London Hades
ihre Hand durch die Wanne pfl ü gen und schaufelte ihm mit der triefenden Rechten Badewasser entgegen.
Henry duckte sich unter dem Schwall hinweg, aber sie sah mit Genugtuung, das noch gen ü gend Wasser seine frisch frisierten Haare streifte. Sie wartete, bis er sich wieder aufgerichtet hatte.
» Ich meine, wenn ich mir die Haare streng zur ü cksteckte und einen Hut aufsetzte und M ä nnerkleider anz ö ge, w ü rde man mich dann f ü r einen Mann halten? «
» Bestenfalls f ü r einen Knaben. « Er tippte ihr gegen die Stirn. » Was geht da in deinem Kopf vor? «
» Ich werde morgen Abend ins George and Vulture gehen. Als Gast. «
Sie wartete auf Henrys Spott, aber der kam nicht. Er sah sie blo ß nachdenklich an und brachte sie damit in Erkl ä rungsnot. » Ich m ö chte mir diese Herren ansehen, die zu dem Clubtreffen gehen. Ich will herausfinden, ob sie dazu f ä hig w ä ren, Matthew etwas anzutun. Und vielleicht gelingt es mir ja, zu sehen, was sie da treiben, oder mit ihnen ü ber Matthew zu sprechen. «
Henry schwieg immer noch.
» Ich m ö chte nur verhindern, dass mein Verlobter in der Gosse endet, mit blasphemischen Zeichen gebranntmarkt, wie mein Bruder. « Jetzt, da sie es ausgesprochen hatte, wurde ihr erst bewusst, wie gro ß ihre Angst davor war.
» Ich glaube nicht, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun hat « , sagte Henry, aber hinter seiner Stirn arbeitete es ganz offensichtlich. » Es kursieren zwar diverse Ger ü chte ü ber die gottesl ä sterlichen Praktiken des Hell-Fire Clubs . Aber London liebt solche Geschichten: Teufelsanbetung und dunkle Riten, das ist ein gefundenes Fressen f ü r die Leute. Auf den Stra ß en zerrei ß en sie sich die M ä uler ü ber so etwas. «
» Meinst du, da ist etwas dran? «
» Den meisten Geschichten liegt ein wahrer Kern zugrunde, Frances. Ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass ausgerechnet Nathans Onkel sich mit einem Club abgibt, der mit satanischen Opferungen den Heerscharen der H ö lle huldigt. «
Auf einmal fror sie. Sie zog die T ü cher ü ber den Wannenrand bis an ihren Hals heran. » Ich mache mir Sorgen um Matthew « , gestand sie.
» Ich wei ß . « Er musste ihr Zittern bemerkt haben, denn er unterbrach sich und sah sie sehr genau an. » Ist dir kalt? «
Sie nickte abwesend.
» Du wirst dich verk ü hlen. « Henry sprang sofort auf und war mit wenigen Schritten hinter dem Paravent. » Komm aus der Wanne heraus! «
Langsam stand sie auf und wickelte sich dabei in die T ü cher, die ü ber der Wanne gelegen hatten. Ihr Kopf war voll verwirrender Bilder von Matthew und Satansanh ä ngern und d ü steren Opferriten. Sie nahm zur Kenntnis, dass Henry zur ü ckkehrte, den Hausmantel von dem Stuhl nahm, ü ber dem er gehangen hatte, und ihn ihr um die Schultern legte. Vorsichtig rieb er ihre Arme durch den Stoff hindurch trocken. » Es ist schrecklich, jemanden zu verlieren, an dem einem sehr viel liegt, und sich daf ü r verantwortlich zu f ü hlen « , sagt er nachdenklich. » Soll ich dich begleiten? «
Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hob den Kopf. » W ü rdest du das tun? «
» Immerhin bin ich nun schon dein Ziehbruder, nicht wahr? «
» Ich entbinde dich gerne von dieser Verpflichtung …«
» Ja? « Henry hob die Augenbraue. Seine H ä nde lagen nach wie vor warm und Sicherheit verhei ß end auf ihren Oberarmen.
» Nein. « Sie war versucht, sich ganz einfach gegen ihn sinken zu lassen. Aber stattdessen straffte sie sich, trat einen Schritt zur ü ck und sagte: » Also gut. Du kannst mitkommen. Jedenfalls, wenn du selbst noch etwas zum Anziehen findest, nachdem du mir einen Anzug geliehen hast. «
Kapitel 10
I n einer beschisseneren Lage hatte er sich selten wiedergefunden. Zun ä chst war Collin nicht ganz sicher, ob sein Kopf ü berhaupt noch richtig funktionierte, denn als es ihm endlich gelang, die geschwollenen Augenlider zu bewegen, hatte sich die Welt um ihn herum gedreht.
Was hatten die mit ihm gemacht?
Erfolglos versuchte er, den Kopf zu heben. Dann bemerkte er, dass seine nackten Arme zu beiden Seiten seiner Ohren hinunterhingen, dass Blut daran entlanggelaufen und getrocknet war. Und sein Sch ä del f ü hlte sich in etwa so schwer an wie einige Pfund rohes Fleisch.
Sie hatten ihn an den F üß en aufgeh ä ngt! War er eine beschissene Fledermaus, oder was?
» Macht mich los! « , br ü llte er. » Ihr Arschl ö cher! Kommt zur ü ck und macht mich los! «
Hilflos ruderte er mit den Armen
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