Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
Vom Netzwerk:
frei. » Wie Sie w ü nschen, Mademoiselle. « Seine Miene nahm eine Arroganz an, die sie noch bei keinem anderen Menschen zuvor gesehen hatte. » Ihren Affaires will ich nicht im Wege stehen. «
    » Ausgezeichnet! « , rief sie und st ü rmte an ihm vorbei.
    Erst an der n ä chsten Stra ß enecke, Henry hatte die Haust ü r l ä ngst hinter ihr zugeworfen, bemerkte sie, dass sie immer noch keine Ahnung hatte, wie sie zum Bull Inn Court zur ü ckfinden sollte.

    Sie bem ü hte sich schlichtweg, denselben Weg zu nehmen, auf dem sie am Vorabend hierhergekommen war, und wenigstens das erwies sich als nicht allzu schwer. Als sie unter den Arkaden der H ä user auf die Piazza von Covent Garden trat, h ü llte sie der Morgen in ein Leben, das ihr schier den Atem nahm. Die Kaffeeh ä user in den Bretterbuden schienen kaum ü ber Nacht geschlossen gehabt zu haben. Nun dienten sie Markth ä ndlern und ihrer Kundschaft als Anlaufpunkt. In der zweiten Budenreihe hatten Obst- und Gem ü sehandlungen ihre Auslagen ge ö ffnet, dahinter waren weitere St ä nde errichtet worden. K ö rbeweise gab es Obst, Gem ü se, Keramik und Haushaltswaren zu erstehen, angepriesen von sauber gekleideten Marktfrauen mit leuchtend wei ß en Sch ü rzen und runden Strohh ü ten.
    Frances genoss es, kurz in das Treiben einzutauchen, sich von Leben umgeben zu lassen und nicht von dem Gedanken an den Tod. Dies hier war der einzige ihr bekannte Ort, den ihre Erinnerung bisher preisgegeben hatte. Die Gewissheit, auch fr ü her schon oft hier gewesen zu sein, hatte sich als warmes Gef ü hl in ihrer Brust festgesetzt. Sicher hatte sie Mutters Zugehfrau genauso zum Markt begleitet wie die kleinen M ä dchen mit ihren frisch gest ä rkten Hauben, die gerade vor ihr Zwiebeln einkauften.
    Zu dem Gedanken passte nicht ganz ihr pl ö tzliches Verlangen danach, gemeinsam mit einer Rotte ungewaschener Jungen einem zigfach geflickten Lumpenball hinterherzujagen, aber die Erinnerung an Ballspiele und den Geruch sauberer Leinenh ä ubchen gaben ihrer geplagten Seele einige seltsame Augenblicke lang Frieden. Etwas ä hnliches hatte sie nur versp ü rt, als sie vorhin auf dem Brett neben Henrys Fenster gesessen hatte und ihr die Stadt weit unten zu F üß en gelegen hatte.
    Warum nur musste der falsche Franzose denselben Namen tragen wie ihr Bruder? Jeder Gedanke an Henry Nicholls w ü rde nun auch unweigerlich die Erinnerung an den echten, ihren Bruder Henry mit sich bringen. Sie durfte diesen Mann nicht wiedersehen, auch wenn er freundlich gewesen war. Von nun an, w ü rde sie selbst daf ü r sorgen, dass sie sich in der Stadt zurechtfand. Das hatte sie fr ü her auch getan.
    Sie schob sich durch die Bretterbuden, trat zwischen die Marktst ä nde und fand sich hier von einer noch lauteren Kulisse umgeben. Die Sonnenuhr in der Mitte des Platzes versah im hellen Morgenlicht ausgezeichnet ihren Dienst. Acht Uhr. Es war noch so fr ü h, und dennoch schlug ein Meer aus Stimmen von Ausrufern und Marktfrauen, Karrengerassel und Hufgeklapper ü ber ihr zusammen. Darunter mischten sich zunehmend Gel ä chter und Gejohle.
    Direkt unterhalb der S ä ule mit der Sonnenuhr befand sich der Hauptquell des Tumults, der die Marktger ä usche so nachdr ü cklich ü berlagerte. Ein regelrechter Menschenauflauf hatte sich hier gebildet. Zun ä chst konnte Frances nicht erkennen, an was die Leute sich so sehr erg ö tzten, dass sie so johlten. Vor ihr balancierten Frauen gro ß e K ö rbe auf den K ö pfen, M ä nner trugen Kinder auf den Schultern, und dann endlich war sie weit genug vorne, um es selbst zu sehen: Eine feine Gesellschaft war das, die in der Mitte der Piazza ein ganz besonderes Spektakel bot.
    Zwei, angesichts ihrer Ladung ä u ß erst bemitleidenswerte Tr ä ger schleppten mit h ä ngenden Schultern zwischen sich eine S ä nfte einher, auf dessen Dach ein betrunkener Geck im losen Anzug hockte. In seiner Hand schwang er einen Spazierstock, als ob er der Taktgeber des ganzen Aufzuges w ä re. Seine Beine baumelten rechts und links vom S ä nftendach, seine Str ü mpfe waren herabgerutscht. Sie verbargen kaum die Frau im Inneren des Tragsessels, die Frances nicht einmal im Traum als Dame bezeichnet h ä tte. Ihr Kleid, wie auch ihr Mieder hatten den Kampf mit der F ü lle ihrer Oberweite l ä ngst aufgegeben, ihr Kinn ruhte fast auf ihren halb entbl öß ten Br ü sten. Ein Mann in der Uniform eines Offiziers dirigierte die S ä nfte und ihre Fracht durch die Menge der

Weitere Kostenlose Bücher