London
der Truppe mitgeteilt.
Inmitten dieser düsteren Stimmung war Edmund Meredith ein Fels in der Brandung. »Das tun sie nur, um uns Angst einzujagen«, erklärte er. »Der Geheime Kronrat ist verspottet worden und erteilt uns nun eine Lektion.« Und als Fleming trübselig bemerkte, manche im Kronrat seien ebenso puritanisch wie Ducket, lachte er nur. »Der Hof braucht immer noch seine Amüsements«, rief er. »Glaubt Ihr etwa, die Königin hat vor, sich wegen der Puritaner ihre Weihnachtsunterhaltung verderben zu lassen?«
Jane liebte ihn um so mehr, wenn sie sah, wie er der kleinen Gruppe beschäftigungsloser Schauspieler und dem jungen Volk, das sich im Haus der Flemings traf, fröhlich Mut machte. Sie dachte daran, was es für ihn bedeutete, da seine eigenen Hoffnungen ganz an sein Stück geknüpft waren. Ein paar Tage später, als die Truppe in ihren Planwagen aufbrach und er sie zum Abschied mit dem Versprechen küßte: »Wir werden das gemeinsam durchstehen«, fühlte sie sich ihm nahe wie nie zuvor.
Doch die Sommermonate waren für Edmund Meredith sehr schwierig. Drei Tage nach der Bekanntmachung des Kronrats kam sein besorgter Cousin Bull zu ihm in seine Wohnung im Staple Inn, um nach seinen fünfzig Pfund zu fragen. »Bleib ganz ruhig«, riet Edmund. Doch als Bull gegangen war, fühlte er sich zutiefst schwermütig. Was sollte aus seinem Stück werden? Und was bin ich, dachte er, ohne es?
Gegen Ende des Sommers, als die Schauspieler noch auf Tournee waren, lernte er Lady Redlynch kennen. Seine Freunde Rose und Sterne stellten ihn ihr vor. Ihr Gatte, Sir John, war im Jahr zuvor gestorben. Sie war dreißig und kinderlos, doch als Tochter eines Kaufmanns aus dem West Country verstand sie es, auf sich selbst aufzupassen. Dank Sir John besaß sie ein schönes Haus in Blackfriars und versprach, sich persönlich für das neue Theater einzusetzen. Sie war blond und blauäugig und hatte eine Stimme wie ein kleines Mädchen, die gänzlich versagte, wenn sie es eilig hatte. Meredith amüsierte sie; sie mochte geistreiche Männer. Sofort faßte sie den Entschluß, ihn als zeitweiligen Liebhaber zu nehmen.
Ende Oktober war die Situation immer noch unverändert, die Theater standen leer und blieben stumm. Die Burbages waren noch einmal beim Kronrat gewesen. Es hieß, Will Shakespeare habe etwas mit seinen Mäzenen am Hof ausgeheckt, aber man hörte nichts Genaues. Jeden Tag kamen Schauspieler zum Haus der Flemings, um Neuigkeiten zu erfahren, und auch Edmund kam jeden Tag, stets frohgelaunt. Häufig inspiziere er das Theater in Blackfriars, erzählte er Jane. Dort war alles fertig, die Vorstellungen konnten beginnen. Jane war stolz auf ihn. Er strahlte eine neue Zuversicht aus, ein Gefühl von Kraft. Einer der Schauspieler sagte ihr schließlich, daß Edmund ein Verhältnis mit Lady Redlynch habe.
Anfang November schickte Edmund Meredith den Brief. Es war ein waghalsiger Schritt, aber er ertrug die Anspannung nicht länger. Die Affäre mit Lady Redlynch war ein Erfolg. Obwohl sie diskret waren, genügte der Klatsch einiger weniger, um ihn vor den Augen der vornehmen Welt als Prachtkerl dastehen zu lassen. In letzter Zeit fragte er sich allerdings manchmal, ob das Verhältnis nicht an seinem Ende angelangt sei. Außerdem hatte er ein wenig Angst, sie könne eine Heirat erwägen oder schwanger werden. Vorsichtsmaßnahmen waren im England der Tudors selten und sehr simpel. Um eine Empfängnis zu verhindern, benutzten eine Lady und ihr Liebhaber vielleicht ein Taschentuch, aber das tat nicht immer seine Wirkung.
Er dachte an Jane Fleming, obwohl ihn das weniger beunruhigte. Sie würde wahrscheinlich nie etwas erfahren; und wenn doch, ein Mann mit einem Ruf wurde für ein junges Mädchen nur um so attraktiver. Aber was sollte aus seinem Stück werden? Über drei Monate nach Verkündigung des Verbots verharrte der Geheime Kronrat immer noch in seinem ominösen Schweigen. Edmunds Freunde am Hof hatten nichts gehört; Lady Redlynch ebensowenig. Normalerweise hätten die üblichen Theaterauftritte schon beginnen müssen, doch die Tage verstrichen vergeblich. So beschloß er eines Tages, eine Botschaft zu schicken. Als Lady Redlynch ihn fragte, um was für ein Schreiben es sich handle, erwiderte er: »Ein Liebesbrief.« Er war an die Königin gerichtet. Von allen englischen Herrschern hatte keiner so gut wie Königin Elisabeth begriffen, daß Theater der Schlüssel zur Monarchie ist. Tatsächlich war der elisabethanische Hof
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