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London NW: Roman (German Edition)

London NW: Roman (German Edition)

Titel: London NW: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zadie Smith
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den rauchten sie gemeinsam. Sie wollte sie ermuntern, ihr etwas zu erzählen, irgendwas, von den Leuten, die das Haus bewohnten, aber sie ließen sich nicht von dem abbringen, was sie »baggern« nannten. So ’ne Frau muss man doch anbeten, Mann. Bist du bereit, dich anbeten zu lassen, sista? In meinen Augen bist du ’ne Göttin. Ich besorg’s dir die ganze Nacht, Baby. Bis du mich anflehst, aufzuhören. Bis morgen früh um sechs. Ey, Dinesh, Mann, ich muss um acht auf Arbeit sein.
183. Neuigkeiten
    Natalie Blake feuerte Anna und stellte Maria ein, die aus Brasilien kam. Der Keller war fertig ausgebaut. Maria zog dort ein. Ein neues Spielfeld erkaufter Zeit tat sich auf. Natalie und Leah gingen zum Iren.
    »Und, was gibt’s Neues bei dir?«, fragte Leah Hanwell.
    »Nicht viel«, sagte Natalie Blake. »Und bei dir?«
    »Alles beim Alten.«
    Natalie erzählte von einem jungen Typen, der im Park geraucht hatte, und betonte dabei ihr eigenes heldenhaftes Aufbegehren gegen das anhaltend ungehobelte Benehmen. Sie erzählte, wie kleinlich und unglücklich ihre gemeinsame Bekannte Layla Dean geworden war, sanft bemüht, sich selbst, Natalie Blake, dabei in ein möglichst schmeichelhaftes Licht zu rücken. Sie erzählte von den Vorbereitungen der Kinder auf den Karneval und konnte dabei kaum vermeiden zu betonen, wie ausgefüllt und glücklich ihr Leben war.
    »Nur will Cheryl unbedingt, dass alle ›Cousinchen‹ zusammen auf einem Wagen von der Gemeinde mitfahren. Ich will aber auf keinen Fall auf einen Gemeindewagen!«
    Leah plädierte für Natalies Recht, Religiosität in der Maske von Karnevalsfreuden abzulehnen. Leah erzählte, wie unmöglich sich ihre Mutter wieder mal benommen habe. Natalie plädierte für Leahs Recht, sich über die Vergehen ihrer Mutter zu ärgern, so geringfügig sie auch sein mochten. Leah erzählte eine lustige Geschichte über Ned von oben. Sie erzählte eine lustige Geschichte über Michels Hygienegewohnheiten. Natalie registrierte besorgt, dass Leahs Geschichten keinen bestimmten Schwerpunkt hatten, keine Ziele verfolgten.
    »Hast du eigentlich dieses Mädchen noch mal gesehen?«, fragte Natalie Blake. »Die dich so reingelegt hat – an der Haustür?«
    »Ständig«, sagte Leah Hanwell. »Ich sehe sie ständig.«
    Gemeinsam leerten sie zwei Flaschen Weißwein.
184. Erwischt
    »Was soll das sein? ›[email protected]‹? Was zum Teufel soll das sein? Ein Märchen?«
    Sie standen einander in der Diele gegenüber. Er hielt ihr ein Blatt Papier unter die Nase. Keine zwei Meter entfernt probten ihre Kinder und die Cousinchen mit Cheryl und Jayden Tanzschritte, die am nächsten Morgen auf dem Karnevalswagen zum Einsatz kommen sollten. Marcia nähte Pailletten und Federn an neonfarbene Leggings. Als sie die lauten Stimmen hörten, hielten die zahlreichen Mitglieder von Natalie Blakes Familie in ihrer Tätigkeit inne und schauten in die Diele hinaus.
    »Bitte lass uns nach oben gehen«, sagte Natalie Blake.
    Sie gingen eine Treppe hoch bis ins Gästezimmer, das in reizvoll marokkanischem Stil gehalten war. Natalie Blakes Mann packte sie sehr fest am Handgelenk.
    »Wer bist du?«
    Natalie Blake versuchte, ihr Handgelenk zu befreien.
    »Du hast da unten zwei Kinder. Sei verdammt noch mal erwachsen. Wer bist du? Ist das echt? Wer zum Teufel ist wildinwembley? Was ist das alles da auf deinem Rechner?«
    »Was machst du denn an meinem Rechner?«, fragte Natalie Blake mit schwacher Stimme, lächerlicher Stimme.
185. Weiter
    Frank saß mit dem Rücken zu ihr auf dem Bett, eine Hand vor den Augen. Natalie Blake stand auf und verließ das Gästezimmer und schloss die Tür. Ein merkwürdiges Gefühl der Ruhe folgte ihr nach unten. Im Erdgeschoss, in der Diele, stieß sie mit Maria, der Brasilianerin, zusammen, die sie immer noch mit demselben dumpfen Erstaunen musterte wie in der Woche zuvor, als sie eingetroffen war und feststellen musste, dass die Haut ihrer Arbeitgeberin um einiges dunkler war als ihre.
    Durch die Diele, wo auf einem Beistelltisch ihr Laptop stand, der Bildschirm für jeden sichtbar aufgeklappt. Vorbei an ihrer Familie, die ihr hinterherrief. Sie hörte Frank die Treppe herunterrennen. Sie sah ihren Mantel über dem Geländer hängen, Schlüssel und Handy in der Tasche. An der Tür bot sich noch einmal die Gelegenheit, etwas mitzunehmen: Sie sah ihr Portemonnaie auf dem Dielentisch liegen, die Oyster-Card, noch einen Schlüsselbund. Sie ging ohne alles aus dem Haus und schloss die

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