2 Lola stand vor Mick Jaggers Wohnung. Sie holte tief Luft und versuchte, ihren Bauch einzuziehen. Es klappte nicht richtig. Den Atem anzuhalten hieß nicht, dass der Bauch flach wurde. Sie wusste nicht, warum sie sich die Mühe machte. Irgendwann würde sie wieder atmen müssen. Und außerdem war kein anderer Teil ihres Körpers flach.
Gestern Abend war sie auf einem Empfang zu Ehren des Supermodels Twiggy gewesen. Twiggy war siebzehn und eines der dünnsten Mädchen, die Lola je gesehen hatte. Twiggys Arme und Beine waren so dünn, sie sahen aus, als wäre darin unmöglich genügend Platz für die Knochen, Muskeln, Gelenke, Sehnen, Venen und Arterien, die sie unterbringen mussten. Twiggy war im Begriff, die Figur zu verändern, die Frauen sich wünschten. Eine Veränderung, die Jahrzehnte anhalten sollte und beinahe jede Frau in der entwickelten Welt dazu brachte, eine Diät zu machen.
Twiggy war sehr hübsch. Ihre riesigen blauen Augen leuchteten, und ihr kurzgeschnittenes blondes Haar glänzte. Neben Twiggy kam Lola sich massiv vor wie ein Möbelstück. Wie ein ausladendes, schwerfälliges Möbelstück. Twiggy wirkte leicht wie ein Blatt. Es musste angenehm sein, so dünn zu sein, dachte Lola. Vermutlich fühlte man sich dem eigenen Herzen, den Lungen und Knochen näher. Lola fragte sich, ob diese Art von Nähe zu dem Stoff, aus dem man gemacht war, bewirkte, dass man sich in seiner Haut wohler fühlte. Weniger besorgt darum, wer man war. Die einzigen Knochen, die Lola spürte, waren die in ihren Handgelenken und Füßen.
Sie würde zehn Jahre Diät machen müssen, um so dünn zu werden wie Twiggy, schätzte sie. Gewöhnlich plante Lola Acht-bis-zehn-Wochen-Diäten. Dann zögerte sie deren Beginn hinaus. Meistens gab es ein Ziel. Momentan plante sie, in den drei Monaten bis zu ihrer Reise nach New York und zum Monterey International Pop Festival fünfundzwanzig Kilo abzunehmen. Den Beginn dieser Diät hatte sie bereits hinausgezögert.
Es war eine neue Diät, die sie sich ausgedacht hatte, als sie die Walker Brothers bei einem Auftritt »The Sun Ain't Gonna Shine Anymore« singen gehört hatte. Sie nannte sie die Apfel-Bananen-Ei-Diät. Jeden Tag würde sie, auf vier Mahlzeiten verteilt, sieben Bananen, sieben Äpfel und drei Eier essen. Dreimal am Tag würde sie zwei Äpfel, zwei Bananen und ein Ei essen, und einmal am Tag einen Apfel und eine Banane. Zusammen ergab das ungefähr 1640 Kalorien täglich.
Lola fand, dass diese Diät sehr vielversprechend klang. Sie wäre relativ
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