London NW: Roman (German Edition)
Das heißt: Ich steh auf Polinnen .«
»Oh. Bist du Pole?«, fragte Tom zweifelnd.
Das fand Felix ausgesprochen komisch. Er ließ sich wieder auf seinen Platz fallen und brachte eine ganze Zeit damit zu, die Frage zu wiederholen und dabei vor Lachen auf den Tisch zu klopfen, während Tom schweigend an seinem Pint nippte wie ein kleiner Vogel an einer Pfütze.
»Nee, Tom, nee, ich bin kein Pole. Alteingesessener Londoner. Die hab ich vor ’ner Ewigkeit gemacht – war so ’ne Geschäftsidee. Fünf Jahre ist das her – oder weißt du was? Sind schon sieben. Mann, die Zeit rast! Ehrlich gesagt war die Idee eigentlich von meinem Alten, ich war mehr so ... der Geldgeber«, sagte Felix zögernd, denn das war eine etwas großspurige Art, seine Tausend-Pfund-Investition zu beschreiben. »Jedes in der richtigen Sprache. Ich steh auf Spanierinnen auf Spanisch, Ich steh auf Deutsche auf Deutsch, Ich steh auf Italienerinnen auf Italienisch, Ich steh auf Brasilianerinnen auf Brasilianisch ...«
»Portugiesisch«, warf Tom ein, aber die Liste ging noch weiter.
»Ich steh auf Norwegerinnen auf Norwegisch, Ich steh auf Schwedinnen auf Schwedisch, Ich steh auf Waliserinnen auf Walisisch – das war mehr so als Witz gemeint, kapierst du? Ziemlich böse, aber du weißt schon, was ich meine ... Ich steh auf Russinnen auf Russisch, Ich steh auf Chinesinnen auf Chinesisch. Aber es gibt natürlich zwei Arten Chinesisch – wissen die wenigsten, mir hat’s mein Kumpel Alan gesteckt. Die muss man dann natürlich beide haben. Ich steh auf Inderinnen auf Hindi, und dann hatten wir noch verschiedene auf Arabisch und Ich steh auf Afrikanerinnen auf ... ich glaub, das war Yoruba oder so was. Die Übersetzungen hatten wir aus dem Netz.«
»Aha«, sagte Tom.
»Dreitausend hab ich davon machen lassen und bin damit nach Ibiza, um sie zu verkaufen. Stell dir mal vor, du läufst durch Ibiza mit so ’nem Ich-steh-auf-Italienerinnen-T-Shirt auf Italienisch! Da räumst du richtig ab.«
Als er die Idee jetzt wiedergab, mit Lloyds Begeisterung, so wie Lloyd sie ihm ursprünglich vermittelt hatte, hätte Felix fast vergessen können, dass sie keineswegs abgeräumt hatten, dass er seine Investition verloren hatte, mitsamt dem tollen Job bei dem kleinen Thai, den er auf Lloyds Drängen hin aufgegeben hatte, um nach Ibiza zu fahren. Zweitausendfünfhundert T-Shirts lagerten noch in der Garage von Lloyds Cousin Clive unter den Bahnbögen von King’s Cross.
»Und was ist mit dir, Tom?«
»Wie, was ist mit mir?«
Felix grinste. »Mach hier mal nicht auf schüchtern. Welches wär was für dich? Jeder hat doch so seinen Typ. Soll ich mal raten? Ich wette, du hast es gern brasilianisch.«
Tom, den das glitzernde Edelmetall in Felix’ Mund etwas aus dem Konzept brachte, meinte: »Ich sag mal: französisch«, überlegte dabei, wie die wahre Antwort lautete, und fand das verstörend.
»Französinnen. Geht klar. Ich geb dir noch eins gratis mit dazu. Hab noch ’n paar.«
»Verkaufe nicht ich dir was?«
Felix streckte den Arm über den Tisch und klopfte Tom auf die Schulter.
»Aber klar doch, Tom, klar doch.«
Das Wort »Drogen« hing noch in der Luft. Tom ließ es hängen.
»Und, bist du verheiratet, Felix?«
»Noch nicht. Aber ich hab’s vor. Ist das deine Frau, die dich da ständig anruft?«
»Lieber Himmel, nein. Wir sind erst seit neun Monaten zusammen. Ich bin fünfundzwanzig!«
»In dem Alter hatte ich schon zwei Kinder«, sagte Felix und hielt Tom kurz das Startbild seines Handys hin. »Das sind sie, so richtig im Sonntagsstaat. Felix junior, der ist schon halb erwachsen, fast vierzehn. Und Whitney ist neun.«
»Hübsch sind sie«, sagte Tom, obwohl er gar nichts gesehen hatte. »Du bist bestimmt sehr stolz.«
»Ehrlich gesagt, seh ich sie selten. Wohnen bei der Mutter. Wir sind nicht mehr zusammen. Und ehrlich gesagt, komm ich mit der Mutter auch nicht gut aus. Das ist so ’ne richtig ... Oppositionelle.«
Tom lachte, bis er merkte, dass Felix das nicht als Witz gemeint hatte.
»Entschuldige ... ich ... das ist nur einfach ein richtig guter Ausdruck. Ich glaube, mit so was habe ich es auch zu tun. Mit einer Oppositionellen.«
»Weißt du, wenn ich zu Jasmine sage, der Himmel ist blau, dann erzählt sie mir, er ist grün, verstehst du?« Felix kratzte am Etikett seiner Limoflasche. »Sie hat jede Menge Psychoprobleme. Ist im Heim aufgewachsen. Meine Mutter war auch im Heim – genau dieselbe Kiste. Das macht was mit einem.
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