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London Boulevard - Kriminalroman

London Boulevard - Kriminalroman

Titel: London Boulevard - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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leblos. Ich glaube, das ist einer von den osteuropäischen Gangstern.«
    »So interessant das ist, Jeff, aber was hab ich damit zu tun?«
    »Hat sich nach dir erkundigt.«
    »Oh.«
    »Pass auf dich auf.«
    »Ja. Danke, Jeff.«
    »Du musst jemandem gewaltig auf den Sack gegangen sein.«
    »Dafür hab ich eine Begabung.«
    Ich ging in einen Blumenladen. Verlangte was mit Rosen, Orchideen, Tulpen. Der Verkäufer meinte:
    »Das wird nicht billig.«
    »Hab ich mich beschwert?«
    »Nein, aber ...«
    Ich legte sie in den Kofferraum und fuhr nach Peckham. Joes Grab war gepflegt, und eine aktuelle Ausgabe von The Big Issue in Klarsichtfolie lag drauf. Stimmte mich traurig.
    Ein Mann lief auf dem Friedhof herum, räumte auf. Ich ging zu ihm, sagte:
    »Hey.«
    »Selber Hey.«
    »Haben Sie sich um das Grab da drüben gekümmert?«
    »Was, wenn’s so wäre?«
    »Wollte mich nur bedanken.«
    Ich schälte ein paar Scheine aus der Tasche, und er nahm sie hastig. Wirkte Wunder hinsichtlich seines Verhaltens, denn er sagte:
    »Ein Grabstein würde einen Riesenunterschied machen.«
    »Könnte man das arrangieren?«
    Er zog einen Flachmann aus der Tasche, bot ihn mir an. Ich schüttelte den Kopf, er nahm einen Schluck, sagte:
    »Gegen die Kälte.«
    »Das glaube ich.«
    Steckte den Flachmann wieder weg, sagte:
    »Wenn Sie zu einem gewöhnlichen Steinmetz gehen, knöpft der ihnen einen Haufen Kohle ab. Ich kann das für die Hälfte regeln.«
    Ich schälte weitere Scheine ab, fragte:
    »Würden Sie’s machen?«
    »Mit Vergnügen. Welche Inschrift?«
    Ich dachte einen Augenblick nach, sagte:
    »Er war der Größte.«
    »Das ist alles?«
    »Ja.«
    »Kein Gedicht oder so? Ich hab ein paar heiße Verse in meinem Schuppen.«
    »Mit Gedichten konnte er nichts anfangen.«
    »Gut, ich kümmer mich drum.«
    Er zählte das Geld, sagte:
    »Das ist zu viel.«
    »Nein ... behalten Sie den Rest.«
    Als ich loswollte, fragte er:
    »Wieso vertrauen Sie mir?«
    »Wenn man nicht mal mehr einem Mann auf einem Friedhof trauen kann ...«
    Er schmunzelte leise, sagte:
    »Die schlimmsten Schurken liegen unter Ihren Füßen.«
    »Weise Worte«, sagte ich.
    Zurück in Holland Park, sank mein Adrenalinspiegel, und ich wollte mich unbedingt aufs Ohr hauen. Jordan kam mir entgegen, sagte:
    »Madame hat nach Ihnen gefragt.«
    »Okay.«
    »Aber sie ist nicht die einzige.«
    »Ach?«
    »Zwei Leute wollten Sie besuchen.«
    »Zusammen?«
    »Nein, einer war Polizist.«
    »Bailey.«
    »Ein unhöflicher Mensch.«
    »Zweifellos.«
    »Der andere war ... wie soll ich ihn beschreiben ...? Im Ungarischen, in der Umgangssprache, gibt es ein Wort - Zeitfel. Das bedeutet so viel wie ›eine Leiche, die noch herumläuft‹.«
    »Ein Zombie.«
    »Vielleicht. So jemand wird vom Bösen getrieben, Niedertracht ist sein Tatmotiv. Die Amerikaner haben auch einen Begriff dafür: Stone Killer.«
    »War er schwarz gekleidet?«
    »Ja.«
    Während ich die Information noch verdaute, sagte Jordan:
    »Als er ging, zeigte er auf die Ulme.«
    Jordan nickte in Richtung des riesigen Baums links der Einfahrt.
    »Und er sagte: ›Hüte dich vor Strange Fruit‹.«
    »Billie Holiday.«
    »Wie bitte?«
    »Sie hat einen Song über einen Mann gesungen, der gelyncht wurde, er hieß ›Strange Fruit‹.«
    Jordan griff in sein Jackett, zog einen Umschlag heraus, sagte:
    »Post haben Sie auch bekommen.«
    Brionys Handschrift. Ich sagte.
    »Danke.«
    Ich öffnete den Brief. Vorne drauf war ein trauriger Bär. Er hielt ein Schild mit der Aufschrift:
    ICH BIN TRAURIG
    Aufgeschlagen stand da Folgendes:
    Ach Mitch,
    du willst, dass ich gehe. Christopher Isherwood hat geschrieben:
    »Jede Kammer birgt den armen kleinen Geist einer tot geborenen Reputation. ›Geh fort‹ flüstert er, geh zurück woher du kommst. Hier gibt es kein Zuhause. Ich war eitel und habgierig. Man hat mir geschmeichelt. Ich habe versagt. Du wirst versagen. Geh fort.«
    Nur mein kleiner Hund hat mich lieb.
    XXX
    Bri
    Ich schätze, es hätte mehr Sinn ergeben, wenn ich gewusst hätte, wer Isherwood war. Oder worauf er hinauswollte.
    Ich lag auf dem Bett und dachte an Aisling. Ich musste sie unbedingt anrufen. Dann ging ich den Überfall noch einmal in Gedanken durch und den Moment, in dem mich der Idiot von hinten gepackt hatte. Einen Augenblick lang hatte ich wirklich abdrücken wollen.
    Zugegeben, ich war voll auf Droge. Ich war im Rausch gewesen und konnte nur hoffen, dass ich jetzt nicht noch mehr von dem Zeug haben wollte.
    Schlaf

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