London Road - Geheime Leidenschaft
mich umzog, fragte mich, was Cam wohl gerade machte und ob er jemals wieder mit mir reden würde. Ich fühlte immer noch seinen heißen Mund und das Kitzeln seiner Zunge an meinem Hals. Warum wollte er unbedingt, dass wir zu der Anziehungskraft zwischen uns standen, wenn wir doch beide in einer festen Beziehung waren? Wollte er mit Becca Schluss machen? Wollte er, dass ich mit Malcolm Schluss machte?
Und die schwierigste Frage von allen war: Konnte ich ein solches Risiko eingehen?
Konnte ich einen Mann verlassen, der mich mochte, der mir finanzielle Sicherheit bot? Konnte ich all das für Cam aufgeben? Was, wenn ich den Schritt wagte und sich irgendwann herausstellte, dass die Anziehung zwischen uns rein körperlich war? Keine Gefühle, nur Knistern?
Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Mir platzte fast der Kopf.
Malcolm wartete draußen neben unserem Taxi, und als ich das Gesicht sah, mit dem er mein Outfit zur Kenntnis nahm, wäre ich am liebsten wieder umgedreht. Als er mit seiner Inspektion fertig war, lächelte er, bevor er mir einen flüchtigen Kuss gab.
»Was ist?«, fragte ich verunsichert. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte, und das weckte Unbehagen in mir. Mein Magen war ohnehin schon in Aufruhr, weil ich Cam wiedersehen würde, da wollte ich mir nicht noch wegen Malcolm den Kopf zerbrechen müssen.
Malcolm half mir ins Taxi, und als wir losfuhren, betrachtete er zunächst meine Beine, bevor sein Blick zu meinem Gesicht wanderte. »Du siehst so jung aus heute Abend.«
Ich schaute auf meinen Rock und das T-Shirt herab und spitzte die Lippen. Ich sah genau so alt aus, wie ich war. Ich sah aus wie ich . »Es gefällt dir nicht«, murmelte ich.
Er lachte. »Liebes, du siehst unglaublich sexy aus. Aber neben mir wirkst du wie ein wildes junges Ding, das einen alten Knacker datet.«
Etwas an seinem Tonfall ließ mich aufblicken, und ich sah das besorgte Aufflackern in seinen Augen. Irgendetwas schien ihn zu beschäftigen. Ich dachte an Cams Gesicht ganz nah an meinem, und mein schlechtes Gewissen erdrückte mich fast. »Du bist kein alter Knacker. Du bist ein begehrenswerter Mann im besten Alter.«
Seine Schultern entspannten sich. »Solange du es so siehst.«
»Ich ziehe die Sachen nicht wieder an.«
»Gut«, raunte er und beugte sich zu mir, um mich auf die Wange zu küssen. »Ich sehe dich lieber in den Kleidern, die wir zusammen gekauft haben. Darin siehst du reifer und eleganter aus.«
So eine Bemerkung hätte mich früher nie gejuckt, aber an diesem Abend ärgerte ich mich darüber. Ich schenkte ihm ein aufgesetztes Lächeln, ließ zu, dass er meine Hand nahm, und wünschte, ich wäre wieder allein in meiner Wohnung und könnte ein gutes Buch lesen.
Als wir vor Beccas Haus anhielten, rebellierte mein Magen, und ich musste ganz tief Luft holen, um die Übelkeit in Schach zu halten. Malcolm sah mich mit gerunzelter Stirn an. »Geht es dir gut?«
»Irgendwie fühle ich mich ein bisschen komisch. Vielleicht brüte ich was aus.«
»Sollen wir wieder fahren?«
JA, JA, JA!
»Nein.« Ich deutete auf die Flasche Wein in seiner Hand. »Lass uns wenigstens kurz hochgehen und ein Glas trinken.«
Die Party war in vollem Gange, als wir kamen. Die riesige Wohnung hatte denselben leicht schäbigen »Müsste mal wieder geputzt und aufgeräumt werden«-Look wie viele der alten Studentenwohnungen in Edinburgh. Becca schien sich an der Unordnung, den zerschlissenen Teppichböden, den angeschlagenen Holzmöbeln und vergilbten Wänden nicht zu stören, und die Gäste ebenso wenig. Auf fast jedem freien Fleckchen an der Wand hingen ihre Bilder, aber auch das schien der Laune der Gäste keinen Abbruch zu tun.
Ich war ein bisschen geblendet von den vielen Streifen und Klecksen und grellen Farben. Sie erinnerten mich an diese wirren Bilder, die man so lange anstarren muss, bis man darin einen Gegenstand erkennt.
»Mal! Jo!«, rief Becca, als wir den großen offenen Wohnbereich betraten. Sie eilte an ihren Freunden vorbei und warf sich Malcolm in die Arme. Nachdem sie sich von ihm gelöst hatte, klatschte sie in die Hände wie ein kleines Mädchen. »Du hast guten Stoff mitgebracht!«
»Ja.« Schmunzelnd überreichte Malcolm ihr die Flasche.
Ich nahm Becca aufmerksam unter die Lupe, wie ich es noch nie zuvor getan hatte. Da stand sie mit ihrem hübschen Lächeln, den intelligenten, leuchtenden Augen. Was an ihr zog jemanden wie Cam an? Auf einmal wurden mir Beccas positive Eigenschaften unangenehm
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