London
die Commons, so ihr Sprecher, sich weigern, irgendwelche Gespräche über weitere Geldleistungen an den König zu führen. Es war keine Bitte, sondern eine Forderung – eine schier undenkbare Unverschämtheit.
Aber der König war schwach, und die Commons feierten einen Triumph, den sie wochenlang auskosteten. Sie klagten Minister an, die dann tatsächlich für schuldig befunden und entlassen wurden. Sie sorgten sogar dafür, daß die Mätresse des alten Königs, die sich ziemlich bereichert hatte, vertrieben wurde. Dieser Vorgang der Anklage durch die Commons erhielt sofort einen Namen: Im normannischen Französisch hieß er ampeschement, in Englisch wurde daraus Impeachment. Die Commons erhielten alles, was sie wollten. Obwohl Johann von Gent sich insgeheim schwor, sich an ihnen zu rächen, und vor allem die Londoner Abgesandten verfluchte, denen er zu Recht die Hauptschuld daran gab, schloß das Parlament schließlich damit, daß es nicht mehr als die Hälfte der benötigten Gelder bewilligte.
Die Aufstellung eines Sprechers für die Commons und die Praxis des Impeachment sind Meilensteine in der Geschichte der englischen Verfassung. Damit waren die ersten Schritte zu einer späteren Demokratie geebnet, wenn auch nicht Ideale, sondern Opportunismus und eine Reihe von mittelalterlichen Steuerrevolten dazu geführt hatten.
Als er nun vom Guten Parlament nach Hause ging, überkam Bull eine tiefe Niedergeschlagenheit, wenn er an den alten König dachte, der von den Commons so gedemütigt worden war. Der zugrundeliegende Geist gefiel ihm überhaupt nicht, stellte er doch die gesamte Ordnung des Universums in Frage. Schlechtgelaunt erreichte er sein Haus, wo James Bull auf ihn wartete. Der junge Mann brachte ohne Umschweife sein Anliegen zur Sprache.
»Ihr meint also, wenn Ihr meine einzige Tochter heiratet, würde dies die Garantie dafür sei, daß mein Vermögen nach meinem Tod in der Familie bliebe?« fragte der reiche Kaufmann schließlich. »Und dies nur, weil Ihr auch Bull heißt?«
James nickte. »Ich hielt es für eine gute Idee, Sir.«
»Und was ist, wenn ich noch einen Sohn bekomme?« wollte Bull wissen.
James blickte ihn leicht verblüfft an. »Na ja, sehr wahrscheinlich ist dies doch nicht mehr, oder, Sir?«
Seit Tiffanys Geburt hatte Bulls Frau, die oft kränkelte, nur Fehlgeburten gehabt, aber insgeheim hoffte er noch immer auf einen Sohn. Er sah den offenen jungen Mann eine Weile freudlos an, dann meinte er: »Falls ich Euch brauche, werde ich Euch rufen lassen. Einen guten Tag noch!«
Als seine Familie sich um ihn drängte und von ihm wissen wollte, wie das Gespräch verlaufen sei, meinte James Bull leicht verwirrt: »Ich weiß nicht genau, aber ich glaube, es lief nicht schlecht.«
Geoffrey Ducket mochte John Fleming, seinen Herrn, und den Gemischtwarenhandel. Chaucer hatte Bull überredet, dem Jungen eine kleine Summe zurückzulegen, die er erhalten sollte, sobald er seine Lehrzeit beendet hatte. »Dann wird Fleming dich in das Geschäft aufnehmen, oder aber du kannst dein eigenes Geschäft gründen«, erklärte Chaucer seinem Patenkind.
Erst vor kurzem hatte sich die alte Pfefferhändlerzunft, die auch mit anderen Gewürzen handelte, mit einer Gruppe von Großhändlern verbunden. Die daraus entstandene neue Gilde der Grocer, der Gemischtwarenhändler, war groß und einflußreich. Sie wetteiferte gemeinsam mit den Fischhändlern gegen die Wolle- und Tuchgilden um die wichtigsten Ämter in der Stadt.
John Fleming hatte einen kleinen Stand im West Cheap an der Honey Lane; seine Waren lagerte er in einem Schuppen hinter dem George. Morgens schob er zusammen mit Ducket einen buntbemalten Handkarren über die London Bridge. Wenn die Glocke von St. Mary-le-Bow das Ende der Geschäftszeiten verkündete, kehren sie wieder heim, und Ducket hinterlegte ihre bescheidenen Einkünfte in einer kleinen Truhe, die unter dem Fußboden aufbewahrt wurde.
Ducket liebte das Lager. Hier roch es süßlich nach Muskatnuß, es duftete nach Zimt, Safran und Nelken; Salbei, Rosmarin, Knoblauch und Thymian lagerten hier ebenso wie Haselnüsse und Walnüsse, Maroni, wenn es sie gab, sowie Salz, das aus den Salzlagern an der Ostküste stammte, und Trockenfrüchte aus Kent. Und natürlich gab es die kleinen Säcke mit schwarzen Pfefferkörnern, dem wertvollsten Gut der Zunft. »Sie kommen aus dem Orient über Venedig zu uns«, erklärte Fleming mit einem verklärten Ausdruck im Gesicht.
Fleming war äußerst
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