London Road - Geheime Leidenschaft
Stolz sagten mir, dass Braden recht hatte. Würde Murray uns wirklich in Ruhe lassen, wenn wir ihm Geld gaben? Oder würde er früher oder später wieder auftauchen und mehr verlangen? So war er immer schon gewesen: Er sackte alles Bargeld ein, was zu Hause herumlag, tauchte dann für ein paar Tage ab und kam zurück, sobald er blank war. Endgültig verschwunden war er erst, nachdem Onkel Mick ihn krankenhausreif geschlagen und uns unter seinen Schutz gestellt …
»Onkel Mick!«, rief ich aufgeregt und umklammerte Joss’ Hand so fest, das ich ihr fast die Finger brach.
»Mick?« Braden runzelte verständnislos die Stirn.
Ich nickte. »Mick. Ich erlaube nicht, dass ihr Murray Geld gebt. Er wird das als Schwäche werten und immer wieder die Hand aufhalten. Nein.« Ich sah die beiden an. Leider brachte ich wegen der Platzwunde an meiner Lippe kein triumphierendes Lächeln zustande. »Es gibt nur einen Menschen, vor dem Murray Walker jemals Angst hatte. Und er glaubt, dass dieser Mensch in den Vereinigten Staaten ist.«
Braden grinste breit. »Mick.«
»Mick.«
Braden wandte sich an Joss und deutete mit dem Kopf zur Tür. »Los, wir ziehen uns an. Wir fahren mit Jo zu Mick, und dann werden Mick und ich diesem Mr Walker einen kleinen Besuch abstatten.«
»Nein, Braden, ich will nicht, dass du …«
Er hob die Hand, um mich am Weiterreden zu hindern. »Ich habe nicht die Absicht, mich mit ihm zu prügeln.« Seine Augen verfinsterten sich. »Mick und ich werden bloß … ein ernstes Wörtchen mit ihm reden.«
»Sollen wir Cam anrufen?«, fragte Joss, als sie und Braden aufstanden.
Als ich Cams Namen hörte, fuhr ein Schmerz durch meinen Körper, der viel schlimmer war als all meine körperlichen Schmerzen. Meine Wangen begannen zu glühen, und ich gestand leise: »Zu ihm bin ich als Erstes gegangen. Er war mit Blair beschäftigt.«
Ein kurzes Schweigen trat ein, während die zwei die Bedeutung meiner Worte sacken ließen, dann stieß Braden einen Fluch aus. Er ging an Joss vorbei, drückte ihre Schulter und schenkte ihr ein wölfisches Grinsen, das jedoch nicht seine Augen erreichte. »Besser, ich polstere mir die Knöchel. Wie’s aussieht, bekommt meine Faust es heute Nacht mit mehr als einer Visage zu tun.« Nach dieser Ankündigung marschierte er aus dem Zimmer, vermutlich, um sich anzuziehen.
Ich sah ihm nach und fragte mich, ob er wirklich das gemeint hatte, was ich vermutete.
Joss lächelte dünn. »Er macht nur Spaß. Braden prügelt sich nicht. Also … jedenfalls normalerweise …« Sie machte ein nachdenkliches Gesicht. »Allerdings geht sein Beschützerinstinkt manchmal mit ihm durch. Er hasst Männer, die ihre Frauen schlagen. Und Männer, die ihre Frauen betrügen … Aber er macht nur Spaß …« Ihr Blick wanderte zur Tür, durch die er verschwunden war. »Glaube ich.«
Das Caledonian gehörte zur Waldorf-Astoria -Kette und war extrem nobel. Um sicherzustellen, dass uns niemand aufhielt, hatten sich Joss und Braden entsprechend gekleidet, und ich versteckte mich auf dem Weg durch die Lobby die ganze Zeit hinter Joss. Mittlerweile war es halb fünf Uhr morgens. Braden grüßte den Mann an der Rezeption mit einem knappen, geschäftsmäßigen Nicken, und dieser Gruß, kombiniert mit seinem äußeren Erscheinungsbild – er trug einen schwarzen Armani-Trenchcoat über Anzughosen und Hemd –, schien den Mann davon zu überzeugen, dass wir hierhergehörten.
Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, als wir mit dem Lift in den vierten Stock fuhren. Es war mir unangenehm, Joss, Braden und Mick in den Schlamassel mit hineinzuziehen, andererseits tat ich es ja nicht für mich, sondern für Cole. Wenn es galt, meinen Bruder zu beschützen, ging ich über Leichen, das war allgemein bekannt. Ein Glück für mich, dass Joss, Braden und Mick wirklich etwas an mir lag. Ich wusste, dass sie mir auch geholfen hätten, wenn ich sie nicht darum gebeten hätte.
Vor Micks Hotelzimmer klopfte Braden laut an die Tür. Joss legte mir den Arm um die Schultern und zog mich an sich. Der Druck auf meine Rippen entlockte mir einen Schmerzenslaut, und Joss stammelte sofort eine Entschuldigung. Wäre ich nicht so sehr damit beschäftigt gewesen, nach Luft zu schnappen, hätte ich mich sicher darüber amüsiert, wie oft sie sich selbst als »Volldepp« bezeichnete.
Es wurde geöffnet, und ich fiel aus allen Wolken, als ich Mick hellwach und vollständig angezogen in der Tür stehen sah. Er musterte mich mit
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