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Lolita (German)

Lolita (German)

Titel: Lolita (German) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Nabokov
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wieder beim Lesen ausführte, zum Beispiel mit ihrem Versuch, sich in der Rückenmitte zu kratzen, bei dem sie eine nur eben schattierte Achselhöhle entblößte - aber die dicke Haze verdarb plötzlich alles, indem sie sich mit der Bitte um Feuer an mich wandte und ein vorgebliches Gespräch über das verlogene Buch eines modischen Schwätzers anfing.
    Montag. Delectatio morosa. Die schwarzen Stunden, ach, vergehen mir in Schmerz und Schwermut. Wir (Mutter Haze, die Dolorese und ich) wollten heute nachmittag eigentlich an den Our-Glass-See fahren, um dort zu schwimmen und im Sand zu schmoren, aber ein perlmuttener Morgen entartete mittags in Regen, und Lo machte eine Szene.
    Es wurde ermittelt, daß Mädchen in New York und Chicago im Durchschnitt mit dreizehn Jahren und neun Monaten geschlechtsreif werden. Das Alter schwankt in einzelnen Fällen zwischen zehn, oder früher, und siebzehn. Virginia war nicht ganz vierzehn, als Harry Edgar von ihr Besitz nahm. Er gab ihr Rechenstunden. Je mHmagine cela. Sie verlebten ihre Flitterwochen in Petersburg, Florida. «Monsieur Po-Po», wie jener Junge in einer von Monsieur Humberts Pariser Klassen den Popoeten nannte.
    Ich besitze all die Merkmale, auf die - den Autoren zufolge, die über die sexuellen Interessen von Kindern geschrieben haben - kleine Mädchen fliegen: scharf abgesetzte Kiefer, muskulöse Hände, tiefe klangvolle Stimme, breite Schultern. Dazu kommt, daß man mir Ähnlichkeit mit einem Schnulzensänger oder Schauspieler zuschreibt, für den Lo schwärmt.
    Dienstag. Regen. Regensee. Mama ist einkaufen. Ich wußte, daß L. sich irgendwo ganz in der Nähe aufhielt. Mittels einiger verstohlener Manöver spürte ich sie im Schlafzimmer ihrer Mutter auf. Sie riß das linke Auge auf, um ein Staubkörnchen herauszuklauben. Kariertes Kleid. Obgleich ich ihren berauschenden braunen Duft liebe, finde ich doch, sie könnte sich manchmal die Haare waschen. Einen Augenblick lang befanden wir uns in dem gleichen warmen, grünen Bad des Spiegels, der den Wipfel einer Pappel mit uns im Himmel vereinte. Ich packte sie grob bei den Schultern, faßte sie dann zärtlich an den Schläfen und drehte sie zu mir herum. «Es ist hier», sagte sie, «ich fühle es genau.» -«Eine Schweizer Bäuerin würde die Zungenspitze nehmen.» - «Es auslecken?» - «Jo-a. Malversuchn?» -«Klar», sagte sie. Ich ließ meinen bebenden Stachel rings um ihren rollenden, salzigen Augapfel gleiten. «Prima», sagte sie und zwinkerte. «Es ist raus, Tatsache!» - «Jetzt das andre?» - «Quatsch», fing sie an, «da ist doch überhau ... », aber dann sah sie, wie meine näher kommenden Lippen zuckten. «Okay», sagte sie kooperativ, und der düstere Humbert neigte sich über ihr armes, rötliches, erhobenes Gesicht und preßte seinen Mund auf ihr flatterndes Augenlid. Sie lachte und fegte an mir vorbei aus dem Zimmer. Mein Herz war überall zugleich. Nie im Leben - nicht einmal, als ich meine Kinderliebe in Frankreich liebkoste - nie ...
    Nacht. Nie habe ich eine ähnliche Qual durchgemacht. Ich möchte ihr Gesicht beschreiben, ihre ganze Art - aber ich kann es nicht, weil mein Verlangen nach ihr mich blind macht, wenn sie mir nah ist. Ich bin, verdammt noch mal, nicht an den Umgang mit Nymphchen gewöhnt. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich nur ein fixiertes Detail, ein Standphoto, einen aufblitzenden niederen Liebreiz: Sie sitzt da, hebt ein Knie unter ihrem Schottenrock an und bindet sich den Schuh. «Dolores Haze, ne montrez pas vos dschambes» (dies von der Mutter, die glaubt, Französisch zu können).
    Poète à mes heures , schrieb ich ein Madrigal auf die rußschwarzen Wimpern ihrer blaßgrünen, leeren Augen, auf die fünf asymmetrischen Sommersprossen ihrer ge-krausten Nase, auf den blonden Flaum ihrer braunen Glieder; aber ich habe es zerrissen und kann es heute nicht mehr zusammenbekommen, Nur in den abgedroschensten Worten (Fortsetzung des Tagebuchs) kann ich Los Züge beschreiben; ich könnte sagen: ihr Haar ist kastanienbraun, und ihre Lippen sind so rot wie ein abgeleckter roter Bonbon, die Unterlippe hübsch aufgeworfen - ach, wäre ich doch eine schriftstellernde Dame, für die sie nackt im nackten Licht Modell stehen könnte! Statt dessen bin ich der schlaksige, starkknochige, wollbrüstige Humbert Humbert mit dichten schwarzen Augenbrauen, einem komischen Akzent und einer Senkgrube voll faulender Ungeheuer hinter seinem langsamen jungenhaften Lächeln. Und auch sie ist nicht

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