London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
dass du mir vertraust?«, fragte er sie zum Abschied.
»Nein. Das war nur eine Dummheit.« Aber sie sagte es nicht so, als hielte sie es wirklich für eine Dummheit.
»Hast du noch Urlaub, Charlotte?«
»Warum?«
»Na ja, ich dachte, wir könnten vielleicht ein paar Tage zusammen wegfahren. Wenn das alles vorbei ist.«
»Vielleicht. Und wohin würden wir fahren?«
»Weiß nicht. In irgendein Land, mit dem wir kein Auslieferungsabkommen haben, das lockere Bankgesetze hat und eine lange durchlässige Grenze.«
»Hört sich gut an«, sagte sie.
Der Wind um den Archway Tower wehte ihnen Plastiktüten und alte Zeitungen zwischen die Beine. Wie dumm von ihm, anzunehmen, dass ihre Beziehung noch länger andauern könnte, dachte er. Aber es war schon eine Zeit lang her, dass er überhaupt ähnliche Gefühle gehabt hatte. Wenigstens hatte er diese Beziehung von vornherein verhindert.
»Erst will ich dieser Sache auf den Grund gehen«, sagte Charlotte. »Meinst du, unsere Flucht kann noch so lange warten?«
»Sicher«, sagte er.
37
Private Sicherheitsdienste hatten in den letzten achtzehn Monaten Riesengeschäfte gemacht. Belsey betrat die Räume von PS Security durch lautlos aufgleitende Schiebetüren und sah sofort, dass man die Inneneinrichtung generalüberholt hatte. Hinter dem Schreibtisch am Empfang prangte das Firmenlogo, auf einem Beistelltisch lagen die Financial Times und der Economist . Das Logo war eine stilisierte Version der Justitia mit ihrem Schwert, die über der Kuppel des Old Bailey aufragte. Es gab Privatdetekteien, die sich zurückhaltend präsentierten, und es gab solche, die den Kunden mit technischen Spielereien und gerahmten Schwarz-Weiß-Fotografien der Hauptstädte Europas zu blenden suchten. Starr hielt es mit der zweiten Variante. In gewisser Weise war diese Fassade die bessere. Sie suggerierte, Spionage verlasse sich auf geschmeidigen Professionalismus und nicht auf die Gunst korrupter Informanten.
»Ich möchte Chris sprechen«, sagte Belsey.
»Er hat gerade einen Kundentermin, aber er wird gleich für Sie da sein.«
Belsey setzte sich und nahm eine Firmenbroschüre vom Beistelltisch. Das Titelfoto zeigte eine Weltkugel, die von einem Laptop und einem Fingerabdruck umkreist wurde. Im Innern stellte sich PS Security vor. Die führende private Detektei und Ermittlungsagentur im Herzen Londons operiert seit 25 Jahren im Finanzzentrum der Welt.
Eine Lüge.
Unsere Privatdetektive und Privatermittler unternehmen Nachforschungen jeder Art, speziell in den Bereichen Finanzen und Wirtschaft sowie bei straf- und zivilrechtlichen Streitfällen. Wir beraten Sie vertraulich, per Telefon und persönlich, ohne jede Verpflichtung. Sie werden in uns einen verständigen und professionellen Partner finden.
Die Dienstleistungen umfassten: Ehe- / Familienangelegenheiten, elektronische Lauschabwehr, Adoptio n / Elternsuche, Computerkriminalität, Forensik. Einige Tochterunternehmen boten handfestere Dienste an: Begleitschutz, Bodyguards, Babysitter für Milliardäre auf Städtereise.
Belsey legte die Broschüre zurück und nahm sich den Eco nomist vor. Fünf Minuten später kam ein Mann, der einen beigen Anzug trug, mit hochrotem Kopf aus Starrs Büro. Ihm folgte ein untersetzter Mann in grauem Anzug, der eine durchsichtige Plastiktüte mit Papierschnitzeln in der Hand hielt. Der Mann trug Spitzbart; den Nacken zwischen Rückgrat und glatt rasiertem Schädel polsterten rosa Fleischwülste. Seine Polizistenaugen musterten Belsey mit unverhohlenem Misstrauen. Im nächsten Augenblick erschien Starr in der Tür. Grinsend streckte er Belsey die Hand hin.
»Kommen Sie rein, Nick.«
Starrs Ausstrahlung war zwielichtig geworden, seine strotzende Gesundheit etwas zu protzig. Und trotzdem, er konnte einen immer noch blenden. Er hatte gegeltes Haar und trug einen blauen Anzug mit passender Krawatte. Er verkörperte alles, was man sich von einem gut gekleideten Privatdetektiv erwartete, und das ließ Belsey frösteln.
»Was kann ich für Sie tun?« Starr winkte Belsey ins Büro und deutete auf einen Stuhl. Belsey schloss die Tür und setzte sich. Starr setzte sich auch.
»Ich bin auf der Suche nach meinen leiblichen Eltern.«
»Wer ist das nicht? Meine schulden mir noch dreitausend.«
»Wie läuft das Geschäft?«
»Unglaublich, ehrlich.« Starr strahlte ihn mit weißen Zähnen an. An seinem Haaransatz war ein feiner Schweißfilm zu sehen. Er schaute auf seine Uhr. »Also, was kann ich für Sie
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