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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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beerdigt werden musste?
    » Wenn sich keine Angeh ö rigen finden, die die Leichenkosten bezahlen, dann wird die Bestattung von der Gemeinde ü bernommen. Und ich gehe davon aus, dass du nicht zahlen kannst. «
    Frances kam sich vor wie eine unwissende G ö re, als ihr bewusst wurde, dass sie Mrs. Thompson mit aufgerissenen Augen anstarrte. » Was … was machen sie denn dann mit ihm? «
    Die Alte winkte ab. » Sie werden eine der Armengruben aufmachen und ihn oben reinlegen. Das ist nicht besonders sch ö n, aber so ist es nun mal, Sch ä tzchen. «
    » Das will ich nicht! « , rief Frances. » Was kostet denn ein Begr ä bnis? «
    » Tja, so viele hatten wir noch nicht, dem Himmel sei Dank « , sagte Mrs. Thompson und ignorierte den alarmierten Blick, den Henry ihr zuwarf. » Vielleicht drei oder vier Pfund? «
    Frances war, als h ä tte ihr jemand den n ä chsten Schlag versetzt. Vielleicht hatte das Schicksal befunden, dass der letzte schon zu lange her war. Apathisch schob sie ihren Stuhl zur ü ck. » Soviel habe ich nicht « , murmelte sie.
    » Hauptsache, er kommt wie ein guter Christenmensch unter die Erde, hm? « , meinte Mrs. Thompson. Sie klang gutm ü tig, und sicher meinte sie es auch so, aber das ä nderte f ü r Frances nichts.
    » Ich kann meinen Bruder doch nicht in einem Loch verscharren lassen! «
    Henry legte ihr die Hand auf den Arm. » Nein, nat ü rlich nicht « , sagte er betont. Der scharfe Seitenblick, den er seiner Vermieterin dabei zuwarf, entging Frances nicht. » Und das wird er sicher auch gar nicht. «
    » Ach was, das passiert heutzutage so vielen. Sie saufen, sie sterben, und dann lassen sie Frau und Kinder zur ü ck. Wenn man nicht in einen dieser Begr ä bnisvereine eingezahlt hat, kommt eine h ü bsche Rechnung auf die Hinterbliebenen zu. Oder man w ä hlt die Armengrube. Und ich w ü sste nicht, was daran so besonders schlimm sein soll. Man merkt es ja nicht mehr. «
    » Nein, bitte, das will ich nicht! « Frances sprang auf. Vor ihren Augen erschien wieder das Gesicht ihres Bruders. Diesmal sah es sie aus einem hastig aufgew ü hlten Loch heraus an, w ä hrend Erde auf die bleichen Z ü ge herabregnete.
    » Sehr feinf ü hlig, Mutter Thompson! « , zischte Henry.
    » Was denn? So ist es doch. Ich sag nur, wie es ist! «
    » Danke f ü r das Essen « , murmelte Frances. Sie tastete sich am Tisch entlang zur T ü r und verlie ß dann fluchtartig die K ü che. Ihr Schritte polterten auf den Treppenstufen ins Erdgeschoss. Ihr war seltsam flau im Kopf und auch im Bauch, fast so, als ob ihr Mieder zu eng geschn ü rt w ä re, aber sie h ö rte noch, dass jemand ihr folgte.
    Mrs. Thompsons Stimme drang aus der K ü che: » Moment mal, Henry, wolltest du mir nicht erz ä hlen, was mit deinem h ü bschen Gesicht passiert ist? «
    Die Schritte hinter ihr wurden schneller. » Ich wei ß nicht, warum ich mich ausgerechnet hier eingemietet habe « , schrie Henry die Treppe hinunter.
    » Weil es dich schlimmer h ä tte treffen k ö nnen? «
    Mit einem ver ä chtlichen Laut schlug Henry die T ü r hinter sich zu, die vom Flur aus zur Kellertreppe f ü hrte. Er erreichte Frances gerade noch an der Haust ü r, griff nach ihrem Arm und hielt sie fest.
    » H ö r nicht auf ihr Gerede. «
    » Hat sie denn nicht Recht? «
    Er sagte nichts und gab ihr damit die beste Antwort.
    » Vielleicht sollte es mir egal sein, ich habe ihn kaum gekannt … aber er hat gesagt, dass er f ü r mich da sein w ü rde, und w ä re er an meiner Stelle gewesen, h ä tte er sicherlich auch nicht zugelassen, das ich in eine Grube geworfen werde. «
    » Was willst du denn jetzt tun? «
    » Was ich tun will? « , fragte sie aufgebracht. Sie sch ü ttelte den Kopf. » Ich wei ß es nicht. Ich brauche Geld, ich muss arbeiten, irgendetwas. «
    » Aber …«
    Er sah sie schon wieder so komisch an! Dabei war sie so w ü tend und traurig, wie konnte er nun etwas Schlechtes von ihr denken? » Nein, nein, keine Sorge, ich werde meine Meinung ü ber Madam Margrets Angebot sicher nicht ä ndern. Nur weil sich jeder hier verkauft, muss ich es doch noch lange nicht tun! Ich bin nicht so wie du! « Sie wollte verletzend klingen, um ihren eigenen Schmerz zu bet ä uben. » Irgendetwas wird sich in dieser Stadt wohl finden lassen, das nichts mit deiner abscheulichen Auffassung von Arbeit zu tun hat. « Damit streifte sie seine Hand ab, deren Griff ohnehin locker geworden war, und ö ffnete die Haust ü r.
    Steifbeinig gab er den Weg

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