London
alle die Hoffnung, daß James es weiter bringen würde.
Dennoch hegten seine Eltern einige Vorbehalte gegenüber seinem Plan, Vetter Gilbert Bull zu besuchen. Über achtzig Jahre lang hatte die Familie von Eisenwarenhändlern die reichen Bulls von Bocton nicht mehr getroffen; sie hatten ja doch nur eine Demütigung zu erwarten. Doch James war zuversichtlich. »Er hat sicher nichts dagegen, wenn er sieht, daß ich es ehrlich meine.« Also machte er sich an einem sonnigen Frühlingstag auf seinen Weg zu dem großen Haus auf der London Bridge.
Auf seinem Rückweg von Westminster war Gilbert Bull ziemlich bedrückt.
Die lange Herrschaft Eduards III. ging ihrem Ende zu, und es war kein würdiges Ende. Die vergangenen Siege waren wieder zunichte gemacht worden. Die Franzosen hatten es ein weiteres Mal geschafft, nahezu alle Gebiete, die der Schwarze Prinz gewonnen hatte, zurückzuerobern. Der letzte englische Feldzug war eine reine Zeitverschwendung gewesen; der Schwarze Prinz hatte sich dabei eine schlimme Krankheit zugezogen und war in diesem Sommer in England gestorben. Der senile, alte König hatte sich eine junge Geliebte zugelegt, Alice Perrers, die die Richter erzürnte, indem sie sich in ihre Arbeit einmischte, und auch die Kaufleute, indem sie deren Steuergelder für ihre eigene Prunksucht verschwendete.
Aber am schlimmsten war das Parlament, das eben zu Ende gegangen war. Regelmäßig stattfindende Parlamente waren inzwischen mehr oder weniger zu einer Institution geworden, und auch die Aufteilung dieser großen Versammlungen in drei Teile hatte sich allmählich durchgesetzt. Der Klerus tagte an einem gesonderten Platz, der König und sein Baronenrat, das eigentliche Parlament, trafen sich im White Chamber des Westminsterpalasts, die Vertreter des Landadels und die Bürger, die herablassend als Commons bezeichnet wurden, sammelten sich im achteckigen Kapitelsaal der Westminsterabtei, bis man nach ihnen rief.
Im vergangenen Jahrhundert waren die Stadtbürger nur gelegentlich zu den Parlamenten gerufen worden, nun waren sie immer dabei. Mindestens fünfundsiebzig Boroughs schickten ihre Leute, die manchmal sogar die Ritter zahlenmäßig übertrafen. London schickte vier Männer, Southwark zwei weitere. Da es teuer war, einen Mann nach Westminster zu schicken, wo er vielleicht wochenlang bleiben mußte, waren einige Boroughs dazu übergegangen, Londoner Kaufleute als ihre Vertreter zu bestimmen. So mancher Borough wurde von einem reichen Londoner vertreten, der Beziehungen zum Adel pflegte, wie etwa Gilbert Bull, der in diesem Jahr einen westenglischen Borough vertrat.
Aber er war nicht froh darüber. Wenn Historiker das Parlament des Jahres 1376 als Gutes Parlament bezeichneten, taten sie dies nur im Rückblick. Für die Teilnehmer war es eine ziemlich trübsinnige Angelegenheit. Alle waren ärgerlich. Die Regierung hatte einen Krieg verloren und brauchte wieder Geld; die Kirche, die ein Drittel Englands besaß, wurde bereits vom Papst gedrängt, hohe Summen zu zahlen.
Noch vor der Rede des Kanzlers hatte Bull erkannt, daß diese Sitzung schwierig werden würde. Meist brachten einige Parlamentsmitglieder Petitionen vor, aber in diesem Jahr schien jeder eine ganze Schriftrolle mit Beschwerden dabeizuhaben. Erwartungsvoll drängten sich alle in den Kapitelsaal. Sie schworen, von ihren Gesprächen nichts nach draußen dringen zu lassen, so daß sich jeder frei äußern konnte. Gleich danach begab sich ein Ritter aus dem niedrigen Landadel an das Sprechpult in ihrer Mitte und erklärte ruhig: »Gentlemen, das Geld, das wir letztes Mal aufgebracht haben, ist vergeudet worden. Bis wir eine ordentliche Abrechnung erhalten, sollten wir uns weigern zu zahlen.«
Der alternde König, halbseitig gelähmt von einem Schlaganfall, war nicht zur Ratskammer gekommen, weshalb Johann von Gent die Commons im Rat empfing. Normalerweise traten zwei oder drei Vertreter der Commons demütig vor den König und die Barone. Doch diesmal hatten sie einen Sprecher gewählt, und die gesamte Gruppe bestand darauf, als feste, drohende Phalanx neben ihm zu stehen. Der Sprecher teilte in der bei solchen Gelegenheiten noch immer vorherrschenden, offiziellen anglonormannischen Sprache Johann von Gent mit, daß die Commons mit der Handhabung der Finanzen nicht zufrieden seien. »Kurzum, einige Freunde des Königs und seiner Minister haben Gelder veruntreut, Sire, und wir verlangen, daß sie darüber Rechenschaft ablegen.« Bis dahin würden
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