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London Boulevard - Kriminalroman

London Boulevard - Kriminalroman

Titel: London Boulevard - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Mick Ballou. Ein Schlachter, der sich erbarmungslos seiner Feinde entledigt. Gleichzeitig ist er ein Arbeiter, der nichts lieber macht, als mit seinen Freunden einen trinken zu gehen.
    Der Fehler besteht immer darin zu glauben, er wäre einer von ihnen.
    Gant beugt sich vor, die Mann-zu-Mann-Tour, sagt:
    »Sie haben sich in Brixton hervorragend geschlagen.«
    Ich widerstand dem Impuls, mir an die gebrochene Nase zu fassen. Er fuhr fort:
    »Man muss Eier in der Hose haben, um sich einem halben Dutzend Kerlen entgegenzustellen.«
    Ich versuchte, bescheiden zu gucken. Was mir mit dem lädierten Gesicht nicht leichtfiel.
    Er sagte:
    »Ein Mann wie Sie sendet eine Botschaft aus. Deshalb werde ich Ihnen ein Hochhaus in Peckham anvertrauen.«
    Ich sah Norton an, er blieb völlig ungerührt. Ich sagte:
    »Ich fühle mich sehr geehrt, aber ich arbeite mich erst ein. Ich würde lieber noch eine Weile mit Billy zusammenbleiben, ein bisschen besser lernen, wie’s läuft.«
    Er grinste mich breit an, sagte:
    »Wunderbar. Aber ich will Leistung belohnen. Ich habe eine kleine Überraschung für Sie, mein Junge.«
    »Ach?«
    »Sind Sie am Mittwoch frei?«
    »Natürlich.«
    »Hervorragend. Billy wird Sie um sieben abholen. Sie werden nicht enttäuscht sein.«
    Er stand auf, Auftrag erledigt. An der Tür fragte ich:
    »Haben Sie schon mal was von Mick Ballou gehört?«
    »Von wem?«
    »Eine Romanfigur.«
    »Ich lese keine Romane.«
    Und weg waren sie.
    Dienstag, mir ging es allmählich besser. Ich ging zur Arbeit. Ich sah weder Jordan noch Lillian. Der Dienstboteneingang war offen, und meine Mahlzeiten standen auf dem Tisch. Ich arbeitete mein Tagespensum ab. Es war gespenstisch.
    Um die Mittagszeit machte ich einen Spaziergang runter nach Notting Hill Gate. Ich wollte einfach mal unter Leute. Ging ins Devonshire und trank ein kleines Bitter zu meinem Käsesandwich. Ich setzte mich ans Fenster, beobachtete den Rest der Welt. Mir gegenüber saß ein Hippie mit einem T-Shirt, auf dem stand:
    JOHN LEBT
    Yoko klebt
    Er gehörte zur Portobello-Road-Sorte. Lange strähnige Haare, schlechte Zähne. Das Gehirn hatte er sich bereits in den Sechzigern weggeblasen und die Füße seitdem nicht mehr auf den Boden bekommen. Schleppte eine zerfledderte Ausgabe von Beowulf mit sich rum.
    Er zeigte mir das Peace-Zeichen. Jedenfalls interpretierte ich es als solches. Vor ihm stand ein Guinness. Er sagte:
    »Du bist Arbeiter.«
    »Sieht man, hm?«
    »Die Hände, Mann. Gute ehrliche Arbeit.«
    Er musste es ja wissen. Ich nickte. Er sagte:
    »Working-Class-Hero, Mann.«
    »Meinst du?«
    »Mann, John hat wirklich alles gesagt ... hast du was zu rauchen?«
    Ich gab ihm eine Selbstgedrehte, er sagte:
    »Cool.«
    Zeit zu gehen. Ich sagte:
    »Bleib locker.«
    »Yo Bruder, willst du eine Uhr kaufen?«
    »Nee.«
    »Ist ne Rolex, Mann, ne Echte.«
    »Steh nicht auf Status.«
    »Ich auch nicht, Mann, aber versuchen muss man’s, oder? It’s easy if you try.«
    Dazu wäre mir eine Menge eingefallen, aber ich sagte nur:
    »Imagine.«
    War für ihn der Höhepunkt des Tages.
    Um vier war ich mit der Arbeit fertig, immer noch keine Menschenseele in Sicht. Ich dachte:
    (a) Sie vertrauen mir.
    (b) Sie stellen mich auf die Probe.
    So oder so, ich hab nichts gestohlen.
    Um die Wahrheit zu sagen: Ich hab mich eine Weile in den Silver Ghost gesetzt. Ein paar abgefahrenen Träumen nachgehangen. Der Wagen roch nach
    polierten Polstern
    Eiche
    altem Leder
    Wohlstand.
    Auf dem Weg die Einfahrt runter, drehte ich mich abrupt zum Haus um. Der Vorhang hinter dem Schlafzimmerfenster bewegte sich.
    Ich musste lächeln.
    Ich ging zu Oxfam in Notting Hill Gate und fand einen dunklen Anzug. Er passte sogar mehr oder weniger. Der Ehrenamtliche an der Kasse sagte:
    »Ach, das ist ja ein echter Glücksgriff.«
    »Eigentlich nicht, ich hab danach gesucht.«
    Glück hatte ich allerdings mit einer alten Penguin-Ausgabe von An einem hellen Morgen ging ich fort von Laurie Lee.
    Draußen vor dem Burger King verkaufte einer The Big Issue . Ich kaufte mir eine und sagte:
    »Heute Abend wird ein Big-Issue -Verkäufer beerdigt.«
    »Oh Mann ... wo?«
    »Peckham.«
    »Keine Chance, Alter, das ist mir zu gefährlich.«
    »Ich glaube, er würde sich freuen.«
    »Er ist tot, der freut sich über gar nichts mehr.«
    Ich war ungefähr zwanzig Minuten zu Hause, hatte
    geduscht
    ein Bier getrunken
    eine Schmerztablette geschluckt.
    Es tat nicht mehr weh.
    Ich zog den Oxfam-Anzug an. Die Ärmel waren zu

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