London Road - Geheime Leidenschaft
unglücklich.«
Schlagartig verflog ihre Leichtigkeit. »Meine Sorge ist, Jo, dass du auch nicht glücklich bist.«
Wieder hatte ich einen Moment lang das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Ich starrte angestrengt über Joss’ Schulter hinweg auf die Wand, wo unser wöchentlicher Schichtplan umrahmt von hausinternen Mitteilungen und Telefonnummern am Anschlagbrett hing. Als ich wieder frei atmen konnte, sah ich sie an. »Ich weiß, dass Malcolm mich glücklich machen wird.«
»Ist das dein Ernst?« , fragte der Blick, den sie mir daraufhin zuwarf. »Na, das klingt ja ziemlich lauwarm. Ihr seid seit über drei Monaten zusammen. Mittlerweile müsstest du doch wissen, ob du ihn liebst oder nicht.«
Ich warf meinen Spind zu. Es wurde Zeit, in die Bar zu gehen, wir machten gleich auf. Ich dachte an die Szene in der Umkleidekabine von Harvey Nichols am Vormittag, und aus irgendeinem Grund riss mir der Geduldsfaden. »Nicht alle Beziehungen sind wie die von dir und Braden oder Ellie und Adam. Es dreht sich nicht immer nur alles um heißen Sex und totale Hingabe. Manchmal zählen eben auch Ruhe und Sicherheit und Wärme. Das heißt nicht, dass solche Beziehungen weniger wert sind.«
Joss ging mit kritisch gerümpfter Nase an mir vorbei. »Ruhe und Sicherheit und Wärme? Wir reden hier nicht von einem alten Opa mit Rollator und Wolldecke. Wir reden von Sex und Liebe.«
»Wer redet von Sex und Liebe?« Cams tiefe, raue Stimme fuhr mir direkt in den Unterleib.
Ich vermied, ihn anzusehen, als ich hinter den Tresen trat.
Ich hatte gehofft, dass meine bisherige Reaktion auf ihn vielleicht bloß eine Ausnahme gewesen war, aber das war eindeutig nicht der Fall – seine Nähe versetzte meinen Körper regelrecht in Schwingungen. Allmählich bekam ich Schuldgefühle, weil ich mich so stark zu ihm hingezogen fühlte.
»Jo und ich«, antwortete Joss barsch. Sie war immer noch gefrustet. Gegen die Theke gelehnt, starrte sie mich an, aber im schummrigen Licht konnte ich ihre Miene nicht deuten.
Cam hob eine Braue und warf mir einen ähnlich unergründlichen Blick zu. »Ärger im Paradies?«
Da er die Frage ausnahmsweise ohne jeglichen Hohn gestellt hatte, ließ ich mich dazu herab, ihm zu antworten. »Nein, alles in Ordnung. Joss hat bloß gerade wieder mal ihre zehn Minuten.«
Sie grummelte irgendetwas, aber mittlerweile kamen schon die ersten Gäste, zunächst einzeln, dann in Scharen, und bald waren wir zu beschäftigt, um uns weiter zu unterhalten.
In den ersten zwei Stunden schaffte ich es wie durch ein Wunder, Cams Teil der Bar zu meiden. Ich arbeitete am anderen Ende, und Joss’ Platz war in der Mitte. Hin und wieder, wenn wir uns nahe genug kamen, um uns über die Musik hinweg hören zu können, wechselte ich ein paar Worte mit ihr. Braden, Ellie und Adam kamen vorbei und setzten sich an ihren angestammten Tisch direkt gegenüber der Theke, damit Braden und Joss Augensex haben konnten. Ich wiederum tat erfolgreich so, als wäre mein Körper sich nicht jeder von Cams Bewegungen bewusst und als würde ich nicht jedes verführerische Lächeln bemerken, das er an hübsche weibliche Gäste verschenkte – ganz zu schweigen von der Art, wie seine Jeans seinen göttlichen Arsch umspannten, wann immer er sich nach irgendetwas bückte, oder wie sein T-Shirt hochrutschte, wenn er nach einer neuen Flasche Jack Daniels griff, und den Ausblick auf seinen flachen Bauch freigab.
Ich hatte recht gehabt: Da steckten tatsächlich einhundert Prozent pure Muskeln unter dem T-Shirt.
Ich malte mir aus, wie es wäre, wenn er nackt auf einem Bett läge, wo sein stahlharter Körper und seine golden gebräunte Haut nur darauf warteten, dass ich mich mit ihnen vergnügte. Ich würde beim sexy V seiner Hüften beginnen, mit meiner Zunge darüberfahren, feuchte Küsse auf seinen wohlgeformten Oberkörper pressen, seine Brustwarzen liebkosen und spüren, wie er hart wurde …
»Jo!«
Jäh wurde ich aus meinem Tagtraum gerissen und verschüttete den frischen O-Saft, den ich aus dem Kühlschrank geholt hatte. Die Röte stieg mir ins Gesicht, als ich mich nach Joss umsah.
Sie musterte mich nachdenklich lächelnd. »Du warst ganz woanders. Darf man fragen, wo?«
Ich wurde noch röter und schielte vorsichtig zu Cam, der gerade einen Gast bediente. Ich war dankbar für die schummrige Beleuchtung, die meine glühenden Wangen verbarg, doch leider hatte Joss meine Verlegenheit und den vielleicht doch nicht ganz so unauffälligen Blick in Cams
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