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London Boulevard - Kriminalroman

London Boulevard - Kriminalroman

Titel: London Boulevard - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Believing«: »Strange Prayers in High Places«.
    Glauben Sie’s ruhig.
    Ich hatte meinen Arbeitsrhythmus gefunden und merkte gar nicht, dass ich am Schlafzimmerfenster angelangt war. Ich konnte ein Himmelbett sehen. Dann trat sie in mein Blickfeld, in einem seidenen Morgenmantel. Ich dachte:
    »Hoppla, ich verschwinde lieber.«
    Aber ich rührte mich nicht. Sie zog den Mantel aus. War splitterfasernackt. Ihr Körper noch toll in Form. Ich bekam einen Steifen. Dann zog sie sich langsam an. Schwarze Strümpfe und seidene Unterwäsche. Sie sah hoch, ein Lächeln deutete sich in ihren Mundwinkeln an. Ich stieg die Leiter hinunter, meine Gedanken lichterloh. Mary Black sang »Bright Blue Rose«, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Ich stellte die Leiter an ein anderes Fenster, machte dort weiter.
    Den Rest des Tages sah ich sie nicht mehr, aber sie hatte sich mir ins Gehirn gebrannt wie glühende Kohle. Um die Mittagszeit ging ich in die Küche. Auf dem Tisch standen Sandwiches bereit. Daneben eine Schale Obst. Im ganzen Haus kein Geräusch. Also aß ich alleine und ging anschließend zum Rauchen nach draußen.
    Jordan kam von vorne ums Haus herum. Ich sagte:
    »Sie machen nicht viel Krach.«
    »Nein, das ist nicht nötig.«
    Was soll man dazu sagen? Ich sagte nichts.
    Ich dachte: »Leck mich am Arsch«, und konzentrierte mich auf meine Kippe. Er stand da, beobachtete mich. Dann:
    »Sie machen Ihre Arbeit gut.«
    »Freut mich, dass Sie zufrieden sind.«
    Wieder Schweigen. Ich dachte, soll er doch bohren. Er fragte:
    »Gefällt es Ihnen hier?«
    »Was ...? Oh ... ist anders.«
    »Möchten Sie einziehen?«
    »Wie bitte?«
    »Nicht ins Haupthaus, aber über der Garage gibt es ein Zimmer, ein bisschen spartanisch, aber gemütlich. Mit Fernseher und Dusche natürlich.«
    Ich stand auf, fragte:
    »Meinen Sie das ernst?«
    »Sie müssten nicht mehr hin- und herfahren.«
    Ich wollte mir nichts verbauen. Wenn der Deal in Clapham platzte, würde ich froh sein, eine Alternative zu haben. Ich sagte:
    »Ich überleg es mir.«
    Als könnte er Gedanken lesen, sagte er:
    »Vielleicht dürfen Sie dann ja auch mal den Silver Ghost fahren.«
    Als ich wieder nach Clapham kam, hatte die Wirkung des Schweizer Pulvers nachgelassen, und ich war fix und fertig. Ein BMW parkte draußen vor meiner Wohnung. Getönte Scheiben. Die Tür ging auf, und Norton stieg aus, sagte:
    »Jemand möchte dich kennenlernen.«
    »Jetzt?«
    Meiner Stimme war die Irritation anzuhören, ich konnte nicht anders. Norton bremste mich, machte mir Zeichen leiser zu sprechen. Auf so was steh ich total. Er sagte:
    »Der Chef will dich persönlich kennenlernen.«
    »Ach was.«
    Ein großer Mann stieg aus. Er trug einen Kaschmirmantel, hatte pechschwarzes Haar, ein pockennarbiges Gesicht und war Ende sechzig. Er strahlte fast beiläufig Macht aus. Ein noch größerer Mann stieg auf der Fahrerseite aus. Muskelpaket.
    Norton sagte: »Mr. Gant, das ist Mitch.«
    Er streckte die Hand aus, ich schlug ein. Er sagte:
    »Schon viel von Ihnen gehört ... Mitch.«
    »Mr. Gant ... Ich dagegen habe absolut gar nichts von Ihnen gehört.«
    Er sah Norton an und lachte laut. So ein Lachen, bei dem man den Kopf in den Nacken wirft und so viele Zähne wie möglich zeigt. Norton sagte:
    »Sollen wir reingehen?«
    Ich schloss die Tür auf, ließ sie rein. Gant sah sich prüfend um, sagte:
    »Sie haben keinen Anrufbeantworter.«
    »Nein.«
    Er schnippte mit den Fingern nach Norton, sagte:
    »Kümmer dich drum.«
    Ich sagte: »Ich hol mir ein Bier. Möchten Sie auch was?«
    Norton und der Aufpasser lehnten ab. Gant sagte, er würde sich mir beim Bier anschließen. Ich ging und holte zwei, nahm noch ein paar Schmerztabletten. Gant fragte:
    »Darf ich mich setzen?«
    »Natürlich.«
    Er zog seinen Mantel aus, krempelte die Ärmel hoch. Man konnte ein Royal-Navy-Tattoo sehen. Er trank das Bier aus der Flasche. Ein normaler Arbeiter.
    Ich drehte mir eine. Er fragte:
    »Kann ich auch so eine haben?«
    Ich gab ihm die Gedrehte und Feuer. Er zog fest daran, sagte:
    »Ich rauche nicht viel, aber eins sag ich Ihnen: Selbstgedrehte sind das einzig Wahre.«
    Ich nickte, dachte, er würde jetzt endlich zum Punkt kommen. Er fragte:
    »Welchen Tabak haben Sie da?«
    »Golden Virginia, was sonst?«
    Wieder schnippte er mit den Fingern nach Norton.
    »Bestell eine Großpackung für Mitch.«
    Mir fiel ein, an wen Gant mich erinnerte. In der Matt-Scudder-Reihe von Lawrence Block gibt es eine Figur namens

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