London Road - Geheime Leidenschaft
konnte.
Er hatte recht. Das grüne Etuikleid von Lanvin sah atemberaubend aus.
Hinterher fuhr Malcolm mit dem Taxi zu einem Neubaugelände, das er besichtigen wollte. Er machte einen kleinen Umweg, damit er mich vor meiner Wohnung absetzen konnte. Dass ich ihn nicht mit hereinbitten würde, wusste er. Ich war also gewappnet für das Abendessen mit Becca und Cam am Samstagabend. Na ja, zumindest hatte ich eine Designer-Rüstung und Malcolm als Puffer.
Den heutigen Abend allerdings würde ich ohne Rüstung und Puffer überstehen müssen.
Ich verwünschte das hektische Flattern der Schmetterlinge in meinem Bauch, als ich an meine bevorstehende Schicht mit Cam dachte und an alles, was ihm einfallen könnte, um noch ein bisschen mehr auf meinem zerbrechlichen Selbstwertgefühl herumzutrampeln.
Ich brauchte dringend ein dickeres Fell.
Auf dem Weg in den Club beschlich mich ein dumpfes Gefühl, und als ich die Bar betrat und sah, wie Cam und Joss beim Gläserpolieren zusammen lachten, wäre ich am liebsten sofort umgekehrt. Die Szene schnürte mir förmlich die Luft ab.
Was wurde hier gespielt?
Ich ging die Stufen hinunter zum Barbereich, duckte mich unter den Tresen und warf den beiden ein flüchtiges Begrüßungslächeln zu, bevor ich mich in den Pausenraum verdrückte. Zwei Sekunden später war Joss bei mir. Die Musik dröhnte in ohrenbetäubender Lautstärke aus den Boxen, bis ich hörte, wie Brian jemandem zubrüllte, er solle den Krach leiser stellen, und der Lärm auf ein erträgliches Maß sank.
»Was ist los? Als du eben reingekommen bist, hast du ein Gesicht gemacht, als hättest du in eine sehr saure Zitrone gebissen«, stellte Joss fest.
Ich zog mir grinsend die Jacke aus. »Echt? Kann ich mir gar nicht erklären.«
»Weil du Angst hast, ich könnte versuchen, dich mit Cam zu verkuppeln.«
»So? Hab ich denn Grund dazu?«
Joss verzog das Gesicht. »Okay, das reicht mit dem Sarkasmus. Pass auf, ich halte mich ab jetzt da raus, okay?«
Ich drehte mich zu ihr um und steckte mein Handy in die hintere Hosentasche. »Was? Die Verkuppelungsaktion ist zu Ende, noch bevor sie richtig begonnen hat?«
Sie schob den Unterkiefer vor. »Ja. Ich gebe dir mein Ehrenwort.«
»Woher dieser Sinneswandel? Nicht dass ich mich darüber beschweren will«, beeilte ich mich hinzuzufügen.
Joss sah mich mit todernster Miene an. »Ellie hat mich gezwungen, Emma von Jane Austen anzuschauen, damit sie mir die Dos und Dont’s der Beziehungsanbahnung erklären konnte. Danach gab es noch – völlig überflüssigerweise – den Teeniefilm Clueless , der, falls du das noch nicht wusstest, auf Jane Austens Emma basiert.« Sie machte eine Pause, damit sich diese Information setzen konnte, und um abzuwarten, ob ich die Sache genauso grauenhaft fand wie sie.
Ich gab mir Mühe, nicht zu lachen. Ganz ehrlich.
Nur eben nicht genug Mühe.
Ich warf den Kopf in den Nacken und ließ mich kichernd gegen meinen Spind fallen. Ich hatte die Szene bildlich vor Augen und konnte mir genau vorstellen, mit welchem Feuereifer Ellie bei der Sache gewesen war. »O mein Gott«, stieß ich lachend hervor. »Du musst schrecklich gelitten haben.«
Sie machte ein gequältes Gesicht, als durchlebe sie die ganze Tortur von neuem. »›Schrecklich‹ beschreibt es nicht ansatzweise. Weißt du, was noch schlimmer ist, als ein Liebesdrama mit anzusehen?«
»Nein.«
»Eins zu analysieren.«
Prompt bekam ich den nächsten Lachanfall.
»Hör auf. Das ist nicht komisch.«
»Und wie komisch das ist. Außerdem geschieht es dir ganz recht.«
Joss stöhnte. »Ja, wahrscheinlich.«
Nachdem ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte, schüttelte ich den Kopf und wischte mir die Tränen weg. »Ich kapiere immer noch nicht, wieso jemand, der Liebesfilme blöd findet, einen Liebesroman schreibt.«
Sie sah mich finster an. »Das ist die Geschichte meiner Eltern.«
»Alles klar. Deine Eltern, die eine glühende, leidenschaftliche Liebesbeziehung hatten.«
Joss kniff drohend die Augen zusammen. »Willst du, dass ich wieder mit dem Verkuppeln anfange? Ich kann sofort loslegen.«
Mir schauderte. »Auf gar keinen Fall.«
»Dann halt bloß den Mund.«
Ich musste schmunzeln, als ich ihre angriffslustige Miene sah. Offensichtlich war sie stocksauer, dass ihre Versuche, mich daran zu hindern, »in mein Unglück zu rennen«, so schnell gescheitert waren. »Wenn’s dir damit bessergeht: Ich mag Malcolm wirklich, und ich fühle mich kein bisschen
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