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Lolita (German)

Lolita (German)

Titel: Lolita (German) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Nabokov
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Little Rock, in der Nähe einer Schule; auf dem Milner-Paß, 3280 Meter hoch, in Colorado; an der Ecke Seventh Street und Central Avenue in Phoenix, Arizona; auf der Third Street, Los Angeles, weil die Karten für eine Art Filmstudio ausverkauft waren; in einem Motel namens Pappelschatten in Utah, wo sechs jugendliche Bäume kaum größer waren als meine Lolita und wo sie ä propos de rien fragte, wie lange es denn noch so gehen sollte, daß wir in stinkigen Bungalows wohnten und schmutzige Sachen miteinander trieben und uns nie wie normale Menschen benähmen? Auf dem North Broadway, Burns, Oregon, Ecke  West Washington, gegenüber von Safeway, einem Lebensmittelgeschäft. In einer kleinen Stadt im Sun Valley von Idaho, vor einem Backsteinhotel mit einer hübschen Mischung von blassen und rötlichen Ziegeln und auf der anderen Seite einer Pappel, die ihre flüssigen Schatten über die lokale Gedenktafel spielen ließ. In einer Sage-Brush-Wildnis zwischen Pinedale und Far-son. Irgendwo in Nebraska, auf der Main Street, dicht bei der First National Bank, gegründet 1889, mit Blick auf einen Eisenbahnübergang am Ende der Straße und auf die weißen Orgelpfeifen eines Silos dahinter. Und auf der McEwen Street, Ecke Wheaton Avenue, in einer Stadt in Michigan, die seinen Vornamen trägt.
    Wir machten Bekanntschaft mit der kuriosen Spezies der Autostopper - dem Homo pollex der Wissenschaft -mit all ihren Unterarten und Formen: dem bescheidenen Soldaten in funkelnagelneuer Montur, der ruhig wartet, ruhig auf den lokomotorischen Nutzen der Khakifarbe baut; dem Schuljungen, der zur übernächsten Straßenecke will; dem Mörder, der zweitausend Meilen weit fahren möchte; dem geheimnisvollen, nervösen älteren Herrn mit nagelneuem Handkoffer und gestutztem Schnurrbart; einem Trio optimistischer Mexikaner; dem jungen Studenten, der den Schmutz seiner Ferienlandarbeit mit dem gleichen Stolz zur Schau trägt wie den berühmten Namen seines College, der sich über die Brust seines Sweatshirts spannt; der verzweifelten Dame, deren Autobatterie soeben den Geist aufgegeben hat; den scharfgeschnittenen, blutleeren Gesichtern, pomadeglänzenden Haaren und unsteten Augen der jugendlichen Taugenichtse in grellbunten  Hemden und Jacken, die energisch, fast priapisch straffe Daumen hochrecken, um einsame Frauen zu verlocken oder trottelige Vertreter mit ausgefallenen Neigungen.
    «Den da wollen wir mitnehmen», bettelte Lo oft und rieb in der ihr eigenen Art die Knie aneinander, wenn ein besonders widerlicher pollex, etwa ein Mann meines Alters und meiner Schulterbreite, mit der face ä claques eines arbeitslosen Schauspielers unmittelbar vor unserer Motorhaube im Krebsgang vor uns herlief.
    Oh, ich mußte Lo scharf im Auge behalten, die leicht schwach werdende kleine Lo! Vielleicht infolge der dauernden Liebesgymnastik strahlte sie, ihrer sehr kindlichen Erscheinung zum Trotz, eine unerklärliche schmachtende Glut aus, die Tankstellenkerle, Hotelpagen, Urlauber, Flegel in Luxuswagen, bronzebraune Idioten an blaugefärbten Pools dazu trieb, sich in Krämpfen von Begehrlichkeit zu winden, welche meinem Stolz hätten schmeicheln können, hätten sie nicht meine Eifersucht verschärft. Denn die kleine Lo war sich dieser ihrer Ausstrahlung bewußt, und oft ertappte ich sie dabei, wie sie coulait un regard in Richtung irgendeines liebenswerten Mannsbilds, etwa des jungen Ölwechselaffen mit sehnigem, goldbraunem Unterarm und einem Uhrenarmband am Handgelenk, und kaum hatte ich den Rücken gekehrt, um eben dieser Lo einen Lolli zu kaufen, als ich sie und den schönen Mechaniker auch schon Witzworte wechseln hörte, als sängen sie ein Liebesduett.
    Wenn ich mich während eines unserer längeren Aufenthalte nach einem besonders feurigen Morgen im Bett ausruhte und ihr aus der Güte meines gesättigten Herzens erlaubte - nachsichtiger Hum! zusammen mit der häßlichen kleinen Mary eines Motelnachbarn und ihrem achtjährigen Bruder den Rosengarten oder sogar die Kinderbibliothek auf der anderen Straßenseite zu besuchen, so konnte es passieren, daß sie eine Stunde zu spät zurückkam, die barfüßige Mary weit hinter ihr her trödelte und das Brüderchen sich in zwei schlaksige, goldhaarige Schreckgestalten aus der High School verwandelt hatte, ganz Muskel und Gonorrhoe. Der Leser kann sich vorstellen, was ich meinem Liebling zur Antwort gab, als sie mich fragte - ziemlich unsicher, gebe ich zu -, ob sie mit Carl und Al zur Rollschuhbahn gehen

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