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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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schon immer so gro ß und grobschl ä chtig gewesen. Einmal hatte er ihren Bruder so schlimm geschlagen, dass dessen Gesicht eine Woche lang geschwollen gewesen war, und das nur, weil sie und Henry anscheinend im falschen Moment die Stube betreten hatten. Sie erinnerte sich jetzt noch an Mutters Gesicht, als sie sich das Schn ü rmieder vor ihren Br ü sten zugehalten hatte …
    Frances blieb stehen und schrie abermals.
    Collin versuchte, von ihr wegzukommen, aber sie griff nach seiner Jacke. » Das hat nichts mit dir zu tun « , brachte sie hervor.
    » Nein? «
    » Dieser Coustance ist ein Ekel! «
    » Und trotzdem willst du f ü r ihn arbeiten? «
    Sie funkelte Collin an. » Ich hab keine andere Wahl. « Wenn sie mehr ü ber Matthew erfahren wollte, dann war Jacob Coustance die einzige Adresse in dieser ganzen verdammten Stadt. Gro ß er Gott, wie sehr sie ihn verabscheute! H ä tte sie ihn nicht in dieser Art und Weise ü ber Matts Verschwinden sprechen h ö ren, sie h ä tte ihm durchaus zugetraut, dass der Verleger ihm selbst etwas angetan hatte.
    Angetan … Was wenn niemand Matthew etwas angetan hatte? Wenn das alles nur eine einzige gro ß e Verschw ö rung war? Angezettelt von ihrer Mutter, von Matthew und Mr. Coustance? Und sie die einzig Unwissende …
    Frances war sicher, wenn sie jetzt weiterschreien w ü rde, dann w ü rde ihr wirklich die Luft wegbleiben. F ü r immer.

    Nach ihrem Besuch bei Pastor Golley war Frances sicher, dass der Tag nicht mehr schlimmer werden konnte. Henrys Begr ä bnis war gesichert und bezahlt, aber anstatt erleichtert oder gar stolz zu sein, war ihr nur elend zumute.
    » Gleich bin ich zuhause! « , fl ü sterte sie sich selbst Mut zu.
    » Aye, und wenn wir es bis dorthin geschafft haben, hast du wirklich einen Grund, dich zu freuen « , meinte Collin, der wieder die F ü hrung ü bernommen hatte.
    » Besserwisser! « Was wusste er schon dar ü ber, wie es in ihr aussah?
    » Was tust du eigentlich, wenn du mal niemanden zum Beschimpfen hast? «
    Missmutig trat sie gegen die blanken Schweineknochen, die vor einem sch ä bigen Metzgergesch ä ft ausgekippt worden waren, damit die Stra ß enhunde sie sich holten. Sie musste sich sehr zusammenrei ß en, um ihre Schuhspitze nicht in Collins Allerwertesten zu bohren.
    Obwohl sie ihrer alten Heimat sehr nah sein musste, wollte nicht einmal ihre gegenw ä rtige Umgebung dazu beitragen, ihre Laune zu verbessern. Das Licht zog sich aus immer mehr Ecken und Winkeln zur ü ck, so als l ä ge ihm nichts daran, hier den Boden zu ber ü hren. Es musste Jahrhunderte her sein, dass sich die Kirche St. Giles in the Fields , die sie eben verlassen hatten, in etwas anderem als einem Gewirr aus engen Stra ß en und G ä sschen befunden hatte. Die wenigen Gesch ä fte um sie herum kamen Frances vor wie Au ß enposten der Zivilisation, obwohl es sich dabei gr öß tenteils um Ginschenken und Brandybuden handelte.
    Viele der L ä den befanden sich in Kellergeschossen, die nur ü ber br ü chige Stiegen erreicht werden konnten. Und wer hier keinen Schnaps verkaufte – wie die Kesselflicker, Zinnpolierer und Str ü mpfestopfer – , der hockte mit seiner Arbeit vor dem Eingang seines kleinen Ladens auf Stra ß enniveau. In den d ü steren L ö chern fand sich wohl kaum genug Licht f ü r irgendeine sinnvolle T ä tigkeit.
    Ein dumpfes Gef ü hl machte sich in Frances breit, eine Mischung aus Unglauben und dem Wunsch, etwas wiedererkennen zu wollen. Wie konnte es nur sein, dass es in ihrer Erinnerung hier so anders ausgesehen hatte? Sie schaute auf den Henkel ihres Korbes hinunter, den sie schon geraume Zeit zwischen den Fingern drehte. » Wird man hier nicht leicht schwerm ü tig? « , fragte sie Collin, der f ü r ihren Geschmack ein wenig zu schweigsam geworden war.
    » Hier? « Mit Augen, so gro ß , dass sie ihm jederzeit aus dem Kopf kullern konnten, sah er sich um. » Na, hier ganz sicher nicht. Wir sind gerade mal in den Au ß enbereichen von St. Giles . Aber du willst ja zur Ivy Street , Missy. «
    Worauf auch immer er nun schon wieder anspielte, es war ihr egal. Sie schwenkte den Korbgriff hin und her.
    » Du scheinst mir jetzt schon ein wenig schwerm ü tig geworden zu sein. «
    Hatte sie dazu denn keinen Grund? » Mein Bruder ist tot! « , rief sie. Und sie n ä herten sich ihrem alten Zuhause. Aus irgendeinem Grund schien ihr das auf einmal bedrohlich.
    » Ja, aber der Pfaffe hat dir doch einen guten Preis gemacht. Zwei Pfund f ü r ein

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