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Lolita (German)

Lolita (German)

Titel: Lolita (German) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Nabokov
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dürfe.
    Ich erinnere mich an das erste Mal - es war ein staubiger windiger Nachmittag -, als ich sie wirklich zu solch einer Rollschuhbahn gehen ließ. Sie war grausam genug zu sagen, daß es keinen Spaß machen würde, wenn ich mitkäme, weil um diese Tageszeit nur Teenager Zugang hätten. Nach langem Hin und Her schlossen wir einen Kompromiß: Ich blieb im Wagen, zwischen anderen (leeren) Wagen, die alle ihre Nasen der offenen, zeltgedeckten Rollschuhbahn zukehrten, wo etwa fünfzig junge Leute, viele paarweise, zum Lautsprecherge-dröhne endlos herum und herum rollten; und der Wind versilberte die Bäume. Wie die meisten Mädchen trug Dolly Bluejeans und weiße Schnürstiefel. Ich zählte die Runden der rollenden Menge - und plötzlich fehlte sie. Als sie wieder vorbeirollte, war sie mit drei Strolchen zusammen, die noch vor einer Minute am Außenrand der Bahn die Mädchen taxiert und ihr Hohngelächter über ein wunderschönes, langbeiniges junges Ding ausgeschüttet hatten, das in roten Shorts gekommen war statt in Jeans oder anderen langen Hosen.
    An den Kontrollstationen bei der Einreise nach Arizona oder Kalifornien starrte uns ein Schnüffler so durchdringend an, daß mein armes Herz aussetzte. «Was Süßes dabei?» forschte er, und jedes Mal kicherte mein honigsüßes Närrchen. Ich habe noch heute meinen ganzen zitternden Sehnerv entlang Visionen von Lo zu Pferde, einem Glied in der Kette eines geführten Ausritts auf einem Reiterpfad: Lo wippte im Sattel auf und nieder, vor sich eine alte Amazone, hinter sich einen lüsternen, rotnackigen Urlaubsranchmenschen; und hinter diesem ich, der ich den fetten Rücken im geblümten Hemd vor mir noch wütender haßte als der Automobilist den langsamen Lastwagen vor sich auf einer Bergstraße. Oder ich sah sie in einer Skistation auf einem ätherischen Sessellift von mir fortschweben, himmelwärts und allein, höher und höher hinan zu einem glitzernden Gipfel, wo lachende, bis zum Gürtel entblößte Athleten auf sie warteten, auf sie.
    In welcher Stadt wir auch hielten, immer zog ich sogleich in meiner höflichen europäischen Art Erkundigungen über die vorhandenen Natatorien, Museen, örtlichen Schulen ein, über die Anzahl der Kinder in der nächsten Schule und so weiter; und zur Schulbuszeit, lächelnd und mit leicht zuckendem Gesicht (ich wurde mir dieses tic nerveux erst bewußt, als die grausame Lo ihn nachäffte), parkte ich an einem strategischen Punkt, mein entlaufenes Schulmädchen neben mir, um die Kinder beim Verlassen des Schulgebäudes zu beobachten - immer ein hübscher Anblick. Derlei wurde meiner so leicht gelangweilten Lolita bald langweilig, und weil sie wie alle Kinder kein Verständnis für anderer Leute Marotten hatte, schimpfte sie auf mich und mein Verlangen, von ihr liebkost zu werden, während blauäugige kleine Brünette in blauen Shorts, Rotschöpfe in grünen Boleros und verwaschene, jungenhafte Blondinen in ausgeblichenen Leinenhosen im Sonnenschein vorübergingen.
    Als eine Art Zugeständnis befürwortete ich wann und wo irgend möglich den Besuch von Swimmingpools mit anderen kleinen Mädchen. Sie liebte glänzendes Wasser und war eine bemerkenswert geschickte Taucherin. Behaglich in meinen Bademantel gehüllt, ließ ich mich nach dem eigenen zimperlichen Bade im dichten nachmittäglichen Schatten nieder und blieb dort mit einer Buchattrappe oder einer Tüte Bonbons oder beidem oder mit nichts als meinen kribbelnden Drüsen sitzen, um sie gummibekappt, beperlt, sanft gebräunt umhertollen zu sehen, freudestrahlend wie eine Urlaubsreklame, mit enganliegendem Satinhöschen und elastischem BH. Zwölfjähriger Schatz! Wie selbstgefällig machte mich das Wunder, daß sie mein war, mein, mein, und beim Stöhnen der Trauertauben sann ich meiner mittäglichen Seance nach und sann auf die nächste am späten Nachmittag und kniff die sonnenge-speerten Augen zusammen, um Lolita mit den anderen Nymphchen zu vergleichen, die ein sparsamer Zufall zu meinem anthologischen Genuß und Urteil um sie gesammelt haben mochte; und heute drücke ich die Hand aufs kranke Herz und glaube nicht, daß auch nur eine von ihnen begehrenswerter war als sie, oder wenn es doch der Fall war, dann höchstens zwei- oder dreimal, in einer gewissen Beleuchtung, mit gewissen Düften in der Luft - einmal der aussichtslose Fall eines blassen, spanischen Kindes, der Tochter eines Aristokraten mit wuchtiger Kinnlade, und das zweite Mal - mais je diva-gue.
    Natürlich

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