London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
fünf Tagen einen neuen Pass beantragt, im Schnellverfahren.
»Achtundvierzig-Stunden-Schnellverfahren?«
»Richtig. Sehr ungewöhnlich, Sir«, sagte der Beamte.
»Was kostet so was?«
»Zweihundert.«
»Wann war sie zuletzt außer Landes?«
»Vor drei Jahren.«
»Und ganz plötzlich will sie auf Auslandsurlaub?«
»Sieht so aus, Sir.«
Belsey verließ sein Büro und ging zum Tatort. Übertragungswagen mit Satellitenschüsseln drängelten sich vor den umliegenden Patisserien. Er spürte, dass eine sensationelle Geschichte in der Luft hing, eine Welle, die jeden Moment über ihren Köpfen zusammenschlagen konnte. Blut macht Schlagzeilen. Aber was sonst noch?
Belseys Magen verkrampfte sich. Seit dem Wetherspoon hatte er nichts Anständiges mehr gegessen.
Zehn Uhr. Die ersten Reporter drängten ins Stadtteilzentrum von Hampstead. Sie hatten den Aufbau eines Bücherfloh markts gestoppt, stattdessen sah man jetzt Kabel, Kameras und ein Durcheinander aus orangefarbenen Plastikstühlen. North- wood kam zehn Minuten zu spät und ging gleich nach vorn. Er schwitzte. Belsey blieb an der Tür stehen, außerhalb von Northwoods Blickfeld. Es war gerammelt voll, aber doch so leise, dass er das Surren der Technik hören konnte. Ihm kam der Gedanke, dass auch Charlotte da sein könnte. Er sah sie nicht. Northwood räusperte sich.
»Ich werde mich kurzfassen. Ausführliche Informationen erhalten Sie heute Mittag. Heute Morgen um sieben Uhr fünfundvierzig kam es zu einem Zwischenfall mit Schusswaffengebrauch im Starbucks in South End Green. Ein Angestellter und ein Gast wurden von Kugeln getroffen. Der Gast war eine junge Frau. Das Royal Free Hospital hat heute Morgen um acht Uhr dreißig ihren Tod festgestellt. Wir haben es also mit einer Morduntersuchung zu tun.«
Belsey spürte, wie sich ein leiser Nervenkitzel im Raum ausbreitete: eine Tote, eine Geschichte, die Geschichte eines toten Mädchens.
»Bevor wir nicht die Familien unterrichtet haben, kann ich Ihnen keine Namen nennen. Der genaue Ablauf der Ereignisse ist im Augenblick noch unklar. Anscheinend wurden mindestens fünf Schüsse abgegeben, von außerhalb in das Café hinein. Die Ermittlungen konzentrieren sich auf mehrere Personen, die dabei gesehen wurden, wie sie kurz nach dem Vorfall das Areal zu Fuß verließen. Wir appellieren an alle Bürger, denen Verdächtiges aufgefallen ist, sich zu mel den.« Belsey runzelte die Stirn. Hatte er richtig gehört? North wood fuhr fort: »Wir appellieren an jeden, der die für diese schreckliche Tat verantwortlichen Personen kennt, sich zu melden. Haben Sie keine Angst, tun Sie, was richtig ist. Es muss jemanden geben, der weiß, warum ein junges Mädchen heute Morgen sein Leben lassen musste. Alle Hinweise werden absolut vertraulich behandelt.«
Er gab die Telefonnummer von Crimestoppers, einer ge meinnützigen Organisation für Verbrechensbekämpfung, und die Nummer der Einsatzzentrale durch. Dann forderte er die Journalisten auf, Fragen zu stellen.
»Aus wie vielen Waffen wurden die Schüsse abgegeben?«
»Wir warten noch auf das Ergebnis der Untersuchungen.«
»Wissen Sie schon, welche Art von Waffen benutzt wurden?«
»Noch nicht. Unsere Ballistiker überprüfen das gerade.«
»Ist die verletzte Person männlich oder weiblich?«
»Männlich. Über das Alter kann ich Ihnen noch nichts sagen.«
»Wie alt war das tote Mädchen?«
»Bevor wir nicht mit den Angehörigen des Opfers gesprochen haben, werde ich keine weiteren Einzelheiten nennen.«
»Besteht möglicherweise eine Verbindung zu der Schießerei letzte Woche in Chalk Farm?«
»Darüber haben wir noch keine Erkenntnisse. Das ist eine von vielen Fragen, denen wir nachgehen. Natürlich untersuchen wir alle verfügbaren Spuren, um dieses Verbrechen aufzuklären. Sie, meine Damen und Herren von der Presse, spielen dabei eine ganz wesentliche Rolle. Ich möchte Sie um Geduld bitten.« Northwood schaute auf seine Armbanduhr und sagte: »Ich hoffe, dass ich Ihnen heute Abend Genaueres mitteilen kann.« Er erhob sich und ignorierte jede weitere Frage.
Belsey drehte sich um und verließ vor der Meute den Saal. Draußen fasste ihn jemand am Arm.
»Nick.« Belsey schaute in die hellen Augen von Miranda Miller von Channel Five News. Er kannte sie aus einer Bar in Soho, in der sie früher beide regelmäßig verkehrt hatten. Der Laden war so heruntergekommen, dass ihm sogar ein Polizeibeamter zu mehr Klasse verhalf. Damals war er noch Constable in Uniform und
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